Darlehen an Gesellschafter? Geschäftsführer aufgepasst!
Darlehen an Gesellschafter? Geschäftsführer aufgepasst!

Darlehen an Gesellschafter? Geschäftsführer aufgepasst!

Beitrag, Deutsch, Korts Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Autor: Sebastian Korts, M.I.Tax, MBA

Herausgeber / Co-Autor: RA/FAStR/MBA/M.I. Tax Sebastian Korts

Erscheinungsdatum: 2004

Quelle: Freizeit & Spiel Juli/August 2004


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Der Bundesgerichtshof (-BGH-) hat in einer kürzlich erlassenen Entscheidung die Haftung bei der Vergabe von „schädlichen“ Darlehen an Gesellschafter einer GmbH verschärft. Dabei hat er die Haftung auch auf den (unwissenden) Geschäftsführer erstreckt. Diese neue Sichtweise hat erhebliche gesellschaftsrechtliche und steuerliche Konsequenzen für eine GmbH. Insbesondere für Unternehmen die in ein Konzern-Cash-Pooling eingebunden sind, können sich gravierende Folgen ergeben. In Verbindung mit den neuen Regelungen zur Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a des Körperschaftsteuergesetzes, müssen deshalb Darlehensgewährung oder Darlehensaufnahme von Gesellschaftern einer GmbH nunmehr immer vorab von einem Steueranwalt geprüft werden. Der von dem BGH entschiedene Fall endete für die Geschäftsführerin im Desaster – sie wurde zur Zahlung von EUR 511.291 (DM 1 Millionen) verurteilt, obwohl die Darlehen ohne ihr Wissen und Zutun an die Gesellschafter ausgezahlt wurden. Die Fakten des Falles können als nahezu klassisch beschrieben werden: Zwei Bekannte gründeten im Jahr 1990 eine GmbH. Neben einem Gesellschafter wurde noch die Ehefrau des anderen Gesellschafters als Geschäftsführerin eingesetzt, tatsächlich handelte sie nur als „Strohmann“ für ihren Ehemann. Im Jahr 1994 veranlasste der andere Gesellschafter-Geschäftsführer, dass die GmbH an ihn ein Darlehen über DM 150.000 und dem anderen Gesellschafter Darlehen über DM 850.000 gewährt. 1997 ging die GmbH in Konkurs. Der Konkursverwalter forderte die Darlehen nicht nur von den beiden Gesellschaftern zurück, sondern er nahm auch die Geschäftsführerin auf die volle Darlehenssumme in Haftung; der BGH gab ihm Recht. Die Verpflichtung der Gesellschafter zur Rückzahlung der Darlehen ist eine Selbstverständlichkeit. Was den Fall jedoch bemerkenswert macht, ist die (zusätzliche) Haftung der Geschäftsführerin für die Rückzahlung. Die Geschäftsführerin hatte sich unter anderem damit verteidigt, dass sie nur als „Strohmann“ eingesetzt worden sei und deshalb keine Kenntnis von den Darlehensvergaben gehabt habe und diese auch nicht hätte verhindern können. Den BGH überzeugte diese Argumentation nicht: Wer Geschäftsführer ist, hat die entsprechenden Kontrollpflichten wahrzunehmen. Tut er dies nicht, so hat er sich dies selbst zuzuschreiben. Weit wichtiger ist jedoch die Argumentation des BGH, warum die Vergabe der Darlehen an die Gesellschafter einen Pflichtverstoss darstellt. Bisher war es gängige Meinung, dass eine Darlehensvergabe (an Gesellschafter) per se keine nachteiligen Folgen auslösen können, da die Gesellschaft im Austausch für die Darlehensvergabe eine gleich hohe Darlehensforderung erhalte. Unter bilanziellen Gesichtspunkten liegt damit ein sog. Aktivtausch vor, dieser hat weder vorteilhafte noch nachteilige Folgen für die Gesellschaft. Diese Sichtweise hat der BGH nun jedoch verworfen: Befindet sich die Gesellschaft im Zustand der Unterbilanz, so stellt jeder reale Abfluss von Zahlungsmitteln an Gesellschafter ohne tatsächliche Gegenleistung ein Verstoss gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften des § 30 GmbH-Gesetz dar. Ausdrücklich erklärt der BGH, dass es nicht darauf ankommt, ob der Gesellschafter kreditwürdig ist, d.h. die Darlehensforderung werthaltig ist. Im Zustand der Unterbilanz darf der Geschäftsführer den Gesellschaftern keine liquiden Zahlungsmittel zur Verfügung stellen, wenn das Stammkapital nicht hinreichend abgedeckt ist. Damit könnten sich auch für konzernweite Cash-Pooling Systeme Probleme ergeben, denn allgemein erhalten die teilnehmenden Unternehmen im Gegenzug zur Abführung von Liquidität an die Muttergesellschaft eine entsprechend hohe Forderung gegen diese – nach der neuen Ansicht des BGH eine nunmehr eventuell unzulässige Vorgehensweise. Das Urteil des BGH hat erhebliche Auswirkungen für das Verhältnis des Geschäftsführers zu den Gesellschaftern. Lässt der Geschäftsführer es ohne Prüfung zu, dass Gesellschaftern Darlehen gewährt werden, so läuft er Gefahr später auf die Rückzahlung in Anspruch genommen zu werden. Der Geschäftsführer haftet damit persönlich neben dem betroffenenen Gesellschafter für die Rückzahlung des Darlehens – und spätestens im Falle der Insolvenz wird auf Seiten der Gesellschaft kein Skrupel bestehen diese Forderung gegen ihn geltend zu machen. Die Entscheidung des BGH steht im Kontrast zu den übrigen Entwicklungen in Europa. Während der Europäische Gerichtshof die Möglichkeit der Sitzverlegung ausländischer Gesellschaften (z.B. englische Ltd.) nach Deutschland für rechtens erklärt (Centros- Urteil, Inspire Art-Urteil) und damit so bezeichneten ausländischen „Billig-GmbHs“ den Weg bereitet, verschärft der BGH die Anforderungen bei der GmbH. Dies kann nur so interpretiert werden, dass die deutschen Gerichte die Wertigkeit einer GmbH gegenüber den „Billig-GmbHs“ positiv abgrenzen wollen: Wer mit einer GmbH in Geschäftsbeziehungen tritt, soll sicher sein, dass das satzungsmässige (Mindest)Stammkapital tatsächlich zur Verfügung steht. Für die Gesellschafter und Geschäftsführer führt diese jedoch zu Haftungsproblematiken, welche nicht unterschätzt werden sollten. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Problematik, wann einen Unterbilanz im Sinne des Urteils des BGH vorliegt. Diese Frage muss unter Einbeziehung gesellschafts- und insolvenzrechtlicher Regelungen beantwortet werden, was nach einer anwaltlichen Beratung verlangt. Diese wird sich auch mit dem umgekehrten Fall, nämlich der Vergabe von Darlehen an die GmbH durch ihre Gesellschafter, beschäftigen müssen. Hier kann es nämlich zu einer ähnlich gelagerten Problematik im Falle der Rückzahlung des Darlehens an den Gesellschafter kommen. Wird das Darlehen trotz Unterbilanz an den Gesellschafter zurückgezahlt, so kann der Gesellschafter unter Umständen noch Jahre später auf (Rück)Zahlung in Anspruch genommen werden, eine Problematik die sich - auch noch rückwirkend - mit anwaltlichem Rat bewältigen lässt.

Sebastian Korts, M.I.Tax, MBA

DE, Köln

Geschäftsführender Gesellschafter

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