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Basel I, II und III: Harmonisierte Equity-Regeln für Banken im Überblick

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Ein Finanzwesen, welches vollkommen bar staatlicher Regulierung agieren kann, mag für manche politische Strömungen ein absolut erstrebenswertes Ziel sein. In der Praxis zeigte sich jedoch immer wieder, dass eine zu geringe Kontrolle exorbitante Risiken verursachen kann, welche weit über die jeweiligen Institute hinausgehen und nicht nur ganze Länder, sondern sogar die Weltwirtschaft ins Wanken bringen können.

Aus diesem Grund existieren unter anderem die Basler Beschlüsse oder -Akkorde. Drei sowohl historisch wie thematisch aufeinander folgende Regularien, welche seit 1988 eine wichtige Rahmenbedingung darstellen, damit Banken nicht über ihre möglichen Verhältnisse agieren und die somit eine wichtige Funktion haben, um Banken- und Wirtschaftskrisen zu erschweren.

Das Basel-Prinzip im Kurzüberblick

Die drei Basler Akkorde verdanken ihren Namen dem dahinterstehenden Basler Ausschuss für Bankenaufsicht. Dabei handelt es sich um ein in der namensgebenden Schweizer Stadt residierendes Gremium

Gegründet wurde die Vereinigung schon anno 1974. Damals schlossen sich die Chefs der Notenbanken der damaligen G10-Staaten zusammen. Ein zentraler Hintergrund war, dass im gleichen Jahr die private Kölner Herstatt-Bank insolvent geworden war, was die bis dato größte Zahlungsunfähigkeit eines Kreditinstituts in der Geschichte der Bundesrepublik darstellte und die globale Finanzwelt erschütterte – dahinter steckten zahlreiche schiefgelaufene Devisenspekulationen

Da zeitgleich auch andere Banken in anderen Ländern ähnliche Probleme hatten, suchten die Zentralbanken und deren Aufsichtsbehörden in den G10-Ländern ein Mittel, um derartige Vorfälle künftig unwahrscheinlicher zu machen. Denn die Insolvenz eines einzigen Finanzinstituts konnte und kann durch seine Verflechtungen mit zahllosen anderen Banken und den Finanzmärkten eine Kettenreaktion verursachen; von den Einlageverlusten der Anleger einmal völlig abgesehen – erst im Nachgang der Herstatt-Pleite entschlossen sich die westdeutschen Banken beispielsweise dazu, einen freiwilligen Fonds zur Einlagensicherung zu gründen.

Eine der ersten Amtshandlungen des Ausschusses war es, Regeln zu erarbeiten, welche die Vorgehensweise der Bankaufsichten in den Mitgliederstaaten vereinheitlichen und insgesamt verbessern sollten; in Westdeutschland beispielsweise war das Handeln im öffentlichen Interesse nur eine Teilmaßgabe für die staatliche Bankenaufsicht; erst danach wurde sie zur einzigen Leitlinie. Deshalb wurde bereits 1975 das Concordat veröffentlicht, welches 1983,1990 und 1992 revidiert und ergänzt wurde.

Seit damals ist das alle drei Monate zusammentretende, im Basler BIZ-Turm residierende und ebenfalls zur Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zugehörige (aber davon unabhängige) Komitee stark angewachsen. Die aktuellen Mitglieder:

  • Die National- bzw. Zentralbanken und ggf. Aufsichtsbehörden der G10-Länder sowie ähnliche Vertreter von
  • Argentinien
  • Australien
  • Brasilien
  • China
  • Europäische Zentralbank
  • Hong Kong
  • Indien
  • Indonesien
  • Südkorea
  • Luxemburg
  • Mexiko
  • Russland
  • Saudi-Arabien
  • Singapur
  • Spanien
  • Südafrika
  • Türkei

Ferner entsenden Chile, Malaysia und die Vereinigten Arabischen Emirate beobachtende Teilnehmer. 

Seit den Anfangstagen gilt dabei ein Grundprinzip: Alles, was der Ausschuss beschließt, geschieht gemeinsam und kann auf freiwilliger Basis von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Da aber sowieso alle miteinander verhandeln und beschließen, wird die Umsetzung zumindest erwartet und bisher auch immer eingehalten – es versteht sich, dass das Prinzip umso wirksamer wird, je mehr für die globale Finanzwelt bedeutende Staaten teilnehmen.

