E-Mail-Kommunikation: Auf dem Weg zum digitalen „Information-Overkill“...
E-Mail-Kommunikation: Auf dem Weg zum digitalen „Information-Overkill“...

E-Mail-Kommunikation: Auf dem Weg zum digitalen „Information-Overkill“...

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E-Mail-Kommunikation: Auf dem Weg zum digitalen „Information-Overkill“... 

Aufgrund der Flut an Informationen, mit denen E-Mail-Nutzer mittlerweile überschüttet werden, wird die digitale Kommunikation jedoch für viele Nutzer immer mehr zum Stress und für die Unternehmen zum Problem.

Orts- und zeitunabhängig, einfach zu handhaben und dazu noch extrem kostengünstig, ist die E-Mail-Kommunikation aus dem geschäftlichen und privaten Alltag kaum mehr wegzudenken. Aufgrund der Flut an Informationen, mit denen E-Mail-Nutzer mittlerweile überschüttet werden, wird die digitale Kommunikation jedoch für viele Nutzer immer mehr zum Stress und für die Unternehmen zum Problem.

Jeden Tag werden rund 60 Milliarden E-Mails an über 500 Millionen Personen mit einer digitalen Postadresse verschickt - Tendenz steigend. Die digitale Welt schafft eine enorme Vernetzung geistigen Potenzials und führt zu signifikanten Ersparnissen an Zeit und Kosten. Eine der größten digitalen Errungenschaften ist das E-Mail: Ressourcen werden gebündelt, Arbeitsprozesse durch raschen Informationsaustausch beschleunigt und die Entscheidungswege verkürzt. Die Unternehmenskommunikation ist durch E-Mail revolutioniert worden. Um jedoch die Vorteile der Online-Kommunikation im Unternehmen ausschöpfen zu können und nicht in einem digitalen „Information-Overkill“ unterzugehen, müssen im Umgang mit diesem elektronischen Kommunikationsmedium bestimmte Regeln und Aspekte beachtet werden.
"Information Overflow" vermeiden

„Schicken Sie mir Ihren Entwurf bitte per E-Mail rüber“, so ist es sogar in kleinen Büros zu hören. Lange Zeit war E-Mail eine reine Bereicherung. Heute ist sie für die meisten Unternehmen die tragende Säule der gesamten Unternehmenskommunikation, erklärt E-Mail Berater Günter Weick von SofTrust Consulting. Für viele Unternehmen ist wettbewerbsentscheidend, wie effizient sie relevante Informationen erkennen, bearbeiten und kommunizieren können.

E-Mailen ist ein schnelles und lokal unabhängiges Kommunikationsmedium, das im Schriftverkehr überstürzt zu informeller Tonalität verführt, man einfach gerne drauf los schreibt. „Menschen können so schneller zueinander finden als bisher“, vermutet Weick. Gleichzeitig bekommen Mitarbeiter jedoch auch von flüchtig bekannten Geschäftspartnern, Kollegen und Kunden E-Mails als Kopie (Carbon-Copy), deren Information sie meist nicht brauchen.

Das richtige Maß finden

Immerhin kann man damit bequem vermitteln, was und wie viel das Ego produziert. Besonders aber auch, mit welch wichtigen Personen man kommuniziert: ein virtuelles Machtspiel per Mausklick. Dieser digitale Weiterleitungswahnsinn ist insbesondere bei der Weitergabe von vertraulichen Informationen mit Vorsicht zu genießen. Von daher gilt für die E-Mail-Kommunikation:

Aussagekräftige Betreffzeilen. Kurze und knappe Formulierung bzw. Übermittlung der „Botschaft“ / Information
Gezielte Auswahl der Empfänger (keine wahllose Verwendung von „Cc“ bzw. „Bcc“)
Keine erschöpfenden digitalen Diskussionen
Bitte auch dringend vermeiden: Terminabsprachen per E-Mail zu machen. „Mitarbeiter sollen wieder mehr telefonieren“, rät Roman Soucek, Kommunikationsforscher an der Universität Erlangen-Nürnberg. Am Telefon wird klar, worum es geht und was der Gesprächspartner will. Denn das synchrone Medium bietet etwas Unentbehrliches: Direktes Feedback. Der angenehme Nebeneffekt direkter Kommunikation liegt auf der Hand. Die persönlichen Netzwerke werden durch zusätzlich transportierte Informationen gepflegt und dauerhaft ausgebaut. Ein bisschen Smalltalk schadet niemand. Im Gegenteil: Sie profitieren davon.

