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Themenspecial

Der Schutz der Persönlichkeitsrechte gegenüber den Rechten der Presse: Ein Balanceakt

Wir kennen sie alle und werden täglich damit konfrontiert. Die Berichterstattung über das Leben, Wirken und Aussehen von berühmten Menschen und die Skandale rund um internationale Unternehmen und ihre CEOs. 

Gerade bei „pikanten“ Details oder privaten Angelegenheiten, kommt nicht selten die Frage auf, ob die Presse das denn so überhaupt darf. Oft geht es dann um Informationen, die das Liebesleben, die Gesundheitsakte oder politische Gesinnung betreffen. Auch aktuelle Entwicklungen auf Unternehmensebene können brisant sein und schaffen es immer wieder in die Schlagzeilen.

Der Kampf zwischen Medienschaffenden und Betroffenen verliert niemals an Aktualität. Das Problem: Es gibt keinen hieb- und stichfesten Leitfaden, an dem man sich orientieren kann. Was genau ist erlaubt, welche Wörter dürfen verwendet werden, wo sind Grenzen zu setzen und wie weit reicht das Informationsinteresse der Allgemeinheit? All diese Fragen können nur auf eine Art beantwortet werden: Es kommt darauf an. 

Und warum es im Presserecht eigentlich immer auf den Einzelfall ankommt und ein Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht für derartig komplexe Fragestellungen notwendig ist, ergibt sich aus dem Stellenwert beider kollidierender Interessen: Sobald das Allgemeine Persönlichkeitsrecht mit dem Recht auf Pressefreiheit zusammenprallt, prallen nämlich auch zwei Grundrechte zusammen. – Und diese sind grundsätzlich gleichrangig. Was dazu führt, dass kein Recht dem anderen vorzuziehen ist, sondern stets eine Einzelfallabwägung vorgenommen werden muss. Im Streitfall wird daher zur Beauftragung eines Anwalts für Medienrecht geraten, der sämtliche Argumente kennt und strategisch zum Vorteil seines Mandanten darlegen kann. 

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein grundrechtlicher Schutz vor unzulässiger Berichterstattung

Im Grundgesetz muss man ein wenig querlesen, um das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zu finden: Es steht nicht ausdrücklich drin, wurde jedoch durch die Rechtsprechung entwickelt und hat sich als eine Kombination aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zu einem Grundrecht verselbständigt. Das interessante daran ist, dass zwar die Allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG eingeschränkt werden kann, die Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG jedoch ausdrücklich nicht. Wie kann es also überhaupt dazu kommen, dass der konkrete Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Einzelfällen erstritten werden muss?  Nun, das Allgemeine Persönlichkeitsrecht ist primär durch die Handlungsfreiheit geprägt und meint damit vor allem den Schutz vor Gefährdungen der freien Persönlichkeitsentfaltung. Die Menschenwürde kommt dabei nur im Kern zum Tragen. 

Sachverhalte, bei denen es um Persönlichkeitsrechte geht, lassen sich nämlich in sogenannte Sphären unterteilen. Man kann sich das Ganze wie eine Pyramide vorstellen, wobei der Schutz zur Spitze hin immer stärker wird: Ganz unten haben wir die Sozialsphäre. Sollte die Presse Informationen über Dinge verbreiten, die der Betroffene selbst durch sein Auftreten und Handeln in der Öffentlichkeit nach außen getragen hat, so ist der persönlichkeitsrechtliche Schutz am schwächsten und die Pressefreiheit wird am wenigsten eingeschränkt. Die zweite Ebene bildet die Privatsphäre. Hier ist der persönlichkeitsrechtliche Schutz stärker ausgeprägt, aber noch nicht absolut. Informationen, die das familiäre Zusammenleben oder Freundschaften etc. betreffen, fallen klassischerweise darunter. Die Spitze der Pyramide und damit der absolut unantastbare Bereich des Persönlichkeitsrechts ist die Intimsphäre, da hier die Menschenwürde am empfindlichsten angegriffen werden könnte. Zur Intimsphäre gehören u.a. die Gedanken- und Gefühlswelt (bspw. Tagebuch), der medizinische Intimbereich und das Sexualleben (bspw. Nacktbilder, Affären) und grundsätzlich Informationen, die die Gesundheit betreffen. -Sofern diese nicht ausschlaggebend für die Funktion der Person in der Öffentlichkeit sind und diese dann zumindest in Bezug auf die „Funktionsfähigkeit“ ein berechtigtes Informationsinteresse hat. Ein aktuelles Beispiel findet man im britischen Königshaus. Durch eine öffentlich bekanntgegebene Krankheit können mit dem öffentlichen Amt verbundene Pflichten nicht wahrgenommen werden. Das Informationsinteresse der Allgemeinheit ist damit allerdings bedient. Details zur Krankheit unterfallen der Intimsphäre und sollte durch ungewollte Umstände die Krankenakte öffentlich gemacht werden, so wäre die Berichterstattung darüber wohl unzulässig. 

