CRM wird erwachsen
CRM wird erwachsen

CRM wird erwachsen

Die Systeme sind besser als ihr Ruf

Beitrag, Deutsch, Deutscher Fachverlag GmbH

Autor: Klaus Eichhorn

Herausgeber / Co-Autor: Klaus Eichhorn/Stefan Fomm

Erscheinungsdatum: 2006

Quelle: Lebensmittel Zeitung


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CRM wird erwachsen
Die Systeme sind besser als ihr Ruf

Bad Homburg, 25. September. In einer Studie der Bad Homburger Unternehmensberatung syncon wurden erneut gängige CRM-Systeme für die Konsumgüter-Industrie unter die Lupe genommen und hierzu im Frühsommer eine Befragung in der Konsumgüterbranche durchgeführt. Im Vergleich zu den Vorjahren zeigen sich positive Entwicklungstendenzen. Während in der Vergangenheit sogar Basisanforderungen teilweise nur mit Kompromissen umsetzbar waren, decken die Anbieter diese heute zunehmend besser ab.

Was hat sich getan?

Technologieverliebte Ansätze wie eCRM, JAVA, WAP oder zahlengläubige Ansätze wie das ROI-Modell haben die Vertriebe in der Vergangenheit keinen Millimeter näher zum Kunden gebracht. Die Softwareanbieter üben sich nun in solider Arbeit an ihren Produkten. Das zahlt sich aus.

Die leistungsfähigen Software Hersteller für die Konsumgüterbranche sind bekannt. Wer heute eine CRM-Lösung sucht, muss die Anbieter nicht mehr dutzendweise prüfen. Bei Entscheidungen sind in der Regel CAS, SAP, update, Microsoft und vereinzelt Siebel oder Nischenanbieter (wie zum Beispiel Merkarion - vormals SMF, GIS, Baufeld) dabei.

Wie gut werden die Basisanforderungen abgedeckt? Zu den typischen Basisanforderungen der Konsumgüter-Industrie gehören Stammdaten, Besuchsplanung oder POS Erhebungen.

Daten von Kunden und Ansprechpartnern werden inzwischen von allen Systemen gut abgebildet. Das gleiche gilt für das Kontaktmanagement. Die befragten Anwender sehen hier keinen Nachholbedarf. Das bedeutet, dass diese Funktionen im Rahmen einer Software-Auswahl nicht tiefer analysiert werden müssen. In anderen Funktionsbereichen wie Besuchsberichtswesen und –planung gilt es genauer hinzuschauen. Hier ist zu prüfen, ob die eigenen Prozesse von der Software angemessen abgebildet werden können.

Zusammen gefasst zeigt sich also, dass die Zunft einiges entwickelt hat. CAS liegt vor update. In leichter Abstufung folgen dann die Nischenanbieter, Siebel und schließlich SAP. Microsoft ist nach wie vor Schlusslicht.

Spezielle Anforderungen der Konsumgüterindustrie Je nach Warengruppe müssen CRM-Systeme spezifische Anforderungen erfüllen. So benötigt beispielsweise der Gastrovertrieb einer Brauerei eine Antragsverwaltung sowie die Abbildung von Gastronomieobjekten. Dies kann mit den beschriebenen Basisfunktionen nicht immer abgebildet werden. CRM-Produkte, die bereits bei Basisanforderungen Defizite haben, schneiden hier in der Regel schlecht ab. Diese Anbieter sind „Nachzügler“ und stecken auch heute alle Kraft in die Entwicklung der Grundfunktionen. In diesem Zusammenhang ist die Strategie einzelner Anbieter (z.B. Microsoft), die Entwicklung dieser Sondermodule in die Hand von Entwicklungspartnern zu legen, noch nicht aufgegangen.

