Tu endlich was!
Tu endlich was!

Tu endlich was!

Beitrag, Deutsch, 2 Seiten, FINANCE

Autor: Klaus Schuster

Erscheinungsdatum: 2009


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Tu endlich was!

Ehrlich gesagt: Ich habe die Krisenjammerer satt. Aber sowas von satt! „Die Leute geben wegen der Krise kein Geld mehr aus!“ Wenn ich das noch einmal höre, vergesse ich mich und kicke den nächstbesten Smart übers nächste Hausdach. Denn der Spruch ist einfach Quatsch!

Das wusste auch der junge Sportartikel-Verkaufsleiter, der mich letztens rief. Wegen der Krise war ihm das erste Quartal eingebrochen. Statt zwei Paar Laufschuhe pro Tag und Verkäufer verkauften die Filialen in seinem Händlernetz nur noch im Schnitt ein Paar. Seine Verkäufer jammerten: „Krise – Leute – kein Geld!“ Doch er wusste, dass das Quatsch ist. Er wusste auch: „Wir müssen die Kunden jetzt einfach viel aktiver ansprechen!“ Doch er wusste nicht wie. Woher auch? Bislang rannten die Kunden ihm praktisch die Bude ein. Zwei Schuhe pro Verkäufertag sind gutes Geschäft. Er musste die Treter quasi bloß unters Volk verteilen. Jetzt musste er das Volk zu sich rufen – und wusste nicht wie.

Normalerweise tendieren Manager in seiner Situation zu Customer Relationship Management, Marketing oder anderen Hightech-Lösungen, die keine sind. Oder haben Sie schon mal ein IT-System gesehen, das Ihnen einen Kaufauftrag unterschreibt? Unterschreiben können nur Menschen. Deshalb schnappte ich mir den Jungmanager und wir besuchten gemeinsam eine der Sportartikel-Filialen. Wir gingen aber nicht rein. Wir schauten von außen durch die großen Schaufensterscheiben und erlebten unsere erste erwartete Überraschung: Da waren jede Menge Kunden im Laden! Trotz Krise! Und die nahmen auch viele der schönen Laufschuhe aus dem Regal. Und schauten sie an. Und probierten sie aus. Und wo waren währenddessen die Verkäufer? Die standen in der Ecke und unterhielten sich miteinander übers Wetter und darüber, dass in der Krise keiner mehr kauft. Ich musste den Verkaufsleiter mit beiden Händen davon abhalten, die Filiale zu stürmen und zumindest einen der Verkäufer eigenhändig zu erwürgen.

Stattdessen redete er mit dem Filialleiter. Dieser schlug vor, seine Verkäufer aufs Training zu schicken. Der Verkaufsleiter schlug ihm vor, seinen Verkäufern gehörig in den Hintern zu treten: „Die sind nicht dumm! Die sind bloß faul! Du hast ein Führungs- und kein Trainingsproblem!“ Während wir zur nächsten Filiale fuhren, sahen wir auf freiem Feld einen Lauftreff mit jeder Menge Jogger. Wir hatten beide denselben Gedanken: viele Kunden, keine Verkäufer. Ich schlug vor, mal kurz anzuhalten und Visitenkarten zu verteilen. Der Verkaufsleiter zögerte: „Ich kann doch nicht einfach zu einem Jogger hingehen, ihn auf sein uralten, gelenkschädigenden Schuhe ansprechen und ihm meine Karte in die Hand drücken. Und meine Verkäufer können das erst recht nicht!“ Ach wirklich? Dann sind sie im falschen Beruf.

Ein Verkäufer verkauft an Menschen. Wenn er mit Menschen nicht umgehen kann, dann soll er auf Ingenieur umsatteln (nichts gegen Ingenieure). Die bittere Wahrheit ist: Die meisten Verkäufer können tatsächlich nicht mit Menschen umgehen. Die müssen das wirklich erst lernen. Die wissen nicht, wie man einen Menschen anspricht! „Kann ich Ihnen helfen?“ Wer mit so einem Spruch kommt, sollte sofort von der Vertriebspolizei verhaftet werden. Denn die meisten Kunden sagen darauf – was? Richtig: „Ich will mich bloß umsehen.“ Man muss nur den Spitzenverkäufern zuhören. Die machen das ganz anders. Einer nahm als Ouvertüren-Frage immer: „Wie viele Kilometer laufen Sie denn so in der Woche?“ Und schon war er im Gespräch mit dem Kunden. Manchmal fragte er auch: „Welche Marke sind Sie denn bislang gelaufen?“ Und auch damit hat er Interessenten sofort in ein Gespräch verwickelt. Weil seine lieben Kollegen offenbar zu denkfaul dafür sind, sich zu einer Idiotenfrage sinnvolle Alternativen auszudenken, machte ich mir mal den Spaß, mit einem Team von Verkäufern eine halbe Stunde lang Öffnungsfragen für den Kundenkontakt zu sammeln. Und plötzlich sprudelten die vorher so denkfaulen Verkäufer geradezu vor Ideen! Merke: Wenn man aktives Verkaufen niemals mit den Verkäufern macht, bespricht und vorlebt, dann machen sie es auch nicht. Gemacht wird nur, worüber geredet wird. Wir haben eine Führungskrise und keine Wirtschaftskrise.

Nachdem der junge Verkaufsleiter einige Wochen lang auf diese Weise seine passiven Verkäufer wieder reanimiert hatte, konnte er inzwischen seine Verkaufsquote auf 1,5 verkaufte Paare pro Verkäufertag steigern. Während noch die Krise tobt. Während die Branche noch über Stagnation klagt. Während alle anderen noch dumm in ihren Läden herumstehen und däumchendrehend darauf warten, dass die Kunden sich die Waren selbst verkaufen. Ich finde, die Krise könnte ruhig noch ein wenig länger dauern. Ich finde auch, dass wir spätestens im nächsten Jahr wieder eine schöne Krise haben sollten. Damit wir endlich das wieder lernen, was uns schon Großvater sagte und was wir in unserem Tran vergessen haben: Von nichts kommt nichts. Ohne Fleiß kein Preis. Wer sich um seine Kunden bemüht, bei dem kaufen sie auch. Mit und ohne Krise.

Klaus Schuster

SI, Ljubljana

Managementberater, Coach und Autor

Klaus Schuster Management Consulting

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