Bundesarbeitsgericht: Eine in den AGB des Arbeitgebers enthaltene dreijährige Kündigungsfrist ist unwirksam
Bundesarbeitsgericht: Eine in den AGB des Arbeitgebers enthaltene dreijährige Kündigungsfrist ist unwirksam

Bundesarbeitsgericht: Eine in den AGB des Arbeitgebers enthaltene dreijährige Kündigungsfrist ist unwirksam

Pressemitteilung, Deutsch, BERND Rechtsanwälte

Autor: Holger Bernd

Herausgeber / Co-Autor: Bernd Rechtsanwalts GmbH

Erscheinungsdatum: 27.10.2017


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Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt hat mit Urteil vom 26.10.2017 (Az. 6 AZR 158/16) eine Entscheidung der Vorinstanz – des Sächsischen Landesarbeitsgerichts (LAG) vom 19.01.2016 (Az. 3 Sa 406/15) – bestätigt, mit der das LAG eine vom Arbeitgeber in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vorgegebene Kündigungsfrist von drei Jahren für unwirksam erklärte, da sie die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers zu stark einschränke.
 
Gesetzliche vs. vertraglich festgelegte Kündigungsfrist
Grundsätzlich gilt nach § 622 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass eine längere Laufzeit des Arbeitsvertrages zugleich für den Arbeitgeber eine Verlängerung der Kündigungsfrist bedeutet. Die Kündigung durch den Arbeitnehmer unterliegt hingegen unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses der sog. „Grundkündigungsfrist“ von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats (§ 622 Abs. 1 BGB). Allerdings kann durch eine Regelung im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag von diesem Grundsatz dergestalt abgewichen werden, dass sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer eine einheitliche Kündigungsfrist gilt, und so eine Gleichbehandlung der Arbeitsvertragsparteien herbeigeführt werden. Da überlange Fristen einen Arbeitgeberwechsel jedoch erschweren und damit die von Artikel 12 des Grundgesetzes (GG) geschützte berufliche Bewegungsfreiheit des Arbeitnehmers einschränken, ist eine unbegrenzte arbeitsvertragliche Verlängerung der Kündigungsfrist nicht möglich. Anderenfalls bedeutet eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers, was zur Unwirksamkeit der betreffenden Klausel führt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Gesetz findet sich jedoch keine solche ausdrückliche Begrenzung, sodass es der Rechtsprechung obliegt zu entscheiden, wann eine Kündigungsfrist zu lang und damit unwirksam ist.
 
Der Sachverhalt: Gehaltserhöhung bei gleichzeitiger Verlängerung der Kündigungsfrist
Die klagende Arbeitgeberin beschäftigte den beklagten Arbeitnehmer in ihrer Leipziger Niederlassung seit Dezember 2009 als Speditionskaufmann in einer 45-Stunden-Woche gegen eine Vergütung von 1.400,- EUR (brutto). Im Sommer 2012 vereinbarten die Parteien in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag eine kräftige Gehaltserhöhung auf monatlich 2.400,- EUR (brutto). Die Vereinbarung sah jedoch gleichzeitig eine Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende sowie ein Einfrieren des Gehalts des Arbeitnehmers bis zum 30.05.2015 vor. Bei einer späteren Neufestsetzung des Gehalts sollte dieses wiederum für mindestens zwei Jahre unverändert bleiben. Nachdem der Arbeitnehmer erfahren hatte, dass auf den Computern der Niederlassung eine zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignete Software installiert war, kündigte er am 27.12.2014 das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2015, also mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende. Die klagende Arbeitgeberin begehrte nunmehr die gerichtliche Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis des beklagten Arbeitnehmers bis zum 31.12.2017 fortbestehe.
 
Die Entscheidung: Unausgewogene Gestaltung trotz beiderseitiger Verlängerung der Kündigungsfrist
Vor dem Arbeitsgericht Leipzig (Urt. v. 12.06.2015, Az. 3 Ca 184/15) hatte die Arbeitgeberin noch Erfolg, das LAG wies hingegen die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Arbeitgeberin vor dem BAG hatte ebenfalls keinen Erfolg. Die Begründung ist der Pressemitteilung des Gerichts vom 26.10.2017 zu entnehmen:
Die Erfurter Richter vertreten die Auffassung, dass im vorliegenden Fall die wesentliche Verlängerung der gesetzlichen Regelkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstelle, auch wenn die Verlängerung für beide Seiten gelte. Der hierdurch entstehende Nachteil für den Arbeitnehmer werde auch nicht durch die vorgesehene kräftige Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die Zusatzvereinbarung das Niveau der Vergütung langfristig einfror.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 48/17 des Bundesarbeitsgerichts v. 26.10.2017 zum Urt. v. 26.10.2017 – 6 AZR 158/16
 
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