Mut zur Lücke Aktuelle Erfahrungen zeigen allerdings, dass auch bisher gänzlich unbekannte Nischenbieter punkten können. So hat sich Anfang des Jahres ein Top-Nahrungsmittelhersteller bewusst gegen eine aufwendige und teure Lösung entschieden und ein kleines polnisches Unternehmen beauftragt. Aussage des Projektleiters: „Wir kennen die Großen und haben bewusst eine individuelle Lösung gekauft. Die Kosten lagen bei ca. 15% der CRM-Lösung unseres Haus-und-Hof ERP-Lieferanten. Die laufenden Kosten sind auch entsprechend gering. Im Gegenzug mussten wir allerdings auf 60% unserer gewünschten Funktionalität verzichten. Wir sind dieses Wagnis eingegangen und stellen heute fest, dass wir in der Vergangenheit viel zu kompliziert gedacht haben. Das ist ein voller Erfolg. Wir hatten sehr große Widerstände, da dies klar gegen unsere globale IT-Ausrichtung lief.“

Die Befragung zeigt außerdem, dass drei viertel der CRM-Anwender nach der Definition ihrer Anforderungen in der anschließenden Realisierungsphase durch eine Krise gegangen sind. In der Verkaufsphase suggerieren die Anbieter meist, dass die Software eine fertig einsetzbare Branchenlösung sei. Die Realität zeigt allerdings, je individueller der Anspruch und je weiter entfernt vom Standard der Lösung, desto größer ist auch der Anpassungsaufwand. Die Unternehmen sollten deshalb jedes Mal prüfen, ob der Aufwand im rechten Verhältnis zum Nutzen steht.

Wie lange werden die Systeme genutzt? In den Anfängen des CRM lag die Nutzungsdauer bei etwa 5 Jahren. Technologiewechsel und Anbietersterben hatten längere Laufzeiten vereitelt. Ideale Voraussetzung für eine lange Lebensdauer ist, dass der Softwarehersteller weiterhin in die Lösung investiert und vor allem nicht selbst die Tore schliesst. 10 Jahre Nutzungsdauer und mehr sind dann normal. Das ist ideal. So können die Unternehmen Stück für Stück eine klare Logik der Vertriebs-Steuerung integrieren. Oftmals mit reiner Besuchsplanung und -dokumentation gestartet, werden solche Installationen dann wie selbstverständlich zur Steuerung des Vertriebs nach Potentialen und zur Effizienzsteigerung im Feld eingesetzt.

Wie aktuell ist die Technologie? Bei allen Unterschieden im Detail bieten große Anbieter wie CAS, update, SAP, Siebel oder Microsoft „state of the art“ Technologie. Dazu gehört „Internetfähigkeit“ oder der Betrieb auf dem Pocket PC. Einige kleinere Nischenanbieter wie Merkarion entwickeln derzeit kräftig an komplett neuen Versionen. Doch hier sind produktive und umfassende Installationen derzeit nur in „alter“ Technologie anzutreffen. Ein Risiko sollte man dabei bedenken: Eine Neuentwicklung ist teuer und manch kleinem Anbieter ist in der Vergangenheit dabei die Luft ausgegangen.

Die befragten Unternehmen attestieren den Softwareanbietern deutliche Fortschritte bei der Integration von Schnittstellen. Dies funktioniert immer einfacher. Insbesondere für ERP- Systeme. 80% der befragten Unternehmen setzen SAP als zentrales ERP System ein. Viele CRM- Hersteller beweisen volle Kompatibilität zu SAP, bei absolut vertretbarem Aufwand. Erstaunlich ist jedoch, dass SAP selbst mit ihrem integrierten Ansatz von CRM, ERP und Business Warehouse von vielen Unternehmen kritisch gesehen wird. Der prognostizierte Aufwand wurde häufig um das Vielfache überschritten. Zitat: „Die mussten mit drei Teams anrücken, die sich dann erst lange intern über die Schnittstellen abstimmen mussten.“ Auch Analysesyteme lassen sich inzwischen besser in die IT-Landschaft integrieren. Dies gilt für bekannte Lösungen wie Cognos ebenso wie für das mittlerweile weit verbreitete „BW“ von SAP. Damit ist die Angst vor endlosen Schnittstellenprojekten auch für SAP-fremde CRM Software unbegründet.

Wie werden heute Projekte angegangen? Die CRM-Auguren weisen seit Jahren gebetsmühlenartig darauf hin, dass CRM-Projekte vorrangig keine Softwareprojekte sind. Die Befragung zeigt, dass diese Botschaft zunehmend auf fruchtbaren Boden fällt. So benutzt ein internationaler Spirituosenkonzern das Motto „CRM: Business not Software“. Fachabteilungen übernehmen bei CRM-Projekten stärker das Ruder. Als CRM noch VIS oder CAS hieß, musste häufig die IT-Abteilung den Vertrieb fast zwingen, ein CRM-System einzuführen. Heute sind es die Fachabteilungen, die klar den Nutzen dieser Systeme sehen und derartige Lösungen einfordern.

