Die Europafähigkeit der Kommunen am Beispiel der Regelungen zu institutionalisierten öffentlich-privaten Partnerschaften
Die Europafähigkeit der Kommunen  am Beispiel der Regelungen zu  institutionalisierten öffentlich-privaten Partnerschaften

Die Europafähigkeit der Kommunen am Beispiel der Regelungen zu institutionalisierten öffentlich-privaten Partnerschaften

Beitrag, Deutsch, 25 Seiten, Verlag Dr. Kovač

Autor: Andrea Hanisch, M.A.

Herausgeber / Co-Autor: Gerald G. Sander

Erscheinungsdatum: 2010

ISBN: 3830043880

Quelle: in: Wasser, Strom, Gas: Kommunale Daseinsvorsorge im Umbruch

Seitenangabe: 165-190


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Im Mehrebenensystem der Europäischen Union suchen die Kommunen nach wie vor nach ihrem Platz in diesem Gefüge. Die Integration der verschiedenen föderalen Ebenen in die Prozesse der Europäischen Union ist eine der großen Herausforderungen an Kommunen wie Europäische Union mit ihren Organen gleichermaßen. Zugleich wurde der Einfluss der Europäisierung auf die lokale Ebene und die daraus erwachsenden Anforderungen an die Kommunen in der Literatur lange Zeit vernachlässigt. <1> Die Literatur zum politischen System der EU geht grundsätzlich von einem Drei-Ebenen-System aus (Europäische Ebene, Staatliche Ebene, erste föderale Stufe). Möchte man die Kommunen in die Struktur des Mehrebenensystems der EU aufnehmen, so müsste man von einer vierten Ebene – der kommunalen – ausgehen. <2> Erste Untersuchungen in diesem Feld zeigten, dass die Einflussmöglichkeiten der Kommunen auf europäische Entscheidungsprozesse wenig institutionalisiert sind und kaum wahrgenommen werden. Dies äußert sich nicht zuletzt an einer immer noch sehr seltenen Teilnahme der einzelnen Kommunen an Konsultationsverfahren der Europäischen Kommission und einer starken Unterrepräsentation im Ausschuss der Regionen. <3> Die Europafähigkeit der Kommunen zeigt sich damit nicht zuletzt in ihrer Reaktion auf Entscheidungen aus Brüssel, sondern auch in ihrer Aktion, Einfluss auf diese Entscheidungsprozesse zu nehmen. Die Notwendigkeit für diese Handlungsdimensionen ergibt sich aus dem Spannungsfeld zwischen der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 II GG, der daraus erwachsenden Organisationshoheit der Kommunen in ihrer Aufgabenerledigung und den Freiheiten des europäischen Binnenmarktes.
 

In Studien des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) zu den EU-Aktivitäten deutscher Städte und Gemeinde wurde ersichtlich, dass die aktive Handlungsdimension primär von Größe und Status der Kommune abhängig ist. <4> So finden sich zentrale und gemischte (zentrale und dezentrale) Formen der Organisation der EU-Aktivitäten überwiegend bei Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern. In kleineren Kommunen dominiert dagegen die dezentrale Organisationsform. <5> Die Studie zeigt zudem, dass die Handlungsdimension der Reaktion durch Informationsbeschaffung, Koordination und Beratung der Fachabteilungen deutlich stärker ausgeprägt ist als die Handlungsdimension der Aktion, z.B. in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und „EU-Kontaktpflege“. Besonders auffällig war die starke Fokussierung der befragten Kommunen auf die Beschäftigung mit EU-Förderprogrammen und der damit in starkem Kontrast stehenden niedrig priorisierten Beschäftigung mit kommunalpolitisch bedeutsamen EU-Richtlinien und Verordnungen. Dies ist umso bemerkenswerter als viele Kommunen angaben, dass die Auswirkungen des Europarechtes durch Richtlinien und Verordnungen stark spürbar sind, vor allem in Bereichen wie dem Vergaberecht. Insgesamt wurden alle Aspekte, die das Europarecht betrafen, von den Kommunen als schwierig und der zeitliche Aufwand für die Informationsbeschaffung als sehr hoch bewertet.
  

Im Ergebnis verwundert besonders die Differenz zwischen dem wahrgenommenen Einfluss, den das Europarecht auf das Handeln der Kommunen hat, einerseits und der Beschäftigung mit eben diesen Themen anderseits. Es stellt sich somit die Frage, ob sich die Kommunen zur Stärkung ihrer Europafähigkeit nicht intensiver mit den für sie relevanten EU-Richtlinien und Verordnungen auseinandersetzen müssen. Welche Ergebnisse bei einer solchen Auseinandersetzung mit einem spezifischen Thema denkbar wären und welchen Einfluss auf die Organisationsgestaltung der Kommunen dies haben kann, wird in diesem Beitrag am Beispiel der europarechtlichen Regelungen zu institutionalisierten öffentlich-privaten Partnerschaften dargestellt werden.



<1> Vgl. Krause, Mehrebenengovernance in der EU. Deutsche Mitwirkung an der Rechtssetzung. Wiesbaden 2008, S. 51.
<2> Vgl. Münch, Emanzipation der lokalen Ebene? Kommunen auf dem Weg nach Europa. Wiesbaden 2006, S. 82; Hoffschulte, Kommunen in Europa – Die bürgernahe Basis in einem Europa der vier Ebenen, In: Aleman/ Münch (Hrsg.): Europafähigkeit der Kommunen. Die lokale Ebene in der Europäischen Union. Wiesbaden 2006, S. 63 ff
<3> Vgl. Krause, Mehrebenengovernance in der EU, S. 51. Etwas mehr Einfluss nehmen die Kommunen inzwischen über nationale Spitzenverbände wie z.B. den Deutschen Städte- und Gemeindebund, den Deutschen Städtetag und den Deutschen Landkreistag, und deren europäische Verbündete wie z.B. der RGRE und der CEEP, die mit Verbindungsbüros in Brüssel die Interessenvertretung vor Ort wahrnehmen und die Kommunen mit Informationen versorgen.
<4> Vgl. Heinz/ Jonas/ Lorke: EU-Aktivitäten deutscher Städte und Gemeinden. Difu-Materialien 05/2006, zuvor bereits 1997 durchgeführt.
<5> Ähnliche Unterschiede aufgrund von Größe und Status wurden bereits in zahlreichen anderen kommunalpolitischen Studien dargestellt, so z.B. für Privatisierungen bei Killian: Ausgliederung und Privatisierung in Kommunen – empirische Befunde zur Struktur kommunaler Aufgabenwahrnehmung. Berlin 2006 und für öffentlich-private Partnerschaften zudem bei Janetschek: Privatisierungen und ÖPP als Ausweg? Kommunalfinanzen unter Druck – Handlungsoptionen für Kommunen. Frankfurt a.M. 2007
 
 

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