Führen mit Jahreszielen
Führen mit Jahreszielen

Führen mit Jahreszielen

Muster-/Zielvereinbarungen im Unternehmen

Beitrag, Deutsch, 6 Seiten, Forum Verlag Herkert GmbH

Autor: Karl-Heinz List

Herausgeber / Co-Autor: K.-H. List

Erscheinungsdatum: 2006


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                      Führen mit Jahreszielen – (k)ein alter Hut?

 

                                      von Karl-Heinz List

 

Führungskräfte beurteilen ständig die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter. In größeren Firmen geschieht dies durch mehr oder weniger formalisierte Beurteilungsverfahren.

Zur Beurteilung der Leistung hätte man gerne Methoden, die eine objektive Bewertung ermöglichen. Doch die Beurteilung der Leistung hat immer auch etwas mit dem Menschen selbst, seinen Gefühlen und seinem Antrieb zu tun. Wenn auch sachliche Kriterien bei der Beurteilung eine Rolle spielen, wird die Bewertung von Kompetenz und Leistung immer subjektiv sein, weil die Bewertungsmaßstäbe willkürlich festgelegt worden sind und bereits subjektive Kriterien enthalten.

 

Die Beurteilung der Mitarbeiter durch den Vorgesetzten bedeutet einen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand. Manche Führungskräfte finden das jährliche Ritual lästig, und manchen Mitarbeitern macht es Angst. Eine schlechte Beurteilung wäre ein Angriff auf ihr Selbstwertgefühl. Und eine schlechte Beurteilung könnte für einen Vorgesetzten auch heißen, dass er die falschen Mitarbeiter hat, die entweder falsch eingesetzt, für die Aufgabe nicht ausreichend qualifiziert sind oder sich bereits durch innere Kündigung verabschiedet haben. Eine schlechte Beurteilung könnte deshalb für einen Vorgesetzten eine Bankrotterklärung sein. Es gibt aber auch Vorgesetzte, die nicht den Mut aufbringen, den Mitarbeitern mit schwachen Leistungen reinen Wein einzuschenken und ihnen eine Versetzung oder gar die Trennung nahe zu legen.

 

Mitarbeiter beurteilen ist eine Führungsaufgabe. Und Führen hat immer etwas mit Bedürfnissen, Interessen und unterschiedlichen Meinungen zu tun. Daraus resultieren die Probleme mit den Mitarbeitern. Damit muss ein Chef umgehen können. Doch Probleme sind dann kein Hindernis, wenn die Vorteile überwiegen, wie in unserem Fall:

 

- Beurteilung als Führungsinstrument (Beteiligung, Identifikation)

- Richtiger Personaleinsatz

- Kriterien für die Bezahlung nach Leistung (Prämien, Provisionen, Tantiemen)

- Stellenbesetzung und Aufstieg

- Datensammlung für das Erstellen von Arbeitszeugnissen.

 

Führen mit Zielen

 

Der amerikanische Managementberater Peter F. Drucker schreibt in seinen Büchern, dass es im Management auf die Resultate ankomme, auf den Output und darauf, wie das Unternehmen die Stärken des Mitarbeiters nutzt. Diese Erkenntnisse gelten nicht nur für Wirtschaftsunternehmen, sondern auch für Schulen, Altenheime und Kindertagesstätten. Die Ergebnisse müssen sich nicht zwangsläufig in Geld ausdrücken.

 

Peter F. Drucker gilt als der Vater von MbO (Management by Objektives). Das Grundprinzip ist ein Denkprinzip, das „Denken in Resultatform“. Drucker schreibt in seinem Buch „Management im 21. Jahrhundert“ (1999), dass immer mehr Angestellte als „Partner“ behandelt werden müssen. Partner müssten überzeugt werden, und das Ziel sei, „die spezifischen Stärken und das Wissen eines jeden in Produktivität zu verwandeln.“

 

Was erwarten Mitarbeiter vom Unternehmen? Sie wollen fair und gerecht behandelt, möchten als Person geachtet und respektiert werden; und sie wollen Anerkennung und erwarten eine Rückmeldung über ihre Leistung.

 

Das MbO-System ist ein Planungs- und Führungskonzept, bei dem die Unternehmensziele in konkrete Ziele für Führungskräfte und Mitarbeiter umgesetzt werden, wie zum Beispiel:

 

- Marktziele (Markanteil um 5% erhöhen)

- Produktziele (Sortiment erweitern)

- Finanzwirtschaftliche Ziele (Cashflow verbessern).

 

Es können strategische, operative, aber auch persönliche Ziele sein.