Bekannt sind auch die Hinweise, die Nutzer aktiv einzubeziehen. Dennoch zeigt die Befragung, dass immerhin noch jedes vierte CRM-Projekt ohne Einbeziehung des Außendients gestartet wird. Das typische Argument lautet: „Der Außendienst soll draußen sein und verkaufen“. Dies ist eine klare Fehlentscheidung. Auf diese Weise durchgezogene CRM-Projekte leiden signifikant mehr unter Akzeptanzproblemen als Projekte mit Einbezug der Nutzergruppen. Zitat eines Projektleiters: „Die Nutzer einzubeziehen war zwar sehr aufwendig und hat zunächst für Widerstand gesorgt. Aber das war gut investierte Zeit. Wir merken das spürbar an der Akzeptanz des Systems.“

Erstaunlich ist, dass die Unternehmen nahe liegende Informationsquellen unzureichend nutzen. So werden Referenzkundenbesuche zu selten genutzt oder haben den Charakter von Kaffekränzchen. Zitat aus der Befragung: „Heute würde ich in jedem Fall intensiver die Referenzen checken. Die Erfahrungen anderer hätten uns vor Irrwegen bewahrt. Im nachhinein betrachtet, hätte uns das viel Zeit und Geld gespart.“

Was geschieht rund um CRM? Während die Unternehmen ihr CRM System früher oft als stand alone System betrieben, werden heute immer mehr angrenzende Systeme zum Datenaustausch angebunden. Innerhalb von 4 Jahren stieg die Anzahl der angeschlossenen Systeme von im Schnitt 7,4 auf 11,8. Anwendungen mit 15 Schnittstellen sind keine Seltenheit. Es zeigt sich, dass ein erfolgreiches CRM Projekt im Laufe der Nutzung immer stärker in andere Systeme und Teillösungen eingebunden wird. Dazu ein Projektleiter aus der Getränkeindustrie „Wir suchen heute verstärkt nach Potenzialen in der Kundenbearbeitung. Hierzu beschaffen wir Handelsdaten bis hin zu Branchenkennziffern zum Benchmarking einzelner Vertriebsgebiete. Diese Daten bearbeiten wir in CRM.“

Ein Reizthema ist oftmals die Anbindung von Outlook und Lotus Notes. Die Forderungen nach einem einzigen – integrierten – System werden jedes Jahr lauter. Wunsch und Wirklichkeit klaffen oft auseinander. Entsprechend groß sind die Anstrengungen der CRM-Anbieter, die Kommunikationssysteme nahtlos an die CRM-Systeme anzubinden. Bezeichnend ist die Aussage eines IT-Leiters: „Seit Jahren drängen wir unseren CRM-Lieferanten, dass wir mit einem Kalender arbeiten wollen. Vor Jahren wurde uns das schon angekündigt. Wir sind noch weit davon entfernt.“

Analysen spielen eine immer größere Rolle Der CRM-Weg der Analysen begann mit einfachen EXCEL-Auswertungen. Diese wurden ergänzt mit eigenständigen Analyse-Systemen, wie MIS oder COGNOS. Heute geht der Trend eindeutig zu integrierten Systemen. Typisch die Aussage eines Projektleiters: „Unsere Vertriebsleiter wollen mit einem click vom Kunden in die Statistik und von der Zahl zurück zur POS Erfassung. Die wollen alles in einem Guss auswerten.“ Dieser Forderung kommen die meisten CRM-Anbieter erst seit kurzem nach. Entweder integrieren sie Fremdprodukte wie COGNOS oder sie bieten neuerdings eigene Analysesysteme an, wie update. Die meisten CRM Anbieter müssen hier noch nachlegen.