Dabei stellt das Thema Eigenkapital der Banken den mit Abstand wichtigsten Fokuspunkt des Komitees dar. Vereinfacht ausgedrückt sollen Banken gezwungen werden, trotz der Vergabe von Krediten jederzeit ein bestimmtes Mindestmaß an Eigenkapital zu bevorraten – um selbst in unerwarteten Schwierigkeiten weiterhin liquide zu bleiben. Das bleibt nicht ohne Nebenwirkungen: Banken können dadurch insgesamt weniger Geld verleihen; verlieren somit an Bedeutung als Fremdkapitalgeber für beispielsweise Unternehmen, weil die Wirtschaft dennoch dringend Gelder benötigt, um zu wachsen. 

Dies ist einer der wichtigsten Gründe, warum sich alternative Geber von Mitteln etablieren konnten. Sie stellen als private Investitionsfirmen sogenanntes Mezzanine-Kapital zur Verfügung. Damit „verleihen“ sie zwar ebenso Geld, wie es eine Bank oder ein klassischer Investor tun würde, erhalten im Gegenzug aber nicht solche Mitspracherechte. Da Mezzanine somit sowohl Eigen- wie Fremdkapital ähnelt, erklärt sich auch der Begriff: Mezzo steht im Italienischen für halb. Ferner sorgten die Basler Regeln auch dafür, dass reguläre Investoren eine größere Bedeutung bekamen. Ein Problem oder gar eine Umgehung der Regeln ist beides nicht: Private Investoren stehen jenseits der Banken, halten typischerweise keine fremden Einlagen, sodass bei ihnen eine Insolvenz keine katastrophalen Auswirkungen haben kann.

 

https://www.youtube.com/watch?v=L2ioJeH9aFQ

Das erste Modell: Basel I

Die Herstatt-Insolvenz hatte bei den G10-Ländern große Besorgnis ausgelöst, die im weiteren Verlauf der 1970er und 1980er noch genährt wurde, als es unter zahlreichen Bankinstituten zu Verteilungskämpfen kam. Dabei versuchten viele Banken, sich zu vergrößern und nahmen kaum Rücksicht auf eine sorgsame Deckung durch Eigenkapital. In der Folge sank das insgesamte Eigenkapitalniveau auf ein bedenklich niedriges Level. 

Im Sommer 1988 veröffentlichte der Basler Ausschuss deshalb seine erste maßgebliche Vorgabe, die heute einer breiten Öffentlichkeit unter dem Begriff Basel I bekannt ist. Zentraler Bestandteil war, dass alle international tätigen Banken der Teilnehmerländer gegenüber ihren relevanten Aktiva eine Eigenkapitalquote von mindestens 8 Prozent aufbauen und jederzeit vorhalten mussten. Schnell entwickelte sich das nur zum Schutz des internationalen Finanzverkehrs gedachte Instrument zu einem Standard, der nicht nur auch in rein nationale Geldgeschäfte einzog, sondern sich zu einem bis heute weitgehend globalen Standard entwickelte – eine echte Erfolgsgeschichte.

 

https://www.youtube.com/watch?v=g4j7MUpTSz4

Eine wichtige Verbesserung: Basel II

Basel I war für einen ersten Versuch ein grundsätzlich sehr gutes Regelwerk. Es hatte allerdings auch Lücken, die sich teils von Anfang an, teils aber auch erst im Lauf der Jahre zeigten:

  • Die durch Eigenkapital zu unterfütternden Risiken enthielten nur Kreditrisiken. Dadurch musste beispielsweise kein festgelegtes Eigenkapital zur Absicherung sogenannter Operational Risks vorgehalten werden – etwa unlauteres Vorgehen von Bankmitarbeitern. Auch fehlten zunächst* Schutzmechanismen gegen Marktrisiken.
  • Die Absicherung der Kreditrisiken geschah ohne Ansehen der Zahlungswürdigkeit und somit Ausfallrisiken des Bankkunden. Das förderte die Kreditvergabe an Kunden mit schlechterer Bonität zu höheren Zinsen, was das Ausfallrisiko tatsächlich erhöhte, statt verminderte. 
  • Basel I enthielt keine Standards, was die Prüfung durch Aufsichtsräte und Informationsveröffentlichung seitens der Banken betraf.

