Der Management Approach in der IFRS-Risikoberichterstattung von Kreditinstituten (Teil 1)
Der Management Approach in der IFRS-Risikoberichterstattung von Kreditinstituten (Teil 1)

Der Management Approach in der IFRS-Risikoberichterstattung von Kreditinstituten (Teil 1)

Beitrag, Deutsch, 13 Seiten, KoR - Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung

Autor: Dieter Weber

Erscheinungsdatum: 01.02.2012

Seitenangabe: 74-86


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Der management approach in der IFRS-Risikoberichterstattung von Kreditinstituten (Teil 1)

Im ersten Teil des Beitrags werden die materiellen Grundlagen der IFRS-Risikoberichterstattung vorgestellt und die alternativen Berichtskonzepte des management approach sowie des balancesheet approach vorgestellt.

 

 

 

 

 

Gliederung

I. Einleitung
  1. Ausgangslage
  2. Problemstellung
  3. Lösungsansatz
  4. Gang der Untersuchung
II. Grundzüge der IFRS-Risikoberichterstattung
  1. Komponenten der IFRS-Risikoberichterstattung
  2. Risiken und ihre Bemessungsgrundlagen
  3. Risiken als Determinanten der Unternehmenslage
  4. Integration des IFRS-Risikoberichts in den Lagebericht
III. Offenlegungsansätze in der IFRS-Risikoberichterstattung
  1. Management approach
  2. Balance sheet approach
IV. Zusammenfassung zu Teil 1


I. Einleitung

1. Ausgangslage

Der seit dem Jahr 2007 von kapitalmarktorientierten Unternehmen mit Sitz in der EU branchenübergreifend zu beachtende Offenlegungsstandard IFRS 7 "Financial Instruments: Disclosures" umfasst neben Angabepflichten zur Bilanz und zur GuV auch Anforderungen an die Risikoberichterstattung. Die vom August 2005 datierende Erstfassung des IFRS 7 wurde hinsichtlich wesentlicher Teile der risikobezogenen Offenlegung mit den Improvements to IFRS (Mai 2010) überarbeitet und durch Angabepflichten zu ausgebuchten Vermögenswerten ("Disclosures - Transfers of Financial Assets", Amendments to IFRS 7, Oktober 2010) ergänzt. Weitere risikobezogene Transparenzanforderungen enthält der IAS 1 "Presentation of Financial Statements". Die Angabepflichten des IFRS 7 und IAS 1 bilden die Gesamtheit der Regelungen zur IFRS-Risikoberichterstattung. Die Offenlegung beschränkt sich dabei nach überwiegender Lesart des IFRS 7 auf die finanzwirtschaftlichen Kernrisiken - Kreditrisiko, Marktpreisrisiko und Liquiditätsrisiko. Weitere Risiken bleiben unberücksichtigt. Ergänzt werden die Risikoberichtspflichten durch das im Dezember 2010 verabschiedete IFRS Practice Statement "Management Commentary - A framework for presentation" (im Folgenden auch als PS MC bezeichnet), das Empfehlungen für die Lageberichterstattung gibt und dabei auch Risiken einbezieht, die nicht aus Finanzinstrumenten resultieren.

Aus den aktuellen Initiativen des IASB (IFRS 9 mit den Komponenten impairment und hedge accounting sowie dem weiteren Standard "Offsetting Financial Assets and Financial Liabilities" und dem Projekt zu insurance contracts) sind neue risikobezogene Transparenzpflichten, insbesondere zum Kreditrisiko zu erwarten.

