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Bauen wird in Deutschland deutlich teurer

In Deutschland sind laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) die Preise in der Bau- und Immobilienbranche in den letzten Jahren zu deutlich gestiegen. Im Zeitraum von 2010 bis 2020 nahmen der Baupreisindex für Wohngebäude um 29 Prozent, der Häuserpreisindex um 65 Prozent und der Preisindex für baureife Grundstücke ab 100 Quadratmetern um 102 Prozent zu. Die Inflation war in diesem Zeitraum mit 14 Prozent deutlich niedriger.

Eine Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) zeigt nun, dass die Baukosten in Deutschland in den kommenden Jahren weiter steigen werden. Laut den Analysten sind dafür hauptsächlich die hohen Material- und Energiekosten, der Fachkräftemangel bei den Bauunternehmen und die höheren Nebenkosten verantwortlich.

„Wir gehen davon aus, dass die Baupreise für gewerblich genutzte Immobilien in den kommenden beiden Jahren um mehr als 20 Prozent steigen werden. Im zweiten Quartal 2022 lag der Preisanstieg bei Nichtwohngebäuden bei rund 19 Prozent, wie die jüngste Auswertung von Destatis zeigt“, erklärt Dr. Harald Heim, Partner Real Estate bei PwC.

In Deutschland sind die Baupreise für Wohnimmobilien im zweiten Quartal 2022 um 18 Prozent und für Gewerbeimmobilien um 19 Prozent gestiegen.

Diese Faktoren beeinflussen die Baukosten

Die Baukosten werden in Deutschland laut PwC maßgeblich von sechs Faktoren beeinflusst:

·        Nachfrage

·        Energiepreise

·        Materialkosten und Materialverfügbarkeit

·        Inflation

·        Lohnkosten und Fachkräftemangel   

·        Politik und Regulierungen

Höhere Zinsen für Baudarlehen

In den letzten Jahren konnten Bauherren mit guter Bonität oft Baudarlehen mit Zinsen von unter einem Prozent abschließen. Weil die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen 2022 in zwei Schritten auf 1,25 Prozent angehoben hat, sind auch die Zinsen für Immobilien- und Baukredite deutlich gestiegen. Laut Daten des größten Vermittlers privater Baufinanzierungen in Deutschland liegen diese inzwischen bei zehnjähriger Zinsbindung bei fast 3,9 Prozent. Bauherren werden also nicht nur durch die höheren Baukosten, sondern auch durch höhere Bauzinsen stark belastet.

„Auch wenn die erwarteten Leitzinserhöhungen zum Teil bereits eingepreist sind, müssen Immobilienkäufer weiter mit leicht höheren Bauzinsen rechnen“, erklärt Mirjam Mohr.

Ein weiteres Problem ist die hohe Inflation, die bei den meisten Haushalten zu Reallohnverlusten und schwindender Kaufkraft führt. Das Bauen oder Kaufen von Wohneigentum wird deshalb zunehmend unerschwinglich.

„Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass für eine junge Familie mit zwei Durchschnittsgehältern Wohneigentum nur schwer erschwinglich ist“, kommentiert der Sparkassenpräsident Helmut Schleweis.

Als Reaktion spricht sich der Ökonom deshalb für eine Reduzierung der Grunderwerbssteuer sowie neue Förderprogramme der Staatsbank KfW aus. Andere Immobilienexperten fordern außerdem als Entlastung eine reduzierte Maklerprovision. Aktuell liegt diese üblicherweise bei 7,14 Prozent, die sich zu jeweils 3,57 Prozent auf den Käufer und Verkäufer einer Immobilie aufteilen.

Hohe Nachfrage und Fachkräftemangel belasten Bauherren

Die Analysten von PwC prognostizieren, dass der Aufwärtstrend bei den Baukosten auch in den kommenden Jahren anhalten wird. Hauptverantwortlich dafür sind die sehr wahrscheinlich auftretenden Nachholeffekte, die die Nachfrage nach Neubauten erhöhen werden. Aktuell sind besonders im Hochbau angesichts der geopolitischen Situation und der problematischen Lieferketten viele Projekte unterbrochen. Sobald die globale ökonomische Situation wieder stabiler ist, ist deshalb mit einer deutlich höheren Nachfrage nach Neubauten zu rechnen.

Zudem gibt es bereits jetzt in vielen Bauunternehmen einen deutlichen Fach- und Arbeitskräftemangel. Sollte die Nachfrage tatsächlich stark zunehmen, würde sich das Angebot-Nachfrage-Verhältnis weiter verschieben.

„Wir gehen davon aus, dass sich das Angebot-Nachfrage-Verhältnis in Folge des Fachkräftemangels verschieben wird und die damit einhergehenden Lohnsteigerungen zur Verteuerung der Bauleistungen beitragen werden“, erklärt Dr. Harald Heim.

Laut Branchenexperten ist es realistisch, dass bis 2030 etwa 20 Prozent der Stellen in Bauunternehmen nicht besetzt werden können. Es ist demnach mit Lohnsteigerungen zu rechnen, die die Baukosten ebenfalls erhöhen.

Gesetzliche Rahmenbedingungen erhöhen Baukosten

Ebenfalls problematisch für die Preisentwicklung in der Baubranche ist der Einfluss der Politik. In Deutschland möchte die Bundesregierung pro Jahr 400.000 neue Wohneinheiten errichten lassen. Die Nachfrage nach Bauleistungen und -materialien wird also durch die hohe staatliche Nachfrage weiter zunehmen und die Baukosten somit in die Höhe treiben. Hinzukommen regulatorische Vorgaben auf Ebene der Europäischen Union (EU), darunter die Taxonomie-Verordnung, die ebenfalls zu höheren Baukosten führen.

„Die im Koalitionsvertrag verankerten politischen Zielsetzungen für Klimaschutz und gesetzliche Anforderungen an Gebäude sind wichtig und richtig – sie können mittelfristig jedoch zu einer Verteuerung künftiger Bauprojekte führen“, erklärt Dr. Harald Heim.

Empfehlungen für Bauherren

Angesichts der bereits problematischen Preisentwicklung, der unklaren geopolitischen und weltwirtschaftlichen Entwicklungen in den kommenden Jahren empfehlen die Analysten von PwC Bauherren, eventuelle Preisrisiken möglichst früh zu identifizieren und entsprechend gegenzusteuern.