Ziel- und bedarfsorientiert kommunzieren
Insbesondere Abteilungen im Marketing, Vertrieb und Kundenservice werden aufgrund ihrer intensiven Kommunikationsdichte und Kundennähe von der visuellen Reizüberflutung spürbar belastet. „Da war man eine Woche im Urlaub, und dann sind da über 250 Mails im Posteingang“, beschwert sich ein Servicemitarbeiter.

Überflüssige Angebote und ungewollte Newsletter füllen die virtuellen Papierkörbe der Büros. Die Spam-Flut wird insbesondere für Unternehmen immer stärker zum Problem: Der Empfänger muss Unmengen von E-Mails selektieren, zumindest oberflächlich anlesen und inhaltlich interpretieren. Notwendige Rekonstruktion ist mühsam: Warum wurde die E-Mail verschickt? Was will der Absender überhaupt von mir?

E-Mail lässt sich optimal an die Bedürfnisse im Betrieb anpassen. Bei der Bewältigung der digitalen Informationsflut helfen analoge Soft Skills, die im Kopf beginnen: „Priorisierung ist Basis effizienter E-Mail-Kommunikation“, analysiert Julia Knorr, Diplom-Psychologin in München. Manager müssen sich konsequenter vom Posteingang abgrenzen, indem bestehende Projekte reibungslos miteinander komponiert werden. Es geht darum, einen Führungsstil zu entwickeln, der klar regelt, wann E-Mails angebracht sind und auf welche Weise sie bearbeitet werden. Von wahllosem Verfassen und Beantworten profitiert niemand.

Empfängerorientiert schreiben

Die Herausforderung: E-Mails bedürfen eines neuen Kommunikationsverhaltens, das sich von gewohnten analogen Medien durch spezifische Bezüge und klare Strukturen abgrenzt. „Unternehmen müssen eine Metakompetenz entwickeln, wann online und offline kommuniziert wird“, ist sich Kommunikationsforscher Soucek sicher.

Vermittlung von Tatsachen per E-Mail ist in Ordnung, Informationen mit hohem Interpretationsbedarf sind dagegen tabu. Der fehlende Ton von einem persönlichen Gespräch - wichtige Nebeninformationen durch Mimik und Gestik inklusive - wird gerne durch provisorische Sonderzeichen ersetzt. Dabei werden Satzfragmente, Umgangssprache, lokale Dialekte und firmeninterne Slangs gepflegt. Originalität scheint demnach in vielen E-Mails wesentlich wichtiger zu sein als der rasch zugängliche Inhalt.

Wie kommt das analoge Hirn mit diesen digitalen Prozessen klar? „Ich muss mir mein E-Mail-Programm zu Eigen machen“ rät Soucek. Also nicht von üppigen Spielereien wie Klingeltönen und Einblendungen verrückt machen lassen: Einfach abschalten. Der Großteil davon provoziert Überraschungsmomente, die spürbar von der Bearbeitung komplexer Aufgaben ablenken, die Arbeitsleistung deutlich mindern.

Soziale Kompetenz entwickeln

E-Mailen ist Gegenstand des täglichen Zeitmanagements, solange keine Hauptbeschäftigung im Direktmarketing vorliegt. Lieber zwei Stunden am Tag dafür reservieren, als im Minutentakt unterbrochen zu werden. Klare Abgrenzung von ablenkenden Einblendungen neuer Nachrichten muss sein. Modernes Multitasking ist lediglich ein charmanter Versuch, mit möglichst vielen Aufgaben gleichzeitig zu jonglieren. Das Ergebnis davon ist meist suboptimal.

„Die Kunst ist, so zu kommunizieren, dass man genau das bekommt, was man will“, fasst Diplom-Psychologin Knorr zusammen. Daher: Relevante Informationen prägnant darstellen, um ermüdende Interpretation zu vermeiden. Auf unpräzisen Zeichenwirrwarr sollte komplett verzichtet werden, damit der Empfänger klar weiß, worum es geht.