Ein Kernelement der IFRS-Risikopublizität stellt der sog. management approach dar. Nach diesem, auch als Managementansatz oder Sicht der Unternehmensleitung bezeichneten Reporting-Ansatz hat die Offenlegung unter Rückgriff auf unternehmensinterne Informationen, die das oberste Management für die Unternehmenssteuerung verwendet, zu erfolgen. Der Managementansatz ermöglicht die Fokussierung der externen Berichterstattung auf entscheidungsrelevante Risikoinformationen und ist damit ein wesentlicher Faktor für eine hochwertige und entscheidungsnützliche risikobezogene Kapitalmarktkommunikation. Darüber hinaus eröffnet dieser Ansatz den bilanzierenden Unternehmen die Möglichkeit, einen unter Wirtschaftlichkeitsaspekten optimierten Offenlegungsprozess zu implementieren und signifikante Synergiepotenziale im Verhältnis zum internen Reporting in methodischer, prozessualer und technischer Hinsicht zu realisieren.

Da Kreditinstitute einer umfangreichen Regulierung durch die Baseler Säule 2 bzw. die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) unterliegen, weisen die für die Offenlegung verwendeten Risikodaten ein hohes Maß an Validität auf, das durch regelmäßige Enforcement-Maßnahmen aufrechterhalten wird. Vor diesem Hintergrund führt die konsequente Anwendung der Sicht der Unternehmensleitung zu einer optimalen Informationsversorgung der Finanzöffentlichkeit unter Beachtung von Wirtschaftlichkeitszielen der berichtspflichtigen Unternehmen.

2. Problemstellung

Der risikoorientierte Teil des IFRS 7 umfasst Regelungen, die unvollständig und in vielen Fällen widersprüchlich sind. Die Normen spiegeln den aktuellen Stand der Praxis des Risikomanagements von Banken nur unzureichend wider und bleiben auch unterhalb des Regelungsniveaus der deutschen handelsrechtlichen Risikoberichterstattung. Diese Unzulänglichkeiten sind die Ursache für drei Kernproblemfelder der Risikoberichterstattung nach IFRS

