Ausgewählte Neuerungen im Unternehmenssteuerrecht für 2004 oder: Gleichheit im Unrecht - jetzt zahlt jeder mehr Steuern!
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Ausgewählte Neuerungen im Unternehmenssteuerrecht für 2004 oder: Gleichheit im Unrecht - jetzt zahlt jeder mehr Steuern!

Beitrag, Deutsch, Korts Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Autor: Sebastian Korts, M.I.Tax, MBA

Herausgeber / Co-Autor: RA/FAStR/MBA/M.I. Tax Sebastian Korts

Erscheinungsdatum: 2004

Quelle: Freizeit & Spiel März/April 2004


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Der deutsche Gesetzgeber war auch im letzten Jahr wieder ausgesprochen aktiv. In buchstäblich letzter Minute gelang es der Regierung - teilweise mit, teilweise ohne - Zustimmung der Opposition, noch umfassende Änderungen der Steuergesetze zu beschliessen. Insgesamt wurden im Dezember 2003 sechs Steueränderungsgesetze beschlossen. Die Änderungen ziehen erhebliche steuerliche Folgen für Unternehmen und ihre Gesellschafter nach sich. So haben sich zum Beispiel die Regelungen über die Abschreibung von Wirtschaftsgütern geändert. Ferner wurde die Verrechnung von Verlusten aus den Vorjahren (Verlustvortrag) beschränkt, was faktisch zu einer Mindestbesteuerung führt. Von noch grösserer Bedeutung sind jedoch die neuen Bestimmungen des § 8a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zur sogenannten Gesellschafter-Fremdfinanzierung, welche bisher nur für ausländische Anteilseigner deutscher Unternehmen galt. Eine Gewinnabsaugung ist nunmehr weder im Ausland noch im Inland möglich.
Die Bestimmung in ihrer alten Fassung sah vor, dass ausländische Anteilseigner, die dem deutschen Unternehmen ein Darlehen gewährten, sich die vom Unternehmen gezahlten Darlehenszinsen als verdeckte Gewinnausschüttung zurechnen lassen mussten. Voraussetzung war jedoch, dass der Gesellschafter an dem Unternehmen \"wesentlich\" beteiligt war und das Darlehen über einem Ratio von 1:1,5 (Beteiligung am Eigenkapital : Darlehen), sogenannter "safe haven" lag. Bis 2002 lag das Ratio noch bei 1:3, es wurde aber im Rahmen der Unternehmenssteuerreform gesenkt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jedoch am 12.12.2002 in der Sache "Lankhorst-Hohorst" entschieden, dass die Bestimmung des § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG gegen die europäische Niederlassungsfreiheit verstößt, da diese Bestimmung nur für ausländische Gesellschafter deutscher Unternehmen gilt. Da deutsche Gesellschafter von dieser Vorschrift nicht betroffen waren, sah der EuGH in der Bestimmung eine diskriminierende Behandlung ausländischer Gesellschafter und erklärte die Bestimmung für unanwendbar.
Es hätte nahe gelegen, dass die Bundesregierung in Reaktion auf dieses Urteil die Vorschrift ganz abschafft. Stattdessen hat sie aber beschlossen, dass die Bestimmung nun für alle Gesellschafter gilt - unabhängig von ihrer Nationalität bzw. Wohnort, also auch für deutsche Anteilseigner. Selbstverständlich führt die neue Bestimmung nun zu Mehreinnahmen beim Staat, als kleines Bonbon wurde die Vorschrift jedoch zugunsten der Steuerpflichtigen leicht geändert:

