Identifikation durch Partizipation
Identifikation durch Partizipation

Identifikation durch Partizipation

Beitrag, Deutsch, 2 Seiten, Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH

Herausgeber / Co-Autor: Dr. Klaus Schmidt

Erscheinungsdatum: 05.01.2004

Quelle: FAZ, 5. Januar 2004


Aufrufe gesamt: 423, letzte 30 Tage: 1

Kontakt

Verlag

Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH

Telefon: +49-69-7591-0

Preis: Kostenlos

PDF herunterladen

Plädoyer für ein ganzheitliches, identitätsorientiertes Markenmanagement

Feudalistische Führung von Unternehmen ist endgültig passè, jedoch - Demokratie im Unternehmen - das klingt nach Diskussionen ohne Ergebnis, nach Führen ohne Führung. Als Antithese zum "Befehl-und-Gehorsam-Prinzip" ist Demokratie im Unternehmen jedoch heute die entscheidende Grundlage, um Identifikation, Motivation und Leistungsbereitschaft nachhaltig zu generieren. Denn nicht die Führungseliten allein lösen das Leistungsversprechen ein, sondern immer auch die Mitarbeiter.

Um demokratische Werte jedoch zu realisieren, sind strategische und an Ergebnissen orientierte Zielvorgaben zwingend und notwendig. Und die sind kein Zufallsprodukt. Sie sind erste und wichtigste Führungsaufgabe. Es geht darum, ökonomische, gesellschaftliche und bisweilen auch individuelle Ziele auf einen Nenner zu bringen. Dieser gemeinsame Nenner liegt in der Marke und ihrer ganzheitlichen Positionierung. In ihr kristallisieren sich alle Argumente für den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens. Sie definiert die Strategien und Wertvorstellungen des Unternehmens und ermöglicht eine Konzentration auf das Wesentliche. Um den rationalen, emotionalen und insbesondere auch ökonomischen Anforderungen an die Markenidentität gerecht zu werden, bedarf es einer ganzheitlichen, interdisziplinären und darüber hinaus pragmatischen Managementmethode.


Positionierungsstrategie als Kern der Markenidentität

Eine überzeugende Lösung, Marken und Identitäten zu managen, stellt ‚Holistic Solutions' dar. Diese Herangehensweise definiert Vision, Mission und Werte als Positionierungsstrategie eines Unternehmens, ergänzt um operative Umsetzungsstandards, als Grundlage jeder Unternehmensstrategie. Wo wäre Ikea heute ohne seine Vision, durch innovative Ideen funktionale Möbel zu niedrigen Preisen herzustellen? Warum sonst bezahlen Kunden für eine Waschmaschine von Miele deutlich mehr, als für Produkte einer anderen Marke - gäbe es da nicht die Vision, dass Miele-Markenprodukte eben "immer besser" sind?

Mit einer Vision als Ausdruck der Unternehmensstrategie lassen sich klare Ziele für eine Marke vorgeben. Doch jedes Ziel muss sich beweisen, muss sich seine Glaubwürdigkeit durch konkrete Nachvollziehbarkeit erst verdienen. Entscheidend ist also nicht nur das Ziel an sich, sondern der Weg, das heißt die Maßnahmen und Mittel, das Ziel auch zu erreichen. Hier liegt die demokratische Intention von ‚Holistic Solutions', bei der Vision, Mission und Werte von den Führungskräften in einem partizipatorischen Prozess unter Einbeziehung der Mitarbeiter entwickelt werden. In diesem top-down Prozess manifestiert sich wirksame Markenführung, deren Relevanz sich an der Vorgabe von Zielen und den Ergebnissen operativen Handelns messen lässt. Kern der holistischen Positionierungsstrategie sind sechs definierte Dimensionen bei der Analyse, Konzeption und Steuerung von Markenidentitäten. Dabei werden neben den Produkten und Märkten, die Kommunikation und das Design aber auch die Kultur und das Verhalten als Identitätsdimensionen berücksichtigt. Ist diese strategische Grundlage formuliert, liegt die Herausforderung in der umfassenden und ganzheitlichen Umsetzung.


Disziplinäre Fragmentierung schwächt den Unternehmenserfolg

Und hier beginnt das Problem: Seit Jahrzehnten versuchen Heerscharen von Beratern und Kreativen so beharrlich wie isoliert voneinander, ihre Ziele durchzusetzen: PR- und Öffentlichkeitsarbeitern geht es um Kommunikation und Information. Werber inszenieren und emotionalisieren ihre Imagegeschichten. Designagenturen realisieren Unternehmensauftritte und sorgen - von der Visitenkarte bis zum Geschäftsbericht - für ein durchgängiges, visuelles Äußeres. Selbst klassische Unternehmensberatungen mischen neuerdings im Marketing mit und proklamieren ihre Strategie zur Königsdisziplin. Jede dieser Spezialdisziplinen hat ihre individuelle Berechtigung. Doch um die Marke erfolgreich zu führen, ist ein vernetztes und an den Unternehmenszielen ausgerichtetes Identiätsmanagement gefragt, dass alle Aspekte und Dimensionen der Markenidentität berücksichtigt, das an den Maßgaben von Relevanz und Effizienz ausgerichtet ist, das über identifizierende Werttreiber das Markenmanagement fokussiert und so letztlich tatsächlichen Mehrwert schafft.