 

Diese Zielfindung erfolgt als „Zielvereinbarung“ auf allen Hierarchiestufen. Damit sind Führungskräfte und Mitarbeiter in den Planungsprozess einbezogen, können eigene Vorschläge machen, sie umsetzen und zeigen, was in ihnen steckt. MbO bietet den Mitarbeitern außerdem die Chance, persönliche Ziele zu verwirklichen und sich zu entwickeln. Es findet keine Verhaltenskontrolle, sondern eine Ergebniskontrolle statt. Es wird spätestens nach einem Jahr geprüft, ob die vereinbarten Ziele erreicht worden sind.

 

Ablauf Zielvereinbarung [Höchstens 3 Ziele]

 

Für jeden Bereich muss ein konkretes Ziel oder Projekt gefunden werden, das von den unternehmenspolitischen Zielen, den Planungsvorgaben oder den allgemeinen Führungsaufgaben (planen, entscheiden, organisieren, koordinieren, kontrollieren) abgeleitet ist.

 

- Die Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll ist, wenige, aber dafür wichtige Ziele zu vereinbaren, höchstens drei.

 

- Die Ziele werden von oben nach unten vereinbart. Zuerst die Unternehmensziele, dann die Bereichsziele usw.

 

- Ziele orientieren sich an übergeordneten Zielen (zum Beispiel Unternehmenszielen)

 

- Ziele werden als Ergebnisse formuliert (Aufgaben laut Stellenbeschreibung können keine Ziele sein)

 

- Ziele müssen quantifizierbar und überprüfbar sein (Ergebniskontrolle)

 

- Ziele sollen realistisch , d. h. erreichbar sein

 

- Die wichtigsten Ergebnisse des Gesprächs sollten schriftlich festgehalten werden

 

Die Erreichung der Ziele wird in bestimmten Zeitabständen überprüft, um bei auffälligen Abweichungen Korrekturen vornehmen zu können.

 

 

Beurteilungs- und Förderungsgespräch (Beispiel)

 

Jens Meister ist Leiter der Personalabteilung in einem mittelständischen Unternehmen. Auf seine Initiative hin wurde vor zwei Jahren das Beurteilungsverfahren „Führen mit Jahreszielen“ eingeführt. Das Beurteilungsgespräch wird auch als „Jahresgespräch“ bezeichnet, weil es regelmäßig am Schluss des Geschäftsjahres stattfindet. Die Ergebnisse des Gesprächs werden protokolliert, mit einer Ausnahme. Am Anfang des Gesprächs geht es um die persönliche Beziehung zwischen Chef und Mitarbeiter, um Klärung zwischenmenschlicher Konflikte, die sich negativ auf die Zusammenarbeit auswirken. Hier wird auf der Gefühlesebene gesprochen. Chef und Mitarbeiter haben die Möglichkeit, Dampf abzulassen: „Mich ärgert, mich wurmt“... Aber auch positiv: „Die Art, wie sie mit Fehlern umgehen, offen zu ihnen stehen, gefällt mir gut“.....

 

Ablauf

 

Schritt 1: Einladung Jahresgespräch

 

Der Geschäftsführer, Kurt Winter, bereitet das Gespräch mit seinem Mitarbeiter, Herrn Meister, vor. Er informiert ihn schriftlich per E-Mail:

 

Sehr geehrter Herr Meister,

 

ich lade Sie hiermit zum Jahresgespräch ein am

 

                                             14. Dezember, 15.00 Uhr

 

im Besprechungszimmer der Geschäftsleitung in der ersten Etage.

 

Ich habe zwei Stunden für dieses Gespräch eingeplant. Wir wollen über das ablaufende Gesprächsjahr (Zielerreichung) und über Ihre Ziele 2005 sprechen. Sie kennen das Unternehmensziel, die Personalkosten im nächsten Jahr um 10% zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir Ihre Unterstützung.

Außerdem möchte ich mit Ihnen über Ihre persönliche Entwicklung im Unternehmen reden.

 

Ich freue mich auf ein offenes und konstruktives Gespräch mit Ihnen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Kurt Winter

 

Schritt 2: Beurteilungsgespräch: Auszug aus dem Protokoll

 

Ziele und Zielerreichung 2004:

 

Ziele abgelaufenes Jahr (Soll)

 

 

1) PE-Konzept für den Vertrieb

entwickeln

 

 

 

 

 

2) Verbesserung der Kooperation mit dem Betriebsrat. Ziel: Reibungsverluste vermeiden

 

 

3) Einführung eines variablen Vergütungssystems für den Außendienst

 

 

Zielerreichung (Ist)

 

 

1) Ergebnisse der Projektarbeit vorgestellt. Entscheidung: Weiterbildung der AD-Mitarbeiter und Führungskräfte-Seminare bereits begonnen. Im neuen Geschäftsjahr Einstellung von Azubis für den Beruf „Informatik-Kaufmann“. (Ziel 100% erreicht)

 

2) Kontakte verbessert durch Beteiligung des Betriebsrats, z. B. Projektarbeit

(Bewertung im nächsten Jahr)

 

 

3) Konzeption in Zusammenarbeit mit Vertrieb erarbeitet. Nach Einigung mit dem Betriebsrat Einführung im neuen Geschäftsjahr. (Ziel 90 % erreicht)

 

 

 

Zusammenarbeit Sachebene (Aufgaben, Organisation)

 

1) Was kann verbessert werden?

