Patentmanagement

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Patentmanagement

Definition Patentmanagement

Patente und Ökonomie
Der Zweck von Patenten liegt nach Josef Schumpeter, dem Vater der modernen Innovationsforschung, darin, dass das innovative Unternehmen temporäre Monopolgewinne erzielt. Dadurch werden Anreize für Erfindungen und technischen Fortschritt geschaffen, welche Wachstum und Wohlstand einer Volkswirtschaft erhöhen (Schumpeter 1934). Aus volkswirtschaftlicher Sicht sollen Patente daher Innovationen begünstigen (Landes und Posner 2003). In einer Studie stellt die OECD allerdings fest, dass die Auswirkung von Patenten auf die Innovationsfähigkeit und ökonomische Leistungsfähigkeit von Unternehmen nicht eindeutig und daher differenziert zu betrachten ist (OECD 2004):
Studien belegen, dass vor allem in der Biotechnologie-, der Pharma- sowie der Chemiebranche Innovationen gefördert werden, indem der Patentschutz einen starken Effekt auf die Sicherung von komparativen Wettbewerbsvorteilen hat. Dies gilt in gewissem Masse auch für die Computer- und die Maschinenbauindustrie. Unternehmen aus anderen Branchen verfolgen häufig primär andere Schutzmechanismen, wie beispielsweise Geheimhaltung, Marktführerschaft, technische Komplexität und Kontrolle komplementärer Vorteile (Levin et al. 1987; Cohen et al. 2000). Schutzstrategien können aber auch auf Glaubwürdigkeit basieren, häufig bei Consumer Electronics oder auf starker Kundenbindung durch Beherrschung des Distributionskanals, wie beispielsweise der Direktvertrieb bei Hilti.

Demgegenüber kann der Patentschutz auch Innovativität behindern, indem der Zugang zu wichtigem Wissen erschwert wird. Dies ist insbesondere bei emergierenden Technologien der Fall, wenn BasisPatente bestehen, von denen Weiterentwicklungen abhängig sind, und wenn die Patentinhaber Nutzungslizenzen zu angemessenen Konditionen verweigern. Eine derartige Situation besteht zum Teil in der Gentechnologie (Bar-Shalom und Cook-Deegan 2002; Nuffield Council on Bioethics 2002; OECD 2003a) und im Softwarebereich (Bessen und Maskin 2000; Bessen und Hunt 2003; Jaffe und Lerner 2004).

Eine positive Wirkung auf den Wettbewerb und Firmengründungen entfalten Patente allerdings, indem auch kleine und junge Unternehmen die Möglichkeit erhalten, durch eigene Patente in bestehende Märkte eindringen und sich gegenüber größeren Unternehmen behaupten sowie Finanzinvestoren überzeugen zu können (Gans, Hsu und Stern 2002). Gore-TexTM ist deshalb so erfolgreich, weil das atmungsaktive Textil vor der Vermarktung patent- und Markenrechtlich geschützt wurde.

Das Patentportfolio ist traditionell eines der stärksten Wettbewerbsfaktoren von Gore. In der Biotechnologiebranche stellen Patente bei den meisten Start-Ups den größten, gesicherten Anteil des Unternehmenswertes dar.

Ein positiver Effekt auf die Wissensverbreitung durch Patente kann einerseits dadurch festgestellt werden, dass Patentdokumente intensiv genutzt werden, um an technische Informationen zu gelangen. 80% des weltweit verfügbar veröffentlichten, technischen Wissens ist nur in Patentschriften publiziert (Ehrat 1997). Der weitaus größte Teil dieses Wissens ist nicht mehr durch einen Patentschutz belegt, da die Patente bereits fallen gelassen wurden oder ausgelaufen sind. Andererseits ist ein häufig genannter Ablehnungsgrund von Unternehmen bezüglich einer Patentanmeldung die damit verbundene spätere Veröffentlichung (Sheehan, Guellec und Martinez 2003).

Die folgende Tabelle fasst die Vor- und Nachteile des Patentsystems bezüglich Innovativität, Wettbewerb und Wissensnutzung zusammen:


Effekt
Vorteile
Nachteile
Innovativität
Anreiz für F&E-Aktivitäten durch Belohnung
Erhöhung der Transaktionsko­sten für Nachfolgeinnovationen
Wettbewerb
Verringerung der Markt­eintrittsbarrieren,
insbesondere für kleine und junge Unternehmen
Temporäre Monopole, in Netzwerken häufig mit starkem Langzeiteffekt
Gefahr der Kartellbildung
Wissens-diffusion
Offenlegung von technischen Informationen
Unsicherheit, ob und welches offengelegte Wissen zu
angemessenen Konditionen verfügbar ist
Quelle: In Anlehnung an Hall (2003) und OECD (2004)
 

