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Hausbaukosten in Deutschland steigen weiter

In Deutschland sind die Immobilienpreise laut dem Wohneigentumsreport 2021 des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Jahr 2020 um etwa zehn Prozent gestiegen. Diese Entwicklung hat sich 2021 fortgesetzt. Wie Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) zeigen, sind für die rapide steigenden Immobilienpreise vor allem die höheren Kosten beim Hausbau verantwortlich. Diese sind im letzten Jahr so stark gestiegen wie zuletzt vor 51 Jahren. Im Vergleich Vorjahresmonat waren im August 2021 vor allem die Preise für Ausbauarbeiten (+ 11 %), für Vorleistungen und Materialien (+ 12,6 %), für Betonarbeiten (+ 14,8 %) und für Zimmer- und Holzbauarbeiten (+ 46,5 %) deutlich höher.

Niedrigzinsen und Materialmangel

Wie der Ökonom Karsten Junius von der Bank J. Safra Sarasin erklärt, wurden die höheren Preise und Baukosten für Wohnungen und Häuser im vergangenen Jahr nicht ausschließlich durch die Wohnungsnot und die Niedrigzinsphase ausgelöst. Wichtig war zudem der deutlich höhere Kostendruck. Dies war laut IW-Immobilienfachmann Michael Voigtländer ein „neues Phänomen“. Die Bau- und Immobilienpreise stiegen zwar auch in der Vergangenheit, aktuell ist die Preisentwicklung aber besonders auffällig.

Neben Engpässen beim Material ist laut Experten aus der Baubranche dafür auch ein Arbeitskräftemangel verantwortlich. Diese existiert bei Bauunternehmen und Handwerker zwar schon seit Langem, wurde jedoch durch die Covid-19-Pandemie und die entsprechenden Hygienevorschriften auf dem Bau weiter verstärkt. Hinzukamen Schwierigkeiten beim Einsatz ausländischer Arbeitskräfte, etwa aus Osteuropa.

Höhere Baukosten und Verzögerungen

Wie stark diese Entwicklungen private Bauherren treffen, zeigt eine Studie des Kreditvermittlers Interhyp. Drei Viertel (75 %) der Kunden erklärten, dass die tatsächlichen Baukosten die von ihnen errechneten Hausbaukosten so stark übertroffen haben, dass das sie „stark“ oder sogar „sehr stark“ belastet. Bei den meisten Umfrageteilnehmer lagen die Baukosten 10 bis 20 Prozent höher als erwartet. Bei einem Viertel (25 %) haben die Baukosten die Schätzung sogar um mehr als 20 Prozent übertroffen. Knapp die Hälfte der Betroffenen verzichtete deshalb auf bestimmte Bauabschnitte wie eine Garage, einen Kamin oder eine Solaranlage. Zudem berichtete mehr als die Hälfte der Kunden von Interhyp, dass es bei ihrem Bauprojekt zu teils deutlichen Verzögerungen gekommen ist.

Entwicklung im Jahr 2022

Prognosen der Immobilienexperten von Interhyp kamen zu dem Ergebnis, dass dieser Trend auch im Jahr 2022 anhalten wird. „Wir erwarten, dass sich die Preisspirale auch in 2022 zunächst weiter nach oben drehen wird“, erklärt Mirjam Mohr, Interhyp-Vorständin für das Privatkundengeschäft. Dies bestätigt auch die Baubranche selbst, die ebenfalls von steigenden Kosten ausgeht. „Es gibt keine Entwarnung, die Baupreise werden weiter steigen“, so Reinhard Quast, Präsident des Baugewerbe-Verbands ZDB.

Auch andere Experten aus der Baubranche gehen von weiter steigenden Kosten beim Hausbau und daraus resultierenden höheren Immobilienpreisen im Jahr 2022 und darüber hinaus aus. Neben den bereits erwähnten Faktoren sind laut Quast vor allem die Energiepreise ein Faktor, die die Stahl- und Betonproduktion teurer machen. Auch die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns wird sich laut Quast deutlich auf die Baukosten auswirken.

Ende der Niedrigzinsphase?

Neben den höheren Baukosten sollten Bauherren aktuell auch die Zinsen für Immobilienkredite im Auge behalten. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase bald zu einem Ende kommende wird. Immobilienkredite könnten also deutlich teurer werden. „Der zuletzt durch die neuen Corona-Unsicherheiten gebremste Anstieg bei den Bauzinsen wird im Laufe des kommenden Jahres wieder an Fahrt aufnehmen – vor allem, wenn im Frühjahr die Inzidenzen wieder abnehmen und mehr Sicherheit und Zuversicht in die konjunkturelle Entwicklung vorherrscht“, erklärt Mohr.

Aktuell liegen die Zinsen für Immobilienkredite mit zehn Jahren Laufzeit laut einer Umfrage von Interhyp noch bei einem Prozent. Dies sind 0,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Im laufenden Jahr werden die Zinsen laut Mohr „einen leichten aber merklichen Anstieg im Bereich mehrerer Zehntelprozentpunkte“ unterlaufen. Dies erwarten auch Michael Neumann, Chef des Baufinanzierers Dr. Klein sowie Max Herbst von der FMH-Finanzberatung, der von bis zu 0,5 Prozentpunkten höheren Zinsen ausgeht.