Identität als Konstante im Management von Veränderungen

Unternehmen und Marken müssen heute eine Vielzahl von wirtschaftlichen, politischen, sozio-kulturellen und nicht zuletzt globalen Veränderungsprozessen reflektieren. Hinzu kommen interne Einflussfaktoren, die oft unterschätzt werden. In diesem Spannungsfeld sind sie krisenanfälliger als je zuvor. ‚Holistic Solutions' setzt hier an und definiert die Markenpositionierung als Grundlage und verlässliche Konstante unternehmensbezogenen Handelns sowie als Basis für kollektive und individuelle Verantwortung. In diesem Zusammenhang identifiziert eine an den Werttreibern orientierte Markenführung den konkreten Handlungsbedarf, der sich aus dem permanenten Veränderungsdruck ergibt. Die Positionierung wird dadurch zum Handlungsrahmen, der einen direkten Kontext zu den Zielen und zur Leistungen des Unternehmens herstellt und den Anspruchsgruppen - allen voran den Führungskräften - eine verlässliche Richtung vorgibt.


Orientierung, Glaubwürdigkeit und Vertrauen durch Leitbilder

Konkret nachvollziehbar wird ein so verstandener Handlungsrahmen durch das Leitbild. Häufig werden "Leitbilder" diskreditiert. Und das zu Recht, versteht man sie als abgehobenes, sozialromatisches Harmonie-Gerede. Doch jede noch so ambitionierte Vision muss ihre Relevanz beweisen, muss sich an ihrer konkreten Umsetzbarkeit messen lassen. Im Leitbild werden die Ziele des Unternehmens transparent kommuniziert, die Grundsätze, Maßnahmen und Mittel zu deren Realisierung unmissverständlich dargelegt und die Relevanz für das Handeln jedes einzelnen Mitarbeiters aufgezeigt. Damit wird das Leitbild zur Grundlage, um Veränderungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu kommunizieren und zu managen. Es bietet sowohl den Mitarbeiter, als auch den Kunden, Shareholdern etc. eine klare Orientierungs- und Handlungsbasis. Ein so verstandenes Leitbild wird zum strategischen Managementinstrument und zum Werttreiber für das gesamte Unternehmen. Es bietet die Orientierungs- und Vertrauensbasis für nachhaltigen, ökonomischer Erfolg.


Operative Relevanz des Leitbildes entscheidet über Erfolg

Beispiel Deutsche Telekom: Jahrelang getrieben von den Wellen der "Ent-Beamtisierung", Restrukturierung und Internationalisierung, stand das Unternehmen vor einem Scherbenhafen: Mangelndes Vertrauen der Kunden und Aktionäre, abnehmende Glaubwürdigkeit im Markt, demotivierte Mitarbeiter bei jeder Menge magentafarbener Werbung sind Realität. Nachdem die ersten Struktur- und Sparmaßnahmen des neuen Vorstandsvorsitzenden Kai-Uwe Ricke greifen, legte er mit dem Programm "T-Spirit" nun ein umfassendes Konzernleitbild vor, dass seine Vision des Unternehmens neu definiert: "Der Erfolg eines Unternehmens hängt nicht allein von Strategien und Strukturen ab. Das, was ein Unternehmen antreibt, ist sein Spirit", so Ricke. Doch die Formulierung eines Leitbildes ist erst die Hälfte der Wegstrecke. Denn über den Erfolg und die wertschöpfende Relevanz eines Leitbildes entscheidet immer die Implementierung, das heißt die Verankerung in allen Steuerungssystemen des Unternehmens. Relevant, glaubhaft und messbar wird das Leitbild über operative Standards wie Qualitäts-, Führungs- und Kommunikationsstandards. Erst wenn das Leitbild gelebte Realität wird - und nur dann - kann damit auch Geld verdient werden.


Wertschöpfung durch identitätsorientiertes Markenmanagement

Unternehmen, die heute erfolgreich sein wollen, müssen ihre Kunden begeistern, Sharholder überzeugen und Mitarbeiter motivieren. Dafür müssen sie "mehr Demokratie" wagen und ihre Strategievorgaben durch ziel- und ergebnisorientierte Führung an alle Beteiligten im Unternehmen vermitteln. Ein darauf aufbauendes Markenmanagement muss, will es als wirksames Instrument für mehr Wertschöpfung eingesetzt werden, zwei wesentliche Bedingungen erfüllen: Es sollte erstens Vision, Mission und Werte innerhalb einer holistische Positionierung als Ausdruck der strategischen Zielsetzung definieren. Und es sollte zweitens seine operative Relevanz durch eine ganzheitliche Umsetzung auf alle Werttreiber des Unternehmens beweisen. So verstanden, wird ‚Holistic Solutions' zu einem Führungsinstrument, dass Verantwortungsethik mit Wertschöpfung verbindet.

Kein Autor eingetragen