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KPI im Vertrieb: Die wichtigsten Kennzahlen

In kaum einem anderen Geschäftsbereich ist ein fundiertes Controlling so wichtig wie im Vertrieb. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind ganz besonders auf die Erfassung und Analyse zentraler Vorgänge angewiesen, um mit ihrem begrenzten Budget effektiv zu wirtschaften. Doch auf welche Kennzahlen kommt es an? Und was können die Vertriebsabteilungen daraus ableiten?

 
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Für die meisten Firmen ist es eine Top-Priorität, den Umsatz möglichst regelmäßig zu steigern. Dafür brauchen sie einen funktionierenden und effizienten Vertrieb, der fortlaufend Verkäufe sichert und die Zufriedenheit der Kunden gewährleistet. In Konzernen existieren zu diesem Zweck große Vertriebsabteilungen, die mit ausgeklügelten Systemen arbeiten und in denen alle Beschäftigten genau wissen, was wann zu tun ist. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) dagegen verfügen, gerade wenn sie noch neu am Markt sind, häufig nicht über solche durchorganisierten Verkaufsabläufe. Dabei wären diese insbesondere für Start-ups hilfreich, um mit den noch spärlich vorhandenen Ressourcen und Budgets vernünftig hauszuhalten. 

Das zentrale Werkzeug, um Vorgänge im Vertrieb zu analysieren, sind entsprechende Kennzahlen: Key Performance Indicators, kurz KPI. Diese Messgrößen aus der Betriebswirtschaftslehre bilden die Leistung oder den Erfüllungsgrad bedeutender Zielsetzungen innerhalb eines Geschäftsbereiches ab. Im Vertrieb kann ein ausgefeiltes KPI-System einen besonders großen Erfolg bringen, wie eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young zeigt. Dazu braucht es jedoch ein hohes Maß an Digitalisierung und die richtigen Kennzahlen, die zum jeweiligen Unternehmen und seinen Produkten und Dienstleistungen passen. Hier ist das Vertriebsmanagement gefragt, KPI-Größen zu definieren, die in die Zukunft gerichtet sind und den Fokus auf die Kundschaft nicht aus den Augen verlieren. Schließlich dürfen Vertriebskennzahlen nie zum Selbstzweck werden, sondern sie müssen den Erfolg aller Maßnahmen bei der anvisierten Zielgruppe sicherstellen.

Verschiedene Funktionstypen beachten

Bevor eine Vertriebsabteilung sich überlegt, welche konkreten KPI sie einführen möchte, sollte sie sich zunächst einmal mit den grundlegenden Funktionen beschäftigen, in die sich die verschiedenen KPI einteilen. Dies sind einerseits:

  • Operationalisierung: Grundsätzlich machen Vertriebskennzahlen die operativen Ziele des Vertriebs in Bezug auf zeitliche Einheiten messbar und wirken sich so auf operative Entscheidungen aus.
  • Kontrolle und Steuerung: Einzelne Prozesse können kontrolliert werden, indem KPI permanent die tatsächliche Effizienz und Qualität sichtbar und mit den theoretischen Zielen vergleichbar machen. Die Entscheidungsfindung im jeweiligen Prozess wird somit vereinfacht.
  • Informationsbeschaffung: KPI informieren über einen bestimmten Sachverhalt und geben Aufschluss darüber, ob eine Maßnahme sich wirtschaftlich gelohnt hat. Gesteckte Ziele können auf Grundlage neuer Informationen womöglich angepasst werden.