  • Die Vorschrift sieht eine Vergütungs-Freigrenze von EUR 250.000 vor. Das heisst von der Gesellschaft ausgezahlte Zinsen, die unter dieser Schwelle liegen werden nicht erfasst. Bei einem Zinssatz von 4% würde dies heissen, dass ein Betrag bis EUR 6.250.000 der Gesellschaft als Darlehen zur Verfügung gestellt werden kann. Wird die Vergütungs-Schwelle jedoch überschritten, so unterfällt die gesamte Vergütung der Besteuerung. Zu beachten ist ferner, dass die Freigrenze unternehmensbezogen ist. Das heisst, der Betrag steht allen Anteilseignern der Gesellschaft zusammen nur einmal zu. Ist ein Anteilseigner an mehreren Gesellschaften beteiligt, so besteht für jede Gesellschaft eine gesonderte Freigrenze von EUR 250.000.
  • Die Vorschrift ist ferner dann nicht anwendbar, wenn trotz Überschreitens des "safe haven" von 1:1,5 durch einen sogenannten "Drittvergleich" gezeigt werden kann, dass die Gesellschaft das Fremdkapital unter gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten hätte. Die Beweislast für diesen Fremdvergleich liegt bei der Gesellschaft. Diese Ausnahmeregelung war schon in der alten Fassung der Vorschrift enthalten und hat bereits damals zu erheblicher Unsicherheit geführt. Das Gesetz sieht nämlich nicht vor, wie der Drittvergleich konkret durchzuführen ist. Fraglich ist schon, auf welches Darlehen abzustellen ist. Ist jedes einzelne Gesellschafterdarlehen gemeint, welches den \"safe haven\" überschreitet oder ist der Gesamtbetrag der Gesellschafterdarlehen gemeint? Welches Darlehen ist bei der Überschreitung des \"safe haven\" zu überprüfen, das zeitlich jüngste oder hat die Gesellschaft ein Wahlrecht?
    Da mit dem Drittvergleich die Anwendung des § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG insgesamt ausgehebelt werden kann und die genauen Voraussetzungen nicht abschliessend geklärt sind, sollte hier ein Schwerpunkt der Argumentation gegenüber den Finanzbehörden gesetzt werden.
  • Kurzfristig überlassene Darlehen sind ebenfalls nicht von der Bestimmung erfasst. Dies wird so verstanden, dass Kreditgewährungen, auch in Form eines Kontokorrent, bis zu einer Laufzeit von 6 Monaten nicht erfasst werden.
    Ist die Vorschrift anwendbar, so führt ihre Anwendung dazu, dass die erfassten Zinsen in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert werden. Bei der inländischen Gesellschaft sind daher die Zahlungen dem Gewinn wieder hinzuzurechnen, gegebenenfalls muss vor Auszahlung sogar Kapitalsteuer einbehalten werden.
    Ein inländischer Anteilseigner hat nur die Hälfte des Betrages zu versteuern (Halbeinkünfteverfahren), früher musste der volle Betrag versteuert werden (Anrechungsverfahren). Ist der Anteilseigner eine natürliche Person und hat er das gewährte Darlehen refinanziert, so kann er u.U. seine Refinanzierungskosten in Abzug bringen.
    Bei einem ausländischen Anteilseigner kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen, wenn der ausländische Staat die Umqualifizierung in Dividenden nicht nachvollzieht (Besteuerung in Deutschland und Besteuerung der Zinsen bei der ausländischen Muttergesellschaft). Es ist nämlich fraglich, ob die deutsche Umqualifizierung auch auf der Ebene eventueller Doppelbesteuerungsabkommen wirkt, die Niederlande erkennen z.B. eine Umqualifizierung nicht an. Der neue § 8a KStG bringt entscheidende Änderungen für in- und ausländische Anteilseigner inländischer Gesellschaften. Die Finanzierungsfreiheit im Konzern stösst hier an ihre Grenzen. Die Überlassung von Fremdkapital an ein Unternehmen bzw. die Planung der Gründung und Führung von Unternehmen in Deutschland bedarf somit einer ausführlichen Beratung durch Steuerfachanwälte.

Sebastian Korts, M.I.Tax, MBA

DE, Köln

Geschäftsführender Gesellschafter

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