Grau, teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum. - Goethes Faust und die Rechtsprechung deutscher Gerichte
Grau, teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum. - Goethes Faust und die Rechtsprechung deutscher Gerichte

Grau, teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum. - Goethes Faust und die Rechtsprechung deutscher Gerichte

Aufsatz, Deutsch, 6 Seiten, Zeitschrift für das Juristische Studium (ZJS)

Autor: Prof. Dr. Arnd Diringer

Erscheinungsdatum: 20.10.2001

Seitenangabe: 601-606


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Grau, teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum
Goethes Faust und die Rechtsprechung deutscher Gerichte


Inhalt


In dem Beitrag werden einige erheiternde Entscheidungen deutscher Gerichte aufgezeigt. Vorangestellt ist jeweils ein Zitat aus Goethes Faust.



Auszug

IV. Pflicht zum engagierten ehelichen Beischlaf


Gretchen
Sein Händedruck,
Und ach, sein Kuss!
Meine Ruh ist hin,
Mein Herz ist schwer,
Ich finde sie nimmer
Und nimmermehr.
Mein Busen drängt
Sich nach ihm hin.
Ach dürft’ ich fassen
Und halten ihn,
Und küssen ihn!
So wie ich wollt,
An seinen Küssen
Vergehen sollt!’

Dass sich eine Frau vor Liebe und Sehnsucht nach ihrem Mann verzehrt, mag – zumindest aus Sicht des Mannes – der Idealfall sein. Sollte dies nicht so sein, hat sie ihre Zuneigung nach Auffassung des Bundesgerichtshofs in einer Ehe vorzuspielen, jedenfalls soweit es ihre eheliche Pflicht zum Beischlaf betrifft. Der BGH leitet dies aus der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 BGB) ab, zu der nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung auch die rechtliche Verpflichtung (sic!) zur Geschlechtsgemeinschaft gehört.

In dem 1966 vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall verlangte der Kläger die Scheidung von seiner Ehefrau. Er hat vorgetragen "die Zerrüttung der Ehe sei aus der Einstellung der Beklagten zum ehelichen Verkehr entstanden. Sie habe ihm erklärt, sie empfände nichts beim Geschlechtsverkehr, und sei imstande dabei Zeitung zu lesen; (...). Der eheliche Verkehr sei eine reine Schweinerei. (...) Die Beklagte habe sich beim ehelichen Verkehr entsprechend verhalten". Diese Einstellung zur ehelichen Beiwohnung ist nach Auffassung der obersten deutschen Zivilrichter nicht akzeptabel.

Auszug aus der Entscheidung: "(...) Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, daß sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen läßt. Wenn es ihr aufgrund ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen, zu denen die Unwissenheit der Eheleute gehören kann, versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen. Denn erfahrungsgemäß vermag sich der Partner, der im ehelichen Verkehr seine natürliche und legitime Befriedigung sucht, auf die Dauer kaum jemals mit der bloßen Triebstillung zu begnügen, ohne davon berührt zu werden, was der andere dabei empfindet (...)".

Prof. Dr. Arnd Diringer

DE, Illingen (Württemberg)

Leiter der Forschungsstelle für Arbeitsrecht der Hochschule Ludwigsburg

Hochschule Ludwigsburg Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg University of Applied Sciences

Publikationen: 407

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