Wer bietet das Beste fürs Geld? Auf der Hardwareseite benötigen SAP und CAS besonders leistungsfähige und damit teure Hardware für den Betrieb. Weitaus entscheidender für die Gesamtkostenbilanz einer CRM Lösung sind jedoch Kosten für Softwarelizenzen, Dienstleistung und laufende Betriebskosten inklusive Wartung und Weiterentwicklung. Ein allgemeines Ranking der Hersteller wurde nicht ermittelt. Zu sehr unterscheiden sich die Projekte und der Grad der individuellen Anpassungen im Projekt. Starke Schwankungen treten zudem auf, da die CRM Hersteller im Einzelfall deutlichen Discount auf die Listenpreise gewähren. In Stichproben wurden einzelne Angebote miteinander verglichen. Es zeigte sich, dass die teuersten CRM Hersteller um den Faktor „8“ über den günstigsten Anbietern lagen. Die kleinsten Anbieter haben die niedrigsten Preise, sind aber im laufenden Betrieb oft teurer, da viele neue Anforderungen individuell entwickelt werden müssen. Die Softwarewartungsgebühren liegen bei 12 - 24 %. Verblüffend ist, dass die CRM-Kunden zwar Preise vergleichen. Die Validität der Zahlen wird jedoch viel zu selten wirklich nachgeprüft.

Wer liefert echte Innovationen? Einzelne CRM-Anbieter leisten Bemerkenswertes. Dazu gehören so praktische Dinge wie die Verbindung mit dem Navigationssystem beim Software-Anbieter update. Der Vertriebsmitarbeiter plant die Besuche. Die Adressen werden automatisch aus dem CRM-System in das Navigationssystem übergeben. CAS hat zahlreiche Funktionen rund um den Bereich Promotion entwickelt. Einzelne Anbieter können das Regal als Foto auf dem Tablet PC für die schnelle Eingabe im Markt darstellen. Doch wer nutzt diese zeitsparende und komfortable Form und andere Innovationen in der Industrie? Bis jetzt nur eine handvoll Unternehmen.

Sag mir, was ich will! Je umfangreicher die CRM Lösungen sind, desto genauer muss der Kunde definieren, was er eigentlich will. Diesem Grundsatz folgen nur wenige Unternehmen. Selten werden die Anforderungen zu Projektbeginn in einem Pflichtenheft definiert. Die Argumente sind immer fehlende Zeit und angeblich bereits klare Vorstellungen, die man gar nicht mehr aufschreiben müsse. Die Konsequenz ist oft: Falsche Software ausgewählt, Budget und Zeitplan überschritten. Im schlimmsten Fall geht das System nicht produktiv oder wird später still und leise abgeschaltet. Häufig ist die Kritik an Software-Produkten nicht gerechtfertigt. Nur wenn die Industrie exakt beschreibt, was die Software leisten soll, kann die passende CRM-Lösung ausgewählt werden. Gleiches gilt für die Einführungsphase. Deshalb gilt: Pflichtenheft ist Pflicht.

Die Interviews ergaben, dass es in mehr als der Hälfte der Unternehmen hier schlicht an methodischer Erfahrung mangelt. Ein Zitat eines Projektleiters: „Nach zwei erfolglosen Anläufen haben wir das Thema zu einer externen Beratung ausgelagert. Die haben mit uns ein Pflichtenheft geschrieben und den Auswahlprozess gesteuert. Es wäre um ein vielfaches aufwendiger geworden, wenn wir das in Eigenregie gemacht hätten.“
Was man für den Auswahlprozess wissen sollte: Softwareanbieter nutzen die Schwäche fehlender oder schwammiger Anforderungen bewusst aus. Sind Anforderungen nicht präzise beschrieben, wird es nach Projektstart sehr aufwendig und teuer.

Die Ergebnisse der Studie sind ermunternd. CRM-Software ist heute mehr denn je dazu geeignet, den Vertrieb effizienter zu gestalten. Die Chancen stehen gut, ein solides Software-System auszuwählen, das die individuellen Anforderungen gut abdeckt.

Klaus Eichhorn, Stefan Fomm
Die Autoren sind Geschäftsführer der Vertriebs- und Marketingberatung syncon gmbh synergy consultants, Bad Homburg

Klaus Eichhorn

DE, Lüneburg

Geschäftsführender Gesellschafter

SYNERGY CONSULTANTS CRM + Prozesse GmbH

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