Grundlegendes zu Kündigung, Aufhebungsvertrag und Abfindung
Grundlegendes zu Kündigung, Aufhebungsvertrag und Abfindung

Grundlegendes zu Kündigung, Aufhebungsvertrag und Abfindung

Aufsatz, Deutsch, 3 Seiten

Erscheinungsdatum: 26.06.2009


Aufrufe gesamt: 11553, letzte 30 Tage: 1

Kontakt

Verlag

keine Angaben

Referenzeintrag

Weitere Informationen über:

Der Arbeitsmarkt geht turbulenten Zeiten entgegen. Die Gründe sind vielfältig. Unsere Welt ist erneut einem Wandel, ähnlich dem der industriellen Revolution, unterworfen. Manuelle Arbeitsplätze werden immer mehr verdrängt, Computer ersetzen den Menschen, gleichzeitig entstehen im IT Bereich täglich neue Arbeitsplätze. Hinzu kommt die Finanzkrise, in der herbeigeredeten, aber auch in der real existierenden Form und eine Änderung des Klimas.

Dieser weltweite Strukturwandel führt in der Konsequenz zu Anpassungsprozessen. Die Folge sind Umstrukturierungen, Schließungen und in der letztendlich auch der Ausspruch von Kündigungen (v.a. betriebsbedingte) und Änderungskündigungen. Am Ende der Kette steht häufig das Verhandeln zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Konditionen einer Vertragsbeendigung. Dabei ist einer der Schwerpunkte das Aushandeln einer Abfindung.

Die Abfindungszahlung wird meist in einem Aufhebungsvertrag fixiert. In diesem Artikel werden daher schwerpunktmäßig Fragestellungen zu dem Aufhebungsvertrag thematisiert. Daneben kann die Abfindungszahlung ihre Grundlage auch in einem Sozialplan, einem Tarifvertrag oder einem gerichtlichen Vergleich haben. Denkbar ist weiterhin die Festsetzung einer Abfindung nach einer gerichtlichen Auflösungsentscheidung oder einer gerichtlichen Festsetzung eines Nachteilsausgleichs.

Zuerst einige weit verbreitete Irrtümer:

1. Es gibt keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung.
2. Es gibt keine vorgeschrieben Höhe einer Abfindung

Zu beiden Punkten existieren – wie so häufig in der juristischen Arbeit - Ausnahmen, die jedoch von geringerer praktischer Relevanz sind. In der täglichen Praxis wird Robert C. Mudter (Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Mudter & Collegen) häufig mit der Fragestellung konfrontiert, wie hoch denn der Abfindungsanspruch bei Kündigung sei. Bei Arbeitnehmern herrscht vielfach die Fehlvorstellung, dass bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber grundsätzlich eine Abfindung zu zahlen ist. Dies ist ein Irrglaube. Der Arbeitgeber, der eine Kündigung ausspricht, muss keine Abfindung zahlen. Lediglich im Fall der betriebsbedingten Kündigung besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber dem gekündigten Arbeitnehmer verbindlich eine Abfindung von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr anbietet. Zum Entstehen des Abfindungsanspruchs muss der Arbeitgeber in der Kündigung darauf hinweisen, dass er die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse stützt und der Arbeitnehmer bei Ablauf der Klagefrist von drei Wochen die Abfindung beanspruchen kann.

In anderen Fällen ist die Abfindung das Ergebnis ausgeklügelter Verhandlungen. Regelmäßig gehen den Verhandlungen außergerichtliche Schreiben und die Erhebung einer sogenannten Kündigungsschutzklage voraus. Zu der Kündigungsschutzklage ist anzumerken, dass diese immer darauf gerichtet ist, dass die Kündigung unrechtmäßig ist und das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Die Klage selbst geht nicht auf Zahlung einer Abfindung. Mit der Abfindung „erkaufen“ sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vielmehr eine saubere und rechtssichere Lösung. Je größer die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung sind, desto höher kann die ausgehandelte Abfindungssumme sein. Diese Zweifel zu vermitteln und geschickt einzusetzen ist Aufgabe des erfahrenen und professionell agierenden Rechtsanwalts. Existieren gegen die Rechtmäßigkeit der Kündigung Bedenken, kann es für den Arbeitgeber ratsam sein, im Kündigungsschutzprozess mit dem Arbeitnehmer einen Vergleich mit dem Inhalt zu schließen, dass das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung einvernehmlich beendet wird. Das Risiko eines Kündigungsschutzprozesses durch die Instanzen, der schließlich in der Praxis dazu führen kann, dass der Arbeitgeber nach jahrelangen Prozessen zur Nachzahlung der kompletten Gehälter verpflichtet wird, wird so ausgeschlossen und der „Betriebsfrieden“ gewahrt. Darüber hinaus gilt es – aus Arbeitgebersicht- oft auch zu vermeiden, dass der Arbeitnehmer über den Weiterbeschäftigungsanspruch wieder tatsächlich am Arbeitsplatz erscheint. Der Arbeitgeber erkauft sich mit der Zahlung einer Abfindung die Möglichkeit rechtswirksam und rechtssicher das Arbeitsverhältnis beenden zu können.