 

a) Die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen muss verbessert werden, insbesondere mit dem Vertrieb. Die GL stellt sicher, dass der Personalleiter künftig zu den Außendienstveranstaltungen eingeladen wird.

 

b) Aus der Perspektive der Geschäftsleitung ist die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat noch nicht optimal. Wenn in absehbarer Zeit die Betriebsvereinbarung über das variable Vergütungssystem für den Außendienst nicht abgeschlossen wird, droht der Betriebsrat mit der Anrufung der Einigungsstelle. Das bedeutet außer der Verzögerung der Einführung auch zusätzliche Kosten.

 

2) Erhalten Sie die notwendige Unterstützung für Ihre Arbeit?

 

Ja.

 

3) Können Sie selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten?

 

Ja, aber es fehlt die Budget-Verantwortung für den Personalbereich.

 

Vereinbarung:

 

1. Es wird folgendes vereinbart: Herr Meister übernimmt für seinen Bereich die volle Budget-Verantwortung. Daraus ergibt sich, dass Herr Meister künftig auch das Personal-Controlling aus dem Bereich Rechnungswesen übernimmt.

 

2. Herr Meister wird dem Betriebsratsvorsitzenden anbieten, das Konzept vor den gesamten Gremien noch einmal vorzustellen und Fragen zu beantworten. Das Ziel ist, Reibungsverluste zu vermeiden und schnell zu einer Einigung mit dem Betriebsrat zu kommen - ohne Einigungsstelle.

 

Persönliche Entwicklung - Weiterbildung

 

1) Können Sie Ihre Stärken bei Ihrer Arbeit einsetzen?

 

Ja, ich bin froh, dass ich tüchtige Mitarbeiter habe, die sich um die administrativen Aufgaben kümmern und ich den Kopf frei habe, um Konzeptionen zu entwickeln. Das liegt mir, und das macht mir auch viel Freude.

 

2) Welche zusätzlichen Kenntnisse würden Ihnen helfen?

 

Personalcontrolling, neueste Rechtsprechung Arbeitsrecht, Seminar über „Trennungsgespräche“.

 

 

Zielvereinbarung für das Geschäftsjahr 2005

 

1) Personalkosteneinsparung:

 

Eine Projektgruppe unter Leitung von Herrn Meister wird prüfen, in welchen Bereichen des Unternehmens Einsparungen möglich sind bzw. welche Alternativen bestehen, wie zum Beispiel Reduzierung der Regel-Arbeitszeit, neue Vertriebsformen, neue Produkte (Ergebnisse bis März des laufenden Geschäftsjahres vorstellen)

 

2) Schriftverkehr optimieren:

 

Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Herrn Meister macht Vorschläge zur Optimierung des Schriftverkehrs mit dem Ziel, ein Texthandbuch mit Mustertexten für den gesamten Schriftverkehr im Unternehmen zu entwerfen. (bis September 2005)

 

3) Herr Meister besucht im Laufe des Jahres 2005 Seminare zu den Themen Arbeitsrecht, Personalcontrolling und „Trennungsgespräche führen“.

 

Hamburg, den..................................

 

Dr. Winter                                                          Jens Meister

 

 

Literatur

 

-          -    Oswald, Monika: Muster-Zielvereinbarungen auf CD-ROM, Forum-Verlag

     Merching, 2005, bei www.forum-verlag.com/mz

 

 

-    Drucker, Peter F.: Was ist Managment?, Düsseldorf 2002

 

- Edwards, Mark R. / Ewen, Ann J.: 360 – Beurteilung, München 2000

 

- Lecky-Thomsen, Roy: Professionelle Mitarbeiterbeurteilung, Landsberg 2001

 

- List, Karl-Heinz: Zeugnisse ergebnis- und stärkenorientiert schreiben, mit CD-ROM, Sparkassenverlag Stuttgart, 2005

 

- List, Karl-Heinz: Der faire Chef, e-book www.active-books.de , 2005

 

- Malik, Fredmund: Führen, Leisten, Leben, Stuttgart 2000

 

 

Publikationen: 16

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