Unternehmenserfolg durch geeignetes Patentmanagement
Zahlreiche Studien belegen den positiven Einfluss eines Patentschutzes auf den Unternehmenserfolg. Dabei hat sich gezeigt, dass der Patentschutz und damit das Patentmanagement eine hohe Bedeutung für den Unternehmenserfolg hat, wobei vor allem die Qualität der Patente und Patentportfolien entscheidend für den Erfolg ist (Ernst und Omland 2003):
So haben Patenterteilungen und häufig zitierte Patente eines Unternehmens einen positiven Einfluss auf dessen Marktwert (Austin 1993; Deng, Lev und Narin 1999; Hall, Jaffe und Trajtenberg 1999). Ebenso erhöhen Patente mit technologisch breitem Patentanspruch die Unternehmensbewertung (Lerner 1994). Unternehmen mit systematischem Patentierverhalten haben sich als erfolgreicher erwiesen, als solche mit unsystematischem Patentierverhalten (Ernst 1996), wobei dadurch bewirkte signifi­kante Umsatzsteigerungen eine Verzögerung von zwei bis drei Jahren aufweisen (Ernst 2001). Die Wahrscheinlichkeit einer Kommerzialisierung in Form von Unternehmensgründungen oder Lizenzverträgen steigt mit der Qualität der zugrunde liegenden Patente. Die Qualität kann dabei auf Basis von Anspruchsbreite und Zitierhäufigkeit bestimmt werden (Shane 2001).
Ziel des Patentmanagements ist es, als Beitrag zum Unternehmenserfolg neben der reinen Anzahl an Patenten auch deren Qualität und Wirksamkeit zu optimieren sowie eine möglichst starke Patentposition zu erreichen (Brockhoff 1999; Ernst 2002a; Ernst und Omland 2003).
Es gibt breit gefächerte Möglichkeiten, mit Patenten den Unternehmenserfolg zu beeinflussen. Folgende Wirkungen lassen sich mit Patenten für Unternehmen erzielen:

  • Markteinnahmen der Erfindung sichern: Patentanmeldungen werden in der Praxis häufig von Erfindungen abgeleitet, welche aus der eigenen Entwicklung als „Nebenprodukt“ anfallen. Der angestrebte juristische Schutz durch Patente konzentriert sich dadurch häufig primär auf die Sicherung der Markteinnahmen: Die eigenen Produkte werden gegen Nachahmung geschützt, wie beispielsweise bei Aventis, deren Patente häufig in mehr als hundert Ländern Geltung haben. Die Tätigkeitsfelder der Wettbewerber spielen in der Erfindungsgenerationsphase dann eine nebengeordnete Rolle. Dennoch sind Unternehmen generell bestrebt, für Erfindungen einen möglichst breiten Schutzumfang zu erzielen, um somit Umgehungslösungen seitens der Wettbewerber zu erschweren.
  • Zugangshandelsware zu Technologien: Ein Unternehmen kann sich auch Zugang zu Technologiepatentpools schaffen, indem es Patente besitzt, die dafür relevant sind. Dies spielt bei Kreuzlizenzverhandlungen und bei technischen Standardisierungsverfahren eine immer größere Rolle. Siemens nutzte in den späten 80er Jahren geschickt das eigene Patentportfolio, um relativ spät noch auf den bereits festgelegten und durch zahlreiche Patente geschützten GSM-Standard aufzuspringen. 
  • Komparative Wettbewerbsvorteile erzielen durch Blockieren der Wettbewerbstechnologie: Volkswirtschaftlich durchaus fragwürdig, aus Unternehmensperspektive jedoch unter Umständen sinnvoll, sind Schutzrechte mit reiner Blockadeabsicht. Das Rheintaler Unternehmen Leica Geosystems ist im Rahmen der Produktentwicklung auf dem Gebiet der Geomatik in etwa 25 Technologiefeldern erfinderisch tätig (z.B. Laserdistanzmessung, GPS-Vermessung und Mikrosysteme). Das internationale Wettbewerbsumfeld ist ebenfalls in ähnlicher Breite tätig. Leica Geosystems muss deshalb immer sorgfältiger beobachten und analysieren, damit eigene Produkte nicht durch Schutzrechte von Wettbewerbern mit vielleicht nur sehr kleinem Marktanteil blockiert und die eigenen Weiterentwicklungen behindert werden könnten. 
  • Direkte Einnahmen durch externe Technologiekommerzialisierung: In diesem Zusammenhang zeigen eigene Untersuchungen auf, dass die Stoßrichtung von juristischen Schutzstrategien neben dem Schutz des geistigen Eigentums vor Nachahmung auch auf die Generierung von Lizenzeinnahmen durch externe Vermarktung gerichtet ist. Bei der Entwicklung eines Aramid-Seils für Aufzüge hat Schindler über 20 Patente angemeldet. Über Lizenzvergaben und durch den Verkauf von Patenten im Nicht-Aufzugsbereich wurden bereits die gesamten Vorentwicklungsprojektkosten in Höhe von mehreren Millionen Schweizer Franken rückfinanziert. Heute werden Schutzrechte bereits von jedem zweiten Unternehmen extern vermarktet. Vorreiter IBM erzielt jährlich über 1 Mrd. US-Dollar Lizenzeinnahmen. 
  • Imagegewinn und Marketing der Innovativität: Patente werden häufig auch für Marketingzwecke eingesetzt. In der Maschinenbauindustrie beispielsweise werden Patente auch eingesetzt, um die Innovativität von Produkten oder des Unternehmens herauszustreichen. Der Textilfaserhersteller Gore betreibt eine konsequente Marken- und Patentpolitik, um Kunden zu binden.

 


[1]Quelle: Gassmann und Bader (2006): Patentmanagement. Innovationen erfolgreich nutzen und schützen. Springer: Berlin.

  • Dr. oec. Martin A. Bader, Dipl.-Ing., European Patent Attorney

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