Das A und O der Zollprüfung
Das A und O der Zollprüfung

Das A und O der Zollprüfung

Beitrag, Deutsch

Autor: Dr. Frank Sievert

Erscheinungsdatum: 2017


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Für die meisten Unternehmer sind Zollprüfungen, welche regelmäßig die Verzollung von Warenimporten eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Jahren zum Gegenstand haben,  nichts anderes als  unangenehme Störungen des Tagesgeschäfts. Zollprüfungen, deren Rechtsgrundlagen ganz maßgeblich in den § 193 AO ff. geregelt sind, führen zu zusätzlicher Arbeitsbelastung im Unternehmen und nicht eingeplanten organisatorischem  Aufwand. Die vom Zoll in Aussicht gestellten Prüfungstermine kollidieren häufig mit der Ferienzeit, dem Jahresabschluss, wichtigen Messen, Sortimentswechseln oder unternehmensinternen Umstrukturierungen.

Vertrieb, Erschließung neuer Märkte und Kunden sowie Produktentwicklung haben häufig während der Zollprüfung Pause. Die Zollprüfung zwingt zudem im Ergebnis  nicht selten dazu, über Jahre praktizierte Verfahrensweisen in Frage zustellen und weite Teile der Betriebsorganisation neu zu strukturieren. Das damit verbundene Eingeständnis, dass Teile des Unternehmens Verantwortlichkeiten nicht ausreichend wahrgenommen haben und die Organisationsstruktur nicht trägt, wird von den Betroffenen immer wieder als persönlicher Angriff aufgefasst. Häufig rechnet der Unternehmer bereits bei Erhalt der Prüfungsanordnung damit, dass die Folge der Prüfung eine nicht unerhebliche Nacherhebung von Zöllen  sein wird. Die Unternehmensleitung fürchtet häufig zudem, dass sie persönlich mit Bußgeldern oder einem Strafverfahren für Versäumnisse in der Vergangenheit zur Verantwortung gezogen wird. All das muss nicht sein.

Die Vorbereitung der Prüfung unter Einbeziehung aller Beteiligter und Prüfungssimulationen, sogenannte Prüfungsaudits, können ebenso wie die Erstellung von Arbeits- und Organisationsanweisungen an die Einkaufsabteilung, den beauftragten Spediteur und den Vertrieb der bevorstehenden Prüfung  ihren Schrecken nehmen und tatsächliche Risiken realistisch einschätzen lassen. Die vom Zoll zum Zweck der Auswertung der Unternehmensdaten eingesetzte Software ist frei verfügbar, so dass die Ergebnisse der Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden können. Allein, das Wissen um den klar strukturierten Ablauf und Inhalt der Prüfung und die Datenbasis des Prüfers zu Beginn der Prüfung helfen dem Unternehmer, das Vorgehen des Prüfers zu verstehen und hierauf angemessen und im Sinne des Unternehmens reagieren zu können. Im worst case geben die Kenntnisse des Zollprüfungsverfahrens dem Unternehmer  die Gelegenheit noch rechtzeitig eine strafbefreiende Selbstanzeige abzugeben. Argumentativ ist der Unternehmer zudem  durch eine Prüfungssimulation in der Lage, Beanstandungen des Prüfers während der Zollprüfung gelassen zu begegnen, da sie bereits Gegenstand der Prüfungssimulation waren.

Überdies kann eine fachkundig von einem Steuerberater oder im Zollrecht spezialisierten Anwalt  durchgeführte Prüfungssimulation den Unternehmer in die Lage versetzten, die richtigen rechtlichen Schritte zum richtigen Zeitpunkt gegenüber der maßgeblichen Zollbehörde zu wählen. Welcher Unternehmer kennt schon seine Rechte während der Prüfung, weiß um seine Aussageverweigerungsrechte aus der Abgabenordung, oder ist  der Unterschied  zwischen abschließenden Gespräch und einer Schlussbesprechung bewusst. Wer weiß schon, dass nicht nur die Prüfungsabteilung der Zollverwaltung, sondern auch das veranlagende Hauptzollamt in die Prüfung involviert sind. Wer kennt schon die Buß- und Strafsachenstelle der Zollverwaltung und weiß wie der Informationsfluss zwischen nacherhebender Veranlagungsstelle und Zahlstelle verläuft.

Zunächst erhält das Unternehmen immer eine sogenannte Prüfungsanordnung. Bereits gegen diese kann Einspruch aus formalen Gründen eingelegt werden, was zu einer Verzögerung führt. Eine Verzögerung des Prüfungsbeginns ist dann sinnvoll, wenn man bis zum Prüfungsbeginn eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben muss und diese sehr umfangreich zu werden verspricht. Hier führt ein  Mehr an Zeit zu größerer Genauigkeit bei der Abfassung der Selbstanzeige und sichert  damit deren strafbefreiende Wirkung. Die Prüfungsanordnung regelt  die Art der Prüfung (Zollprüfung, Verbrauchssteuerprüfung oder Außenwirtschaftsprüfung) regelt. Weiterhin wird der Umfang der Prüfung in der Anordnung bestimmt und der Prüfer sowie der Prüfungszeitraum genannt.