Das bedeutet, dass sich die Implementierung von KPI vor allem dann empfiehlt, wenn ein Unternehmen im Vertrieb gewisse Schwachstellen vermutet. Die Kennzahlen liefern den Verantwortlichen dann eine solide Informationsgrundlage über den Ist-Zustand, auf der Entscheidungen über den weiteren Verlauf eines Vertriebsprozesses getroffen werden können. Oder aber die Geschäftsleitung sieht Bedarf, die Gesamtaufstellung des Vertriebs umzustrukturieren. In jedem Fall stehen folgende Kategorien von Vertriebskennzahlen zur Verfügung:

  • Output-Indikatoren: Betreffen die finanziellen KPI zu konkret gemessenen Aspekten wie die Anzahl von Kunden und Verkäufen, den Umsatz oder die erzielte Marge. Sie ergeben sich erst nach Abschluss eines beobachteten Prozesses, sind also quasi rückwärtsgewandt.
  • Input-Indikatoren: Erlauben einen Vorausblick auf die Performance kommender Quartale, indem sie zum Beispiel die Anzahl von Angeboten und Vertriebsaktivitäten messen. Auch Verkaufszeiten einzelner Produkte können erhoben werden.
  • Fortgeschrittene Indikatoren: Beziehen sich nicht nur auf einen singulären Prozess, sondern auf das Verhältnis zwischen zwei verschiedenen Messgrößen. Algorithmen bestimmen etwa den Zusammenhang zwischen Vertriebsaktivitäten und dem Umsatz pro Kunde oder ermitteln die Beziehung zwischen prognostizierten Aufträgen und deren Zukunftspotenzial, beispielsweise in punkto Umsatz.

Welche Indikatoren ein Unternehmen letztlich in den Fokus nimmt, hängt vom Status Quo im Vertrieb ab. Sind die bisherigen Maßnahmen erfolgreich, hilft die Analyse von Input-Indikatoren mehr, um auch in Zukunft den Erfolg beizubehalten. Läuft es schlecht, empfiehlt sich vor allem eine Analyse der Output-Indikatoren, um ineffektive Prozesse korrigieren zu können. Für Firmen mit ambitionierterem Vertrieb kommen die fortgeschrittenen Indikatoren infrage, die jedoch meistens zusätzliche Cloud-Software benötigen. Hier spielen das Budget und die Unternehmensgröße eine entscheidende Rolle für die eventuelle Implementierung.

Die wichtigsten Vertriebs-KPI

Je nach Schwerpunktsetzung stehen einige spezifische KPI für den Vertrieb zur Verfügung. Wie die Praxiserfahrung zeigt, gibt es aber ein paar Kennzahlen, die in den meisten Unternehmen in jedem Fall eine zentrale Rolle spielen:

  1. Umsatz

Die wohl elementarste Kennzahl zur Erfolgsmessung ist der generierte Umsatz. Ein regelmäßiges Reporting in bestimmten Zeitabständen zeigt, wie der Vertrieb vorankommt. Dabei kann, je nach Dringlichkeit, eine quartalsweise oder jährliche Messung vorgenommen werden. Ein häufig genutzter KPI ist der Annual Recurring Revenue (ARR), der konstante Anteile am Gesamtumsatz ermittelt, die regelmäßig wiederkehren und somit zur strategischen Planung beitragen ‒ etwa durch Abos.

  1. Lead-Generierung und Conversion Rate

Wie viele Kontakte mit interessierten Kunden entstehen, die ihre Kontaktdaten beim Unternehmen lassen, ist ebenfalls eine wichtige Messgröße. Es gilt für die Vertriebsleitung, Vorgaben zu machen und eine zu erreichende Anzahl an Leads in einem konkreten Zeitraum festzulegen. Da die Lead-Generierung jedoch alleine natürlich noch zu keinem Umsatzerfolg führt, muss sie mit einem weiteren KPI kombiniert werden: der Conversion Rate. Sie gibt prozentual an, wie viele der erreichten Leads auch tatsächlich zu echten Kunden geworden sind. 

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  1. Kundenwert

Da es in den meisten Unternehmen ein Gefälle zwischen den Umsätzen gibt, die verschiedene Kunden einbringen, lohnt es sich, den Customer Lifetime Value (CLV) im Blick zu behalten. Dieser KPI ermittelt das Verhältnis zwischen dem bisherigen und für die Zukunft prognostizierten Kaufverhalten eines Kunden sowie den für diese Person vom Unternehmen aufgewandten Ausgabenwert zur Betreuung. Das verhilft vor allem kleineren Firmen zu einer höheren Planungssicherheit, da ihnen der CLV verrät, in welche Kunden sich die Investition ihrer knappen Zeit und Ressourcen lohnt.