Aber Achtung: Sollte eine betroffene Person sich in der Vergangenheit öffentlich zu einem Thema geäußert haben, das der Privat- oder Intimsphäre unterfällt, so spricht man von der Selbstöffnung und die Presse muss sich in Bezug auf dieses konkrete Thema nicht einschränken lassen. 

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Pressefreiheit kollidieren zwar vor allem dann öffentlichkeitswirksam, sobald es sich um berühmte Personen oder Geschehnisse der Zeitgeschichte wie etwa politische Veranstaltungen handelt. Aber auch natürliche Personen sind persönlichkeitsrechtlich geschützt. Hier müssen die Medienunternehmen sogar noch größere Vorsicht walten lassen, um nicht in die unzulässige Berichterstattung zu rutschen. Der Schutzbereich der Privatsphäre ist hier nämlich sehr viel weiter gefasst. 

Auf regelmäßigem Kollisionskurs stehen übrigens nicht nur das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Rechte der Presse. Auch die besonderen Persönlichkeitsrechte wie das Recht am eigenen Bild, der strafrechtliche Ehrenschutz oder die Urheberpersönlichkeitsrechte (Namensnennung etc.) spielen eine große Rolle in diesem Balanceakt. Sie werden einfachgesetzlich u.a. im KUG, StGB oder UrhG geregelt, fallen im Kern jedoch immer auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zurück. 

Unternehmen haben auch Persönlichkeitsrechte

Die Presse berichtet gern über Unternehmensskandale. Dabei muss es nicht immer um konkrete Personen in bspw. Führungspositionen gehen. Steht das Unternehmen an sich im Mittelpunkt einer Berichterstattung, muss die Presse dessen Unternehmenspersönlichkeitsrecht beachten. Zwar ist der Schutzbereich nicht annähernd so weit gefasst wie beim Allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Der Menschenwürdekern entfällt logischerweise. 

Aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG ergibt sich jedoch ein solides Grundrecht, welches den sozialen Geltungs- und Achtungsbereich eines Unternehmens schützt. – Unter anderem vor unzulässiger Berichterstattung. Unzulässig meint hier nicht negativ. Vielmehr geht es um unwahre Tatsachenbehauptungen oder rein spekulatives Insiderwissen, die dem Unternehmen schaden könnten. 

Pressefreiheit als medienrechtliche Säule der Demokratie – Presserecht im digitalen Zeitalter

Die Pressefreiheit ist Grundlage des Presserechts. Dabei handelt es sich um ein Teilgebiet des Medienrechts. Daher ist bei presserechtlichen Streitigkeiten ein Anwalt für Urheber- und Medienrecht der beste Ansprechpartner. 

Das Presserecht garantiert einerseits den Journalisten und Medienschaffenden Rechte und Freiheiten, schützt aber andererseits auch sowohl die Verbraucher vor bspw. Fake News als auch Menschen, deren Persönlichkeitsrechte bei Berichterstattungen berührt werden. Ebenso werden Unternehmen vor Negativpresse geschützt – sofern sie etwa unwahre Tatsachenbehauptungen enthält. 

Die Pressefreiheit ist hierzulande ein Grundrecht und nimmt dementsprechend einen hohen Stellenwert für die Demokratie und freie öffentliche Willensbildung ein. In Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG wird der Begriff der „Presse“ verwendet. Ursprünglich wurden darunter ausschließlich Druckerzeugnisse verstanden, wie Zeitungen oder andere periodisch erscheinende Schriften. Aufgrund der enormen Wichtigkeit für die Gesellschaft und dem vorherrschend digitalen Zeitalter wird der Begriff heute allerdings weit ausgelegt und der Schutzbereich umfasst in der Praxis nun ebenso die unkörperlichen Medienauftritte mit journalistischem Hintergrund im Internet. Sofern die Inhalte für die Öffentlichkeit zusammengetragen, aufbereitet und im Interesse der Leser oder Zuschauer veröffentlicht werden, kommt in der Regel die Pressefreiheit zum Tragen. Heutzutage würde man nämlich beim Festhalten an alten Begrifflichkeiten aus Zeiten weit vor der Digitalisierung die Rechte der Presse unverhältnismäßig einschränken. 

