Cash Pooling
Cash Pooling

Cash Pooling

Beitrag, Deutsch, Korts Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Herausgeber / Co-Autor: RA/FAStR/MBA Petra Korts

Erscheinungsdatum: 2002

Quelle: Freizeit & Spiel Januar/Februar 2002


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-Verborgene Risiken für Geschäftsführer und Gesellschafter- Mit der Einführung des EURO hat eine Form des Liquidationsmanagements an Aktualität gewonnen, welche bisher ihre Vorteile aufgrund der unterschiedlichen Währungen in Europa nicht voll ausspielen konnte: das Cash Pooling. Die sich eröffnenden neuen Möglichkeiten, sollten jedoch nicht die Probleme verdecken die sich in der Praxis bei der Durchführung dieses Modells ergeben können. Besonders das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Haftung der Geschäftsführer der beteiligten Unternehmen im Krisenfall und die Vorgänge um den Erwerb der Klöckner Gruppe durch die englische Balli Gruppe haben exemplarisch die Schwächen und Gefahren dieses Modells vorgeführt. Die Idee des Cash Pooling ist so einfach, wie seine tatsächliche Umsetzung schwierig ist: Mehrere Unternehmen, zumeist eine Muttergesellschaft und ihre abhängigen Tochtergesellschaften, führen ihre gesamte Liquidität auf einem Master Account zusammen, um so die Liquidität aller Unternehmen zentral, kostengünstig und wirtschaftlich verwalten zu können. Gesellschaften deren Konto im Minus sind, erhalten von dem Master Account einen Ausgleich und müssen so keine teuren Fremdkredite aufnehmen. Der Master Account wird von der Muttergesellschaft geführte oder bei der ausgelagerten Treasury. Selbstverständlich ist das eingezahlte Geld für die Gesellschaften nicht verloren, an die Stelle des bisherigen Auszahlungsanspruch gegen die Bank (Konto) tritt ein Rückzahlungsanspruch gegen die Muttergesellschaft bzw. gegen die Treasury. Der Rückzahlungsanspruch kann jedoch erst bei Austritt aus dem Cash Pooling-System geltend gemacht werden. Gegen dieses System ist grundsätzlich nichts einzuwenden – doch wie überall, kommen die wahren Probleme erst in der (finanziellen) Krise zum Vorschein. Über einen solchen Fall hat kürzlich der BGH in einem Grundsatzurteil entschieden. In diesem Fall hatte die Muttergesellschaft ihrer Tochtergesellschaften verpflichtet dem unternehmensweiten Cash Pooling-System beizutreten. Einige Tochtergesellschaften lagen in Ostdeutschland und erhielten staatliche Beihilfen im Umfang von mehreren hundert Millionen Deutsche Mark, die nur für diese Unternehmen verwendet werden durften. Dieses Geld floß jedoch automatisch in den Cash Pool ein und wurde zum Großteil für die defizitären Tochtergesellschaften in Westdeutschland verwendet. Irgendwann stand fest, dass der Master Account niemals die eingezahlten Beträge an die ostdeutschen Tochtergesellschaften würde zurückzahlen können. Der Master Account musste daraufhin Konkurs anmelden. In den nachfolgenden Rechtstreitigkeiten wurden die einzelnen Herren Vorstände der Muttergesellschaft persönlich auf Zahlungen in Höhe von jeweils DM 9,7 Mio. DM verklagt. Nachdem die Gerichte der unteren Instanzen die Klage abwiesen, entschied der BGH als letzte Instanz, dass grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch gegen die Vorstände bestehen könne und hob die erstinstanzlichen Urteile auf. Der BGH nahm das Urteil zum Anlaß, sich grundsätzlich zu Pflichten und Haftung der Geschäfsführer und Gesellschafter der Mutter- und Tochtergesellschaften in solchen Fällen von Unternehmenskrisen zu äußern – mit erheblichen Konsequenzen für diesen Personenkreis. Nach der Entscheidung trifft die beherrschende Muttergesellschaft eine zweistufige Vermögensbetreuungspflicht. In der ersten Stufe hat die Muttergesellschaft beim Betrieb des Cash Poolings darauf zu achten dass der Tochtergesellschaft immer und zu jeder Zeit die zu Deckung des Stammkapitals erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Es ist also jederzeit ein Betrag vorzuhalten, der das Ergebnis der Subtraktion „Aktiva der Tochtergesellschaft abzüglich Verbindlichkeiten“ bis zum festgesetzten Stammkapital auffüllt. In der zweiten Stufe hat die Muttergesellschaft das Vermögen der Tochtergesellschaft insoweit zu betreuen, als sie bei ihren Dispositionen über Vermögenswerte der Tochtergesellschaft darauf zu achten hat, dass die Tochtergesellschaft die fälligen Verbindlichkeiten bedienen kann. Das heißt praktisch, dass trotz Cash Pooling die Tochtergesellschaft über die notwendige Liquidität verfügen muss um nicht zahlungsunfähig zu werden. Der BGH spricht in diesem Zusammenhang von „existenzvernichtenden Eingriffen“ der Muttergesellschaft. Sollte diese Pflicht nicht beachtet werden, so haften die Gesellschafter für die Nachteile die dadurch entstehen, dass der Gesellschaft Vermögen entzogen wird, das sie eigentlich zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt. Denn ein solches Verhalten stellt einen Mißbrauch der Gesellschaftsformen dar, welche eine Beschränkung der persönlichen Haftung ermöglichen. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang, dass nicht nur die Gesellschafter haften, welche die Rückzahlung erhalten haben, sondern auch die Gesellschafter die durch ihr Einverständnis an dem Vermögensabfluß mitgewirkt haben. Der BGH urteilte weiter zu den Pflichten der Geschäftsführung der Muttergesellschaft. Diese haben die Tochtergesellschaften im Falle von eigenen Krisen oder Krisen anderer Tochtergesellschaften zu informieren, soweit durch die Krise die Rückzahlungsansprüche der Tochtergesellschaft gegen den Master Account/Treasury gefährdet sind. Ein Unterlassen dieses Hinweises hat der BGH als Täuschung durch Unterlassen im Sinne § 263 Abs. 1 Strafgesetzbuch (Betrug) durch die Geschäftsführer der Muttergesellschaft gewertet. Aus der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Geschäftsführer folgt dann zusätzlich noch deren persönliche zivilrechtliche Haftung. Weiter sind die Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Pflichten unterworfen, deren Nichtbeachtung zur unmittelbaren unbeschränkten persönlichen Haftung führt. Er haftet nach den Kapitalerhaltungsvorschriften persönlich dafür, dass nicht die Beträge an die Gesellschafter zurückgezahlt werden, welche die Gesellschafter als Stammkapital eingezahlt haben. Im Falle von Cash Pool besteht jedoch typischerweise diese Gefahr. Besonders gefährlich ist diese Handlung, wenn der Rückzahlungsanspruch an den Master Account/Treasury nicht mehr werthaltig ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Muttergesellschaft oder andere Tochtergesellschaften in die Krise geraten. Sollte dies geschehen, so trifft den Geschäftsführer einen weitere Pflicht: eine Widerstandspflicht gegen Anweisungen der Gesellschafter! Im Falle der Krise der Muttergesellschaft hat der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft die Pflicht unverzüglich die eingezahlten Gelder von dem Master Account/Treasury zurück zu fordern. Anders lautenden Anweisungen der Gesellschafter der Tochtergesellschaft hat er nicht zu beachten. Für den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft heißt dies, dass er im Fall der Krise jede neue Anweisung der Gesellschafter und die laufenden Vereinbarungen mit der Muttergesellschaft auf ihre wirtschaftlichen Folgen hin untersuchen muß. Dabei muß zusätzlich beachtet werden, dass ein Geschäftsführer im Falle der Zahlungsunfähigkeit seiner Gesellschaft zur Beantragung der Insolvenz verpflichtet ist. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist eine Straftat und führt ebenfalls zu einer persönlichen unbeschränkten Haftung des Geschäftsführers. Die Risiken und Gefahren die mit der Einführung und der Praxis des Cash Pooling verbunden sind, bedürfen auf jeder Ebene der Gestaltung daher unabdingbar einer erfahrenen anwaltlichen Hilfe. Insbesondere der in Deutschland tätige Geschäftsführer eines Konzerns muss das Maß seines persönlichen Risikos genau abschätzen.
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