Bei der Höhe der Abfindung ist die Spannbreite weit. Es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Streiten die Parteien vor Gericht ist der erste Gerichtstermin bei dem Arbeitsgericht ein sogenannter Gütetermin. Sinn dieser arbeitsgerichtlichen Besonderheit ist es abzuklären, ob es nicht die Möglichkeit einer gütlichen Einigung, also etwa eines Vergleiches gibt. Die Richterin/der Richter schaut den Parteien tief in die Augen und fragt, ob diese sich Gedanken über eine einvernehmliche Lösung gemacht hätten. Viele Gerichte schlagen im Rahmen von Einigungsgesprächen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung vor. Dabei ziehen sie ein halbes Gehalt pro vollem Beschäftigungsjahr als Berechnungsregel für die Höhe der Abfindung heran. Diese Größenordnung hat sich im Laufe der Jahre als sogenannte „Faustformel“ etabliert. Diese ist jedoch nur ein Anhaltspunkt. Bereits von Arbeitsgerichtsbezirk zu Arbeitsgerichtsbezirk kursieren andere Größenordnungen. Häufig wird die Höhe der Abfindung auch durch die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers bestimmt. Fachanwalt Robert C. Mudter rät: „Lassen Sie sich nicht vorschnell abspeisen. Verhandeln sie fair, aber hart. Der Vorschlag durch ein Gericht ist ein Vorschlag, nicht mehr und nicht weniger“.

Bei gerichtlichen oder außergerichtlichen Verhandlungen über die Höhe der Abfindung orientiert man sich dennoch oft an der "Faustformel" und zieht ein halbes bis volles Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Beschäftigung als angemessenen Betrag heran. Hat der Arbeitnehmer also z.B. nach 10 Jahren Beschäftigung zuletzt 3.000 EUR (brutto) im Monat verdient, so würde sich eine "normale" Abfindung auf ungefähr 15.000 EUR bis ungefähr 30.000 EUR belaufen.
Je nach Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers, je nach Lage der Verhandlungssituation und je nach Verhandlungsgeschick kann die Abfindung aber auch (weit) darüber oder (weit) darunter liegen. So werden bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen in der Baubranche als Abfindung oft nur 25 v.H. eines Monatsgehaltes pro Beschäftigungsjahr angeboten, während große Unternehmen der IT Branche häufig ohne viel Federlesen auch mehr als ein volles Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr an Abfindung zahlen.
Für den Arbeitgeber, aber auch für den Arbeitnehmer ist dies häufig eine Frage des Leidensdrucks. Eine arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung kann sich über mehr als 1 Jahr ziehen bis ein erstinstanzliches Urteil vorliegt. Eine Berufung kann sich anschließen. Beide Seiten werden sich, ob sie wollen oder nicht, häufig und umfangreich mit der rechtlichen Auseinandersetzung beschäftigen müssen. Der oft nicht sicher zu prognostizierende Prozeßausgang ist ein Damoklesschwert für beide Seiten. Der Arbeitgeber riskiert es, verliert er den Prozeß, einen Arbeitnehmer den er nicht mehr beschäftigen kann oder beschäftigen möchte weiterbeschäftigen zu müssen. Auch muß der Arbeitgeber erhebliche Lohnzahlungen nachentrichten.
Der Arbeitnehmer muß nach Ablauf der Kündigungsfrist sich arbeitslos melden und den Gang zur Bundesagentur antreten und längere Zeit von den Rücklagen leben.