Einfachgesetzlich ist das Presserecht bundesweit nicht einheitlich geregelt, da dies Ländersache ist. Das heißt, dass jedes Bundesland sein eigenes Landespressegesetz hat. Dort sind ausführlich die Rechte und Pflichten der Presse geregelt. 

Daneben gibt es noch den Medienstaatsvertrag, der 2020 den Rundfunkstaatsvertrag abgelöst hat und explizit die Rechte und Pflichten der Rundfunk- und Telemedienanbieter für das gesamte Bundesgebiet vorgibt. 

Neu ist das Digitale-Dienste-Gesetz, das 2024 das Telemediengesetz abgelöst hat. Der digitale Wandel hat einen sicheren Rechtsraum für Verbraucher notwendig gemacht; hier werden vor allem die Diensteanbieter und Webseitenbetreiber in die Verantwortung gezogen. Durch die gesetzlichen Verschärfungen kann es allerdings auch vorkommen, dass die Presse mehr eingeschränkt wird als es davor der Fall war. Das Digitale-Dienste-Gesetz ist allerdings noch sehr jung und Schwierigkeiten beim Auslegen des Wortlauts sind daher keine Seltenheit. Unsere Anwälte für Urheber- und Medienrecht empfehlen daher, bei Unsicherheiten einen Spezialisten zu konsultieren. 

Persönlichkeitsrechtliche Besonderheit: Sorgfaltspflichten der Presse bei Verdachtsberichterstattung

Die Aufgaben der Presse liegen zwar im Bereich der öffentlichen Meinungsbildung und dem Befriedigen des allgemeinen Informationsinteresses, doch Vorverurteilungen sind unzulässig. Es gelten die Grundsätze für Verdachtsberichterstattung. Die Presse muss sich daran halten, egal ob es um strafrechtlich relevante Sachverhalte (bspw. Berichterstattung über aktuelles Ermittlungsverfahren) oder andere ggf. reputationsschädigende Anschuldigungen, wie etwa Gerüchte über bevorstehende Insolvenz eines Unternehmens, geht. 

Die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung sind überschaubar. Dennoch kommt es nicht selten vor, dass dagegen verstoßen wird und die Betroffenen sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sehen. Sobald dies geschieht, ist schnelles Handeln erforderlich. Ein Anwalt für Medienrecht wird sofort einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen und somit den Anspruch seines Mandanten auf Löschung und Unterlassung der verletzenden Berichterstattung oder Teile dessen im Eilverfahren durchsetzen. 

Zusammengefasst

Der Schutz der Persönlichkeitsrechte gegenüber den Rechten der Presse ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Balanceakt. Kollidieren das Allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere besondere Persönlichkeitsrechte wie das Recht am eigenen Bild mit der Pressefreiheit, muss zwischen beiden Grundrechten abgewogen werden. Missverständnisse kommen hier oft bei der Unterscheidung zwischen Privatsphäre und Intimsphäre auf. Verletzungen der Intimsphäre sind stets unzulässig. Ausnahmen bestehen dann, wenn sich Betroffene zuvor bereits zu diesem konkreten intimem Thema öffentlich geäußert haben.

Unternehmen haben ein Unternehmenspersönlichkeitsrecht und müssen keine reputationsschädigende Berichterstattung hinnehmen, wenn diese unwahre Tatsachen enthält. Ob es sich in der Auslegung um Spekulationen, Meinungsäußerungen oder Tatsachenbehauptungen handelt, kann ein Anwalt für Medien- und Presserecht feststellen. Kanzlei.law rät betroffenen Unternehmen daher dringend, einen Experten zu konsultieren. 

Die Pressefreiheit ist als sogenannte „4. Gewalt“ neben der Gesetzgebung, vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung eine wichtige Säule für unser demokratisches Wertesystem. Eine Zensur darf nicht stattfinden. Werden die Befugnisse allerdings überschritten, stehen Betroffenen Abwehransprüche zu. Im Eilverfahren können Ansprüche auf Löschung und Unterlassung durchgesetzt werden. Außergerichtlich und im „normalen“ Klageverfahren können zudem noch Ansprüche auf Schadensersatz und in seltenen Fällen Geldentschädigung durchgesetzt werden.