  1. Eine fundamentale Entscheidung für die Gestaltung der Berichtsinhalte ist die Wahl des Offenlegungsansatzes. Häufig werden die Offenlegungsanforderungen in Literatur und Praxis dahingehend interpretiert, dass bilanzielle Wertansätze für die Offenlegung des Kreditvolumens durchgängig zu verwenden seien. Eine solche Auslegung, die oft nur auf einzelnen Standardpassagen gründet, wird den Hauptprinzipien des Standards - Risikoorientierung und Managementsicht - nicht gerecht. Die Problematik einer bilanzorientierten Standardauslegung wird verschärft durch die Anforderung des IFRS 7, dass die qualitativen Angaben zum Risikomanagementsystem und zur Erläuterung der Risikolage mit dem offengelegten Zahlenwerk zu verknüpfen sind. Werden die risikoorientierten Angabepflichten des IFRS 7 in den Kontext weiterer IFRS-Regularien gestellt, die materiell Normen zur Risikoberichterstattung enthalten, zeigt sich kein anderes Bild: Da die Risikoangaben nach IFRS 7 im Zusammenhang mit den Offenlegungsanforderungen des IAS 1 zum Kapital und zur Kapitaladäquanz zu verstehen sind, führt die bilanzorientierte Auslegung des IFRS 7 zu Inkonsistenzen in der Risikopublizität der berichtspflichtigen Unternehmen.Dieser Befund gilt insbesondere für die Kreditwirtschaft, denn die interne Steuerung von Banken beruht typischerweise nicht unmittelbar auf bilanziellen Wertansätzen, sondern verwendet Bilanzpositionen lediglich als Ausgangsbasis zur Ableitung des Risikoprofils im Kreditgeschäft. Folgt man einer bilanzorientierten Auslegung der risikobezogenen Offenlegungsanforderungen des IFRS 7, sind bereits aufgrund der Diskrepanz zwischen interner Steuerung und bilanziellem Kreditvolumen zusätzliche Angaben zum Kreditexposure aus Managementsicht erforderlich. Eine solche Duplizität in der Offenlegung von Kreditinstituten wäre aber auch aufgrund des von IFRS 7.32A geforderten Gleichlaufs qualitativer und quantitativer Angaben unumgänglich, da nur auf diese Weise das Komplementaritätsgebot zwischen der Darstellung des Risikomanagementsystems bzw. den Erläuterungen des Managements zu Höhe, Struktur und Entwicklung des Kreditvolumens einerseits und dem Zahlenwerk der internen Steuerung andererseits realisierbar ist. Die daraus folgende Parallelität der Reporting-Ansätze würde den Aufbau zweier redundanter Zahlenapparate nach sich ziehen, verbunden mit uneindeutigen Berichtsinhalten und einem drastisch erhöhten Berichtsumfang.
  2. Ein weiteres Problemfeld der aktuellen Ausgestaltung des IFRS 7 liegt darin, dass die konkreten Offenlegungsanforderungen zu Kreditrisiken und Liquiditätsrisiken - ungeachtet des verwendeten Reporting-Ansatzes - lediglich auf die Bemessungsgrundlagen für Risiken abstellen, jedoch nicht die Risiken selbst zum Gegenstand haben. Hier besteht erheblicher Auslegungsbedarf, der im Missverhältnis zu dem hohen Detaillierungsgrad der Regelungen zur Offenlegung der Bemessungsgrundlagen steht.
  3. Schließlich ist die Unvollständigkeit des IFRS 7 hinsichtlich der Risikoabdeckung zu konstatieren. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass die Angabepflichten des IFRS 7 auf unmittelbar aus Finanzinstrumenten erwachsende Risiken beschränkt sind. Nach h.M. handelt es sich dabei um Kreditrisiken, Marktpreisrisiken und Liquiditätsrisiken. Allerdings besteht auch hier ein Auslegungsproblem, denn IFRS 7 reduziert die risikobezogene Offenlegung de facto nicht auf diese Risikoarten und mindestens die Beteiligungsrisiken resultieren ebenfalls aus Finanzinstrumenten. Strittig ist zudem, ob nicht auch für weitere Risiken, wie operationelle Risiken und Geschäftsrisiken, nach dem Wortlaut des IFRS 7 eine Berichtspflicht besteht, sofern sie mit Finanzinstrumenten verbunden sind - auch wenn diese Risiken nicht originär aus ihnen erwachsen. Ungeregelt bleiben jedenfalls Risiken ohne Bezug zu Finanzinstrumenten. Ungeachtet dieser Fragestellungen steht eine - wie auch immer begründete - Beschränkung der Offenlegung auf Finanzinstrumente nicht im Einklang zu den Angabepflichten des IAS 1 hinsichtlich des zur Deckung von Risiken zur Verfügung stehenden Kapitals und zur Verpflichtung, im Fall der Verfehlung der Kapitaladäquanz Angaben zur Bestandsgefährdung des Unternehmens im Sinne einer negativen Fortführungsprognose offenzulegen.

 Die vorliegenden Entwürfe zu weiteren Standards mit risikobezogenen Offenlegungsanforderungen zeigen, dass sich die dargestellten Problemfelder vom IASB bei den geplanten neuen IFRS-Berichtspflichten eher noch verschärfen. Zudem zeichnet sich bei den aktuell diskutierten Ergänzungen ab, dass die mit den bereits in Kraft gesetzten erweiterten Angabepflichten zu ausgebuchten Vermögenswerten begonnene Zersplitterung der IFRS-Risikoberichterstattung weiter Raum greift. Denn die ursprünglich in IFRS 7 eingeräumte Möglichkeit der Auslagerung risikobezogener Angaben aus dem Konzernabschluss in ein management commentary besteht bei der Offenlegung von ausgebuchten Vermögenswerten nicht mehr.