*Schon 1996 wurde Basel I um einen Zusatz zur Abwehr von Marktrisiken ergänzt. Eine wirklich umfassende Ergänzung stellte jedoch erst Basel II dar; das Regelwerk wurde 2004 veröffentlicht. Dieses Konzept baute erstmalig auf drei distinktiven „Säulen“ auf:

  1. Mindestkapitalanforderungen. Zwar wurde das 8-Prozent-Reglement beibehalten, jedoch mit zugrunde zu legenden mathematischen Berechnungsformeln deutlich verfeinert. 
  2. Bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess. Banken müssen nachweisen, dass sie selbst ihr Eigenkapital in Anbetracht der Risiken richtig bewerten können. Außerdem müssen sie externe Prüfmaßnahmen zulassen.
  3. Erweitere Offenlegung / Marktdisziplin. Hieraus ergehen sehr detaillierte Offenlegungspflichten für Finanzinstitute, wodurch wiederum die Marktdisziplin gestärkt werden soll. 

Im Gegensatz zu Basel I war Teil 2 nicht ohne Kritik. So versuchten etwa die USA, die Umsetzung bis Ende der 2010er hinauszuzögern.

 

https://www.youtube.com/watch?v=8zEu3PkvOOg

Angewandte Lehren der Finanzkrise: Basel III und -IV

Eigentlich hatte Basel II alles richtig gemacht, was aus damaliger Sicht richtig zu machen war. Allerdings offenbarte die Finanzkrise ab 2007/2008, dass weiterhin Lücken bestanden, die so vorher kaum absehbar waren. Eilends wurde deshalb noch während der Krise eine drastische Verbesserung entworfen, welche schon 2010 veröffentlicht wurde und ab 2013 Basel II abzulösen begann. Die zentralen Punkte:

  • Banken müssen hinsichtlich ihrer Liquidität sowohl sicherstellen, dass sie kurz- wie langfristige Quellen besitzen, um ihre Zahlungsfähigkeit jederzeit sicherzustellen – das war eines der größten Probleme in der Finanzkrise.
  • Zahlreiche weitere Verfeinerungen und Vorgaben hinsichtlich der Eigenkapitaldeckung bei gleichzeitiger Risikoreduktion.

In dieser Form wurde das Paket auf dem G-20-Gipel 2010 verabschiedet. Allerdings zeigte sich abermals, dass noch zusätzlicher Verbesserungsbedarf bestand. Bis 2017 wurde deshalb ein Ergänzungspaket erarbeitet. Inoffiziell wird dies häufig als Basel IV bezeichnet, ist jedoch explizit kein neues Regelwerk, sondern nur eine Ergänzung, welche vor allem die Aufsichtsvorgaben noch strenger macht und somit Kreditinstitute insgesamt transparenter bewertbar macht. 

Eigentlich war geplant, dass diese Ergänzung bis 2022 umgesetzt werden sollte – womit gleichsam auch dann erst das Programm Basel III vollumfänglich bei allen Teilnehmern implementiert wäre. Im Zuge der Corona-Pandemie zeigte sich jedoch schnell, dass dieser Termin vor allem durch die von Land zu Land unterschiedlichen Lock- und Shutdowns und davon ausgelöste Marktverzerrungen nicht zu halten war. Das Basler Komitee beschloss deshalb, die Umsetzung um ein Jahr auf 2023 zu verschieben.

Zusammengefasst

Die Basler Akkorde stellen für sich und im Zusammenspiel mit anderen Regelwerken äußerst wichtige Schlüsselelemente dar, um Bankenpleiten, wie sie in der Vergangenheit häufiger vorkamen, möglichst gänzlich zu verunmöglichen. Dadurch stellen sie zwar per Definitionem einen scharf regulierenden Eingriff in die Handlungsfreiheit der Banken dar, sind aber schon deshalb notwendig, weil sich immer wieder zeigte, dass selbst Insolvenzen einziger Häuser zu große und gefährliche Kreise ziehen können. 

Wie die Arbeit des Basler Ausschusses weitergeht, ist offen. Fest steht jedoch bereits jetzt, dass schon Stimmen lautwerden, die ein „Basel V“ fordern, welches sich speziell mit jenen Bankenrisiken befasst, die in Bälde durch die Auswirkungen des Klimawandels entstehen könnten.