Kündigungsschutz erst nach 12 Monaten
Kündigungsschutz erst nach 12 Monaten

Kündigungsschutz erst nach 12 Monaten

Die denkbare Alternative

Beitrag, Deutsch, 3 Seiten, GAM Management

Erscheinungsdatum: 2006


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Die denkbare Alternative:

Diskussion um den Kündigungsschutz
Der Artikel von Hans Mundorf (Wirtschaftsjournalist und Handelsblattautor) in der Zeitschrift Personal 07/08/2006 „Arbeitnehmer sind kein Freiwild" bringt die Dinge auf den Punkt: Ein Volk der Arbeitslosen, die „verhartzt werden" mit der „brutalen Forderung nach Aufhebung des Kündigungsschutzes - im krassen Gegensatz zur Entwicklung im Umwelt -und Verbraucherrecht, Mietrecht, Asyl- und Ausländerrecht".
Trotz solch heftiger Kritik -auch aus den eigenen Reihen - befasst sich die schwarz -rote Koalitionsregierung nach wie vor ernsthaft mit der Lockerung des Kündigungsschutzes und will nicht nur das Befristungsgesetz marginal umwidmen. Die Probezeit, in der die monatliche Kündigung möglich ist, soll auf 24 Monate erweitert werden, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen, was nicht bewiesen werden kann. Der Erfolg ist mehr als fraglich, die Gefährdung des sozialen Friedens riesengroß.
Bevor wir öffentliche Demonstrationen wie in Frankreich auf den Plan rufen, muss zumindest die Frage gestellt werden, gibt es vielleicht eine 12-monatige tragbare Zwischenlösung, die das Risiko der Lebensplanung für die Arbeitnehmer noch abschätzbar erscheinen lässt.

 
Geltendes Recht
Bei neu eingestellten Mitarbeitern fällt nach derzeit geltendem Recht nach 6 Monaten die Falltür des Kündigungsschutzes mit der Folge, dass nach § 1 Abs. 2 KSchG umfassend geprüft werden muss, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist.
Es müssen Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, die einer Weiterbeschäftigung entgegen stehen. Es muss geprüft werden, ob nicht an anderer Stelle im Unternehmen eine Weiterbeschäftigung möglich ist Der Katalog der Gründe ist im Gesetz recht umfassend, aber vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtssprechung noch stark erweitert.
Bei den betriebsbedingten Kündigungen kommt es dann zur Sozialauswahl und dem Vergleich von Mitarbeitern unterschiedlicher Betätigungsbereiche.
 
 
Erweiterungsmöglichkeit auf 12 MonateMan kann ernsthaft überlegen, diese Frist, unabhängig von etwaigen Formulierungen in Probezeiten und Befristungsverträgen, von vorneherein auf 12 Monate anzuheben. Dies wird den allgemeinen Kündigungsschutz nicht von heute auf morgen aus den Angeln heben und auch nicht etwaigen tariflichen Bestimmungen widersprechen.
Es geht letztlich darum, ab wann eine Kündigung als sozial ungerechtfertigt angesehen wird und warum dies an eine Frist von 6 Monaten gebunden sein soll. Dem Gesetzgeber lagen bei Festlegung dieser Frist ganz sicher andere Voraussetzungen, Berufsbilder und Arbeitsmarktentwicklungen als heute vor. Somit steht auch die Frage im Raum, ob diese kurze Frist von 6 Monaten den heutigen Entwicklungen am Arbeitsmarkt überhaupt noch entspricht.
 
Nehmen wir als Beispiel einen Außendienstmitarbeiter, der in der Firma zwei Monate eingearbeitet wird bis er überhaupt in seinem Bezirk als Mitverantwortlicher eingesetzt werden kann und noch nicht einmal alle Kunden seines Bezirkes kennt, als schon der Kündigungsschutz nach sechs Monaten greift. Ob und inwieweit der neue Mitarbeiter mit seiner Tätigkeit im Außendienst auch Erfolg haben wird, stellt sich in der Regel erst in zwei Jahren heraus. Aber mit einer Schwelle, die erst nach 12 Monaten zum Tragen kommt, haben beide Seiten mehr Möglichkeiten der gegenseitigen Prüfung, ob man sich wirklich auf Jahre binden will.
 
Die Vorteile liegen auf der Hand:
Man schafft mehr Flexibilität in der Personalplanung, bei den innerbetrieblichen Versetzungen und Änderungskündigungen und fördert zumindest das Engagement des Arbeitgebers großzügiger zu planen und damit auch mehr Personal einzustellen.
 
 
Harmonisierung mit anderen Rechtsvorschriften
 

Eine Lockerung des Kündigungsschutzes von 6 auf 12 Monate steht nicht im Widerspruch zum Sozialgesetzbuch. Ganz im Gegenteil, es gibt dort bereits gesetzliche Vorschriften, die 12-Monatsfristen voraussetzen: So der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach §§ 117 ff SGB III und bei der Krankenversicherungspflicht des § 9 SGB V wird für eine freiwillige Weiterversicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse eine 12-monatige Vorversicherung vorausgesetzt.
 
Vor allem die Berufsanfänger sind durch diese Vorschriften im SGB in den ersten 12 Monaten ihrer Tätigkeit eindeutig benachteiligt und rechtlich nicht abgesichert.
 
Was bringt für einen Berufsanfänger, der seinen Arbeitsplatz im siebten Monat verliert, der Kündigungsschutz nach 6 Monaten, wenn er kein Arbeitslosengeld bekommt und er sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung nicht freiwillig weiterversichern kann?
Entweder müssen alle Fristen auf 6 Monate gesetzt werden oder aber es muss die Gleichschaltung aller Fristen und aller Arbeitnehmer auf 12 Monate erfolgen. Nach 12 -monatiger Tätigkeit hat dann jeder Arbeitnehmer, auch der Berufsanfänger, nicht nur Kündigungsschutz, sondern erhält sein Arbeitslosengeld und kann sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung weiterversichern.
 
Die Konsequenz daraus wäre, für alle berufsergreifenden und berufswechselnden Arbeitnehmer die 12-Monatsfrist beim Kündigungsschutz in § 1 Abs. 2 KSchG als neue gesetzliche Regelung einzuführen.
 
Im Zeitalter der Flexibilisierung und Globalisierung erscheint es vielleicht sogar geboten, diese Öffnung vorzunehmen.
 
Der Sozialstaat Deutschland wird dadurch nicht in die Brüche gehen, aber die leidige Diskussion über die Aufhebung des Kündigungsschutzes oder die Einführung einer Probezeit von 24 Monaten hätte ein Ende auf Jahrzehnte gefunden.

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