Einigen sich die Parteien, so zählt für den Arbeitnehmer letztlich, was er von der Abfindung als tatsächlichen Geldeingang auf seinem Konto hat. Die Beantwortung der Frage richtet sich entscheidend danach, welcher Abgabenbelastung (Sozialversicherungsbeiträge und Steuern) die Abfindung unterliegt, wie sich die Abfindung auf das Arbeitslosengeld auswirkt und ob bei mehreren Abfindungen eine Anrechnung stattfindet. Der versierte Anwalt wird auch über diese steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen beraten und diese bei der Entwicklung von Vereinbarungen berücksichtigen.

Steuerfreibeträge sind seit 2006 abgeschafft worden. Eine Abfindung ist jedoch regelmäßig als Entschädigung steuerbegünstigt. Der Arbeitgeber lässt sich berechnen wie Ihre Abfindung zu versteuern ist, und dann muss der Arbeitgeber dafür auch gleich die Steuern überweisen.
Die Abfindung wird dabei in voller Höhe besteuert. Allerdings wird nicht der übliche Steuersatz verwendet, sondern die Abfindung mittels der sogenannten "Fünftelregelung" versteuert ( §10e Einkommensteuergesetz). Dabei wird der Abfindungsbetrag durch 5 dividiert, dann wird jeder Betrag einzeln versteuert. Zum Schluß werden die fünf einzelnen Beträge addiert. Damit ergibt sich eine wesentlich geringere steuerliche Belastung der Abfindung als wenn sie als ein Betrag versteuert werden müsste.
Beispiel: Die Abfindung beträgt 100.000 €, der Arbeitnehmer ist ledig mit Steuerklasse I und hat kein weiteres Einkommen in 2006. Werden die 100.000 € versteuert, erhält der Arbeitnehmer ca. 70.461 €. Werden die 100.000 € aber nach der Fünftelregelung besteuert, erhält der Arbeitnehmer ca. 96.125 €.
Nach der Fünftelregelung wird die auf den steuerpflichtigen Teil der Abfindung zu entrichtende Einkommensteuer nach folgendem Schema ermittelt:

1. Zu versteuerndes Einkommen ohne Abfindung.
2. Darauf fällige Einkommensteuer
3. 1/5 der steuerpflichtigen Abfindung
4. 1+3
5. fällige Einkommensteuer auf 4.
6. Differenzbetrag aus 2. und 5.
7. 5 x 6. (Differenzbetrag aus 2. und 5.)

Die zu zahlende Einkommensteuer ergibt sich dann aus der Summe von 2. und 7.

Die Fünftelregelung führ also in der Regel zu einer Abschwächung des sog. Progressionseffektes.

Ferner sind auch sozialrechtliche Auswirkungen zu berücksichtigen. Für die Frage, ob auf die Abfindung Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) zu entrichten sind, kommt es darauf an, ob die Abfindung als Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung zu werten ist. Keine Sozialversicherungsbeiträge sind für Abfindungen zu zahlen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten durch den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden. Sozialversicherungspflichtig sind dagegen Abfindungen, die bei Fortsetzung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach einer Änderungskündigung oder nach einer einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrages als Gegenleistung für die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen gezahlt werden.

Schließlich sind auch mögliche Einbußen beim Bezug von Arbeitslosengeld zu berücksichtigen. Das Arbeitslosengeld kann bis zu zwölf Wochen gesperrt werden, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Dies wird durch die Bundesagentur für Arbeit insbesondere angenommen, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gelöst oder durch ein vertragswidriges Verhalten zu einer Kündigung des Arbeitgebers Veranlassung gegeben hat. Da Aufhebungsverträge ohne Mitwirkung und Zustimmung des Arbeitnehmers nicht zustande kommen können, wird diese Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits als Indiz für eine Mitverursachung der eigenen Arbeitslosigkeit angesehen.

Die konkrete Gestaltung einer Vereinbarung muß all dies berücksichtigen. Die Verhandlungen sind eine Gemengelage aus Berücksichtigung der prozessualen Aussichten, der wirtschaftlichen Situation, der Abwägung der Ziele und schließlich viel Fingerspitzengefühl.

Kein Autor eingetragen