Eine virtuelle Sozialkompetenz muss entwickelt werden. In der analogen Welt heißt das Teamarbeit. Der digitale Versand muss der analogen Arbeitsstruktur im Unternehmen angepasst werden. Dies ist mit Kollegen gründlich zu vereinbaren. Es kann so aussehen: Die Sekretärin sortiert den Posteingang zwischen Chefsessel und Vorzimmer in definierte Ordner. Wichtige Informationen werden sofort von ihr zusammenfasst, je nach Priorität ausdruckt und mit entsprechender Notiz dem Chef auf den Tisch legt. Texte sind am Bildschirm anstrengender zu lesen, als auf einem übersichtlich gefassten DinA4-Dokument.

Richtig strukturieren

Nach einer repräsentativen Umfrage von TNS Emnid im Auftrag von "Süddeutsche Zeitung Wissen" 10/06 entwickelt sich die elektronische Post zunehmend zum Arbeitszeit-Killer. Neue E-Mails werden schnell gelesen, gab mehr als ein Viertel der Befragten an. Jedoch mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer fühlt sich von diesem wachsenden Informationsvolumen und dem Zeitdruck, sofort reagieren zu sollen, belastet. Dringend Eingänge werden sogar noch nach Feierabend bearbeitet - von zu Hause aus.

Priorisierung und Selbststrukturierung sind wichtiger als je zuvor. Laut Nathan Myhrvold, Ex-Technologie-Chef von Microsoft, ist E-Mail zur Jahrtausendwende sogar „die rüdeste Form der Kommunikation, die bislang erfunden worden ist“. Auch Manager müssen sich vom Glauben lösen, dass eine digitale Anfrage mit verschickter E-Mail vorerst vom Tisch ist. Denn wenn ich davon ausgehe, dass der Angefragte nach meinem Versand kurzfristig antwortet, frage ich mich nach einer Woche immer noch, warum er das noch nicht getan hat. Ohne zu wissen, das er lediglich im Urlaub war. Daher der Grundsatz: Bei E-Mail nicht drängeln und Geduld haben. Dringendes per Telefon abklären, um Pannen zu vermeiden.

Qualifiziert im Team kommunizieren

Die so genannte „Netiquette“ bietet eine grundlegende Empfehlung: Vergessen Sie niemals, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt! Das bedeutet für die erfolgreiche Übermittlung von Nachrichten: Tonfall und Inhalt gegenüber dem adressierten Publikum angemessen wählen, um möglichst viele Leser in der ursprünglich analogen Form zu erreichen.

„Die aktuelle E-Mail-Kultur ist zum überwiegenden Teil Ergebnis einer Evolution, nicht das einer bewussten Gestaltung“, erwidert E-Mail Berater Weick. Ein beliebiger Umgang mit elektronischer Post wirkt sich schnell in Frustration, Missverständnis und abnehmender Produktivität aus. Durchdachte Praxis wiederum wird mit guten Informationen, schnellen Organisationsabläufen und einem angenehmen Arbeitsklima ausgezeichnet.

Erfolgreiche Unternehmer haben die Herausforderung von Online-Kommunikation erkannt und E-Mail-Kulturen gemeinsam mit ihren Mitarbeitern abgestimmt. „Unternehmen müssen fest definierte Richtlinien entwerfen, die am konkreten Projekt orientiert sind“, empfiehlt der Kommunikationsforscher Soucek.

In amerikanischen Unternehmen werden „Policys“ entwickelt, während in Deutschland noch allgemein über lähmende technische Details gesprochen wird. Unzählige Ratgeber überfluten Unternehmen mit unspezifischen Regeln und Erfolg versprechenden Zehn-Punkte-Plänen, welche in der Praxis meist nichts bringen. Um die Grundlage für effiziente E-Mail-Kommunikation zu schaffen, sollten unter anderem folgende Fragen gemeinsam mit den Mitarbeitern erörtert und geklärt werden:

Wie viel Zeit braucht der Kommunikationspartner, um auf meine Nachrichten zu antworten?
Wie verpacke ich meine Informationen am Besten, damit der Adressat möglichst schnell versteht, worum es mir geht?
Welche Medienkanäle im Sinne einer einheitlichen E-Mail-Kultur passen zu meiner konkreten Situation?
Wurde bisherige Korrespondenz auf die Frage zusammengefasst, welche das grundlegende Anliegen klar macht?
Spreche ich die Sprache meines Empfängers, habe ich den richtigen Ton gewählt?

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