3. Lösungsansatz

Die vorliegende Analyse will im Sinne eines ganzheitlichen Problemlösungsansatzes Wege aufzeigen, wie die mit der IFRS-Risikoberichterstattung verbundenen Zielsetzungen erreicht werden können. Dazu haben die bilanzierenden Unternehmen zunächst den zu verwendenden Reporting-Ansatz unter Beachtung der gesetzlichen Anforderungen eindeutig festzulegen und stringent umzusetzen. Die Formulierungen im Standard bieten in den meisten Fällen ausreichend Handhabe, um die Sicht der Unternehmensleitung anwenden zu können. Widersprüche zwischen einzelnen Normen und Unklarheiten von Regelungen können von den bilanzierenden Unternehmen unter Rückgriff auf das Instrumentarium des IAS 8.10-12 und Verwendung juristischer Auslegungstechniken aufgelöst werden. Dem IFRS-Rahmenkonzept kommt eine Kompassfunktion bei der Evaluierung von Auslegungsfragen zu.

Darüber hinaus sind die Normen des IAS 8.10-12 auch zur Schließung von Regelungslücken heranzuziehen. Dies gilt insbesondere für die Überwindung fehlender Angabepflichten zur Offenlegung von Risikolimiten und die Herstellung einer vollständigen, alle Risikoarten umfassenden Risikosicht, die - i.V.m. den Kapitalangaben - die Voraussetzung für die Einschätzung der Kapitaladäquanz als zentralem Prüfkriterium der Bestandssicherheit von Unternehmen darstellt.

Nicht zuletzt sollen mögliche Handlungsfelder für notwendige Weiterentwicklungen der Regelungen zur IFRS-Risikoberichterstattung durch den Standardsetzer i.S.d. im Abschnitt "Purpose and status" des IFRS-Rahmenkonzepts niedergelegten Zielsetzungen abgesteckt werden.

4. Gang der Untersuchung

Zunächst werden in Abschn. II. die materiellen Grundlagen der IFRS-Risikoberichterstattung vorgestellt. Deren Kenntnis ist erforderlich, um die zentrale Bedeutung des Managementansatzes für die IFRS- Risikoberichterstattung von Kreditinstituten abschätzen zu können. Abschn. III. gibt eine Einführung in die alternativen Reporting-Konzepte. Dabei werden der management approach und der balance sheet approach auf ihre Eignung zur Erreichung der Zielsetzungen der IFRS-Risikoberichterstattung vor dem Hintergrund der Besonderheiten von Kreditinstituten untersucht. Abschn. IV. fasst die wesentlichen Ergebnisse des ersten Teils zusammen.

Abschn. VI. eröffnet den zweiten Teil des Beitrags mit einer Darstellung allgemeiner Prinzipien der IFRS-Risikoberichterstattung, deren Umsetzung die Anwendung des management approach voraussetzt. Abschn. VII. widmet sich den Normen des IFRS 7, in denen der Managementansatz verankert ist. In den darauffolgenden Abschn. VIII. und IX. werden Auswahl und Anwendung der maßgeblichen Offenlegungsansätze bei den spezifischen Angabepflichten zu Kreditrisiken, Liquiditätsrisiken und Marktpreisrisiken untersucht. Abschn. X. greift die Frage auf, inwieweit auch solche Risikoarten in die IFRS-Risikoberichterstattung einzubeziehen sind, die nicht unter die Regularien des IFRS 7 fallen. Zum Ende des Beitrags in Abschn. XI. werden die wesentlichen Untersuchungsergebnisse zusammengefasst. Dem schließt sich ein Abriss über den Handlungsbedarf zur Weiterentwicklung der risikobezogenen IFRS-Regularien an.


Infomation zu den Autoren

Dipl.-Kfm. Dieter Weber ist Prokurist und Projektleiter im Risikocontrolling der DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank, Frankfurt/M. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Verfassers wieder. Der Verfasser dankt Herrn Dipl.-Kfm. Dr. Marcus Zepp (KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt/M.) für wertvolle Hinweise.

Dieter Weber

DE, Gießen

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