So sind Schwerpunkte der Prüfung regelmäßig die Überprüfung der Einreihung der aus Drittländern eingeführten Waren in den Zolltarif sowie die Heranziehung des richtigen Zollwerts. Regelmäßig wird im Rahmen einer Zollprüfung von Unternehmen des Maschinenbaus, der Auto- und der Erdölindustrie darum gestritten, ob importierte Waren als Teil einer Maschine oder als Teil mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit einzutarifieren waren. Zollwertrechtlich geht es beispielsweise im Bereich der Textilindustrie häufig darum, ob ein Teil der an den Einkaufskommissionär gezahlten Beträge gar keine Kommissionärstätigkeit abgelten, sondern darüber hinausgehende Tätigkeiten, die den Zollwert erhöhen. Weiterhin unterlassen viele Unternehmen bei der Bestimmung des Zollwertes notwendige Hinzurechnungen je nach vereinbarten Lieferbedingungen, wie Transportkosten bis zur EU-Grenze. Standardmäßig wird von den Zollprüfern ebenfalls die Vollständigkeit der Einfuhranmeldungen abgeprüft, also ob für alle Warenlieferungen Einfuhrabgaben in richtiger Höhe entrichtet worden sind. Regelmäßig treten hierbei Probleme bei Abweichen der Beträge nach Handelsrechnungen von denjenigen der Proformarechnungen auf. Weiterhin gehört die Überprüfung des Vorliegens von Präferenznachweisen zum Kanon dessen was der Prüfer im Fokus hat.

Hier kommt es häufig zu Problemen, wenn die Ursprungserklärung auf der Handelsrechnung fehlt und zum Präferenzzollsatz anstatt zum Drittlandzollsatz verzollt wurde. Im Anschluss an die eigentliche Betriebsprüfung hat das Unternehmen Anspruch auf eine sogenannte Schlussbesprechung, § 201 Abs. 1 AO. Sie bildet erfahrungsgemäß das Kernstück des Zollprüfungsverfahrens, denn hier kann das Unternehmen den größten Einfluss ausüben. Kein Unternehmen sollte auf eine Schlussbesprechung verzichten, denn am Ende einer Schlussbesprechung steht häufig ein nach zähen Verhandlungen erzielter Kompromiss von Zollamt und Unternehmen.

Bevor es zur Schlussbesprechung kommt sollte der Unternehmer eine Zusammenstellung der Feststellungen des Prüfers erbitten. Weigert sich der Prüfer hierzu, wozu er ein Recht hat, empfiehlt es sich den Prüfer hinzuhalten und das avisierte Treffen nur als informelles Treffen zu charakterisieren, das nicht zur Beendigung der Prüfung führen werde. Dies trifft den Prüfer weil er regelmäßig nur ein bestimmtes Kontingent an Stunden für die Prüfung zur Verfügung hat und eine Verzögerung sich bei seinen Vorgesetzten im Rahmen der dienstrechtlichen Bewertung negativ niederschlägt. Die im Entwurf des Prüfberichts  genannten Feststellungen sollten vor der Schlussbesprechung, die immer erst mehrer Wochen nach Abschluss der Prüfung stattfindet, eingehend mit den Importmitarbeitern, der Spedition sowie dem zollrechtlichem Berater des Unternehmens erörtert werden. Zolltarifrechtlich bietet es sich im Zeitraum vor der Schlussbesprechung häufig an, noch zusätzliche warenkundliche Gutachten erstellen zu lassen, oder die einschlägige Rechtsprechung vollständig zu sichten und die Gesetzgebung inklusive der Einreihungsdurchführungsverordnungen zu überprüfen. Präferenzrechtlich kann beim Lieferanten noch die original Ursprungserklärung angefordert werden. Hat das Unternehmen in der Schlussbesprechung eine akzeptable  Einigung mit dem Zoll zu einer umstrittenen Frage erzielt sollte das Verhandlungsergebnis auf Geschäftsjahre erstreckt werden, die nicht Teil der Prüfung waren, was die vom BFH entwickelte sogenannte „tatsächliche Verständigung“ erlaubt.

Kommt der Prüfbericht nach der Schlussbesprechung und sind die Feststellungen nicht im Sinne des Unternehmens erfolgt, so kann man vom Prüfer eine  Frist zur Einwendung beantragen. Die innerhalb der Einwendungsfrist vorgebrachten Argumente werden dann zusammen mit dem Prüfbericht an die auswertende Stelle, regelmäßig das zuständige Hauptzollamt, Sachgebiet D – Abgabenerhebung -, gesandt. Gegen den Nacherhebungsbescheid steht zunächst der Einspruch zur Verfügung, da dieser anders als der Prüfbericht rechtsbehelfsfähig ist.

Dr. Frank Sievert

DE, Hamburg

Rechtsanwalt

Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Frank Sievert

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