Beitrag, Deutsch
Herausgeber / Co-Autor: Robert Mudter
Erscheinungsdatum: 2015
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Eine sehr praxisrelevante Konstellation: Die wirksame Befristung eines Arbeitsvertrages kann auch über § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG vorgenommen werden. Demnach liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn dieser auf einem gerichtlichen Vergleich beruht. Der Gesetzgeber geht hier davon aus, dass die Parteien durch die Moderation des Arbeitsgerichts eine hinreichende Kontrolle stattgefunden hat. Eine weitere Befristungskontrolle wird daher bei einem solchen gerichtlichen Vergleich nicht mehr durchgeführt. Dies wurde naturgemäß in der Praxis häufig genutzt um erneut rechtswirksam eine Befristung vereinbaren zu können, auch wenn andere Möglichkeiten nicht mehr zur Verfügung standen. So etwa, wenn aufgrund einer Vorbeschäftigung eine Zeitbefristung nicht mehr darstellbar ist. Oft einigten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darauf den Vertrag befristet fortzusetzen und ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht wurde „irgendwie“ herbeigeführt um die Befristung gerichtlich protokollieren zu lassen. Häufig erfolgt nicht erst in der mündlichen Verhandlung zum Gütetermin sondern bereits zuvor im Wege der Protokollierung eines Vergleichs im schriftlichen Verfahren (§ 278 Abs. 6 ZPO).
Diese geübte Praxis ist aufgrund des Urteils des Bundesarbeitsgerichts BAG vom vom 12.11.2014 (Az.: 7 AZR 891/12) nur noch in Grenzen möglich. Das BAG läßt eine Befristung durch gerichtlichen Vergleich nur noch zu, wenn zwischen den Parteien tatsächlich ein „offener Streit über den Fortbestand des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses“ bestand. Vergleiche in anderen arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen, wie etwa über die Wirksamkeit einer Abmahnung die Zahlung eines Vergütung ermöglichen keine rechtswirksame Befristung gem. § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG mehr. In diesen Fällen geht das BAG von einer missbräuchlichen Vertragsgestaltung aus, mit der Folge, dass sich der Arbeitnehmer (spätestens) innerhalb von drei Wochen nach Befristungsablauf auf die Unwirksamkeit der in dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbarten Sachgrundbefristung berufen kann, mit der Folge, dass die gewünschte Rechtsklarheit gerade nicht herbei geführt wurde.
Konsequenzen
Die aktuelle Entscheidung des BAG zwingt Arbeitgeber, in Fällen, in denen weder eine Zeit- noch eine Sachgrundbefristung möglich sind, die Befristung mittels eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs nur noch dann in Erwägung zu ziehen, wenn sich die Parteien tatsächlich in einer „echten“ Bestandschutzstreitigkeit befinden. Der Weg über irgendeine arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung scheint versperrt. Auch wenn es um eine reale Bestandsstreitigkeit geht empfiehlt Fachanwalt für Arbeitsrecht Robert Mudter, dass die Parteien nicht lediglich eine übereinstimmenden Vergleichsvorschlag einreichen und das Gericht um Beschlussfassung bitten (§ 278 Abs. 6, S. 1, 1. Alt. ZPO), sondern darauf achten, dass der Vergleichsvorschlag durch das Arbeitsgericht unterbreitet wird. Nach der Entscheidung des BAG vom 15.02.2012 (Az.: 7 AZR 734/10) ist nur der nach einem vorherigem gerichtlichen Vergleichsvorschlag zustande gekommene Vergleich als Befristungssachgrund gem. § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBFG geeignet. Wird in einem Beschluß lediglich die Einigung der Parteien festgehalten, ist die Befristung unwirksam und der Arbeitnehmer kann diese nachträglich noch angreifen.
Gerade auch bei Kettenbefristungen ist nach wie vor zusätzlich eine Mißbrauchskontrolle durchzuführen. Auch der im Rahmen einer „echten“ Streitigkeit zustande gekommene gerichtliche Befristungsvergleich kann unwirksam sein, wenn dieser den Abschluss rechtsmissbräuchlicher Kettenbefristungen herbeiführen soll. Diese umfassende Mißbrauchskontrolle hat das BAG mit seiner grundlegenden Entscheidung vom 18.07.2012 (Az.: 7 AZR 443/09) aufgestellt. Das BAG stellt hier den Grundsatz des institutionellen Rechtsmissbrauchs auf. Ein solcher Rechtsmissbrauch kann bei mehrfacher Überschreitung der sachgrundlosen Höchstbefristungsdauer und einer Vielzahl von Befristungsabreden vorliegen. Diese Missbrauchskontrolle ist auch auf einen solchen gerichtlichen Vergleich anzuwenden.
Fazit
Die Befristungskontrolle ist erneut verschärft worden. Das BAG möchte die Versuche der Umgehung der Rechtsprechung aushebeln. Die Praxis wird sich auf diese Verschärfung in der Rechtsprechung einzustellen müssen. Die Vorgaben sind gemacht und für kreative Gestaltung verbleibt nach wie vor Raum, der im Interesse der Parteien genutzt werden kann.
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