  1. Kundenbindung

Neben dem reinen CLV ist auch die Kundenbindung insgesamt in doppelter Hinsicht ein wichtiger KPI: Über die sogenannte Churn-Rate wird der Prozentsatz an Kunden gemessen, der sich noch während eines Nutzungsprozesses umentschieden hat und abspringt. Je höher diese Quote ist, desto stärker sollte das Produkt optimiert und der Vertriebsprozess überdacht werden. Über die Kundenanzahl als KPI lässt sich zudem das Verhältnis zwischen Stamm- und Neukunden analysieren. Je mehr Stammkunden bleiben, desto zufriedenstellender scheint das Produkt und der Service zu sein. Dennoch darf die Akquise von Neukunden nie vernachlässigt werden. Ein weiterer KPI in diesem Bereich ist die Wiederkaufsrate, die den Anteil jener Kunden angibt, die innerhalb eines Zeitraums mehr als einen Kauf getätigt haben. Um diese Rate zu ermitteln, wird die Zahl dieser Kunden durch die Gesamtzahl aller Kunden im gleichen Intervall dividiert.

  1. Produktivität der Mitarbeitenden

Läuft der Vertrieb insgesamt besonders gut oder schlecht, bedeutet das noch lange nicht, dass auch jede einzelne Person in der Abteilung daran einen Anteil hat. Um zu erkennen, wie viele Beschäftigte aus der gesamten Belegschaft letztlich den Umsatz treiben oder drücken, gibt es den Umsatz pro Mitarbeiter als weiteren KPI. Dabei wird der gesamte Umsatz durch die Anzahl an Beschäftigten des Vertriebs geteilt, die in dem betrachteten Zeitraum in der Abteilung tätig waren. Um unterschiedliche Arbeitszeitmodelle einzupassen, wird das Vollzeitäquivalent (FTE) verwendet.

  1. Aufwandskosten

Der monetäre Aufwand, der letztlich zur Akquise eines kaufenden Kunden insgesamt nötig wurde, lässt sich ebenfalls mittels KPI quantifizieren. Dafür müssen zunächst die Kosten für einzelne Marketingmaßnahmen, Vertriebs- und Servicetätigkeiten sowie Personalgehälter und Nebenkosten im analysierten Zeitraum zusammengerechnet werden. Diese Summe wird dann durch die Anzahl der echten Kunden in diesem Intervall geteilt. Der entstandene Wert gibt weiteren Aufschluss über die Funktionalität der Vertriebsabteilung. In diesem Zusammenhang wird in der Betriebswirtschaftslehre auch gerne vom Return Of Investment (ROI) gesprochen, der den Gewinn im Verhältnis zum Aufwand beschreibt.

  1. Preisgestaltung

Nicht zuletzt sind im Vertriebswesen auch Aspekte der Preisgestaltung für Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens durch Kennzahlen analysierbar. Das gilt zum einen für die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt: Die Preisgestaltung der Konkurrenz ist genau zu beobachten und mit der eigenen abzugleichen. Liegen die Preise der Wettbewerber niedriger, gilt es, eigene Preise nach unten zu korrigieren oder aber im Vertrieb die besondere Qualität der Produkte zu betonen. Überdies ist als eigener KPI im Rahmen der Preisgestaltung immer der Break-Even-Point zu berücksichtigen. Er gibt die Gewinnschwelle an, ab der die Absatzmenge die Fixkosten bzw. Deckungsbeiträge einzelner Produkte übersteigt. Ab dann wird Gewinn eingefahren. Zusätzlich spielt die Quote an Reklamationen bzw. Stornos als KPI eine Rolle für die Festlegung der Preise.

Automatisieren und Überprüfen

Wie bereits erwähnt, wird die Erhebung von KPI kosten- und zeitintensiver je mehr Messgrößen kombiniert werden sollen. In solchen Fällen kommen Unternehmen kaum um eine Automatisierung der Messungen mittels spezieller Software herum. Allerdings müssen nicht immer komplett neue Tools angeschafft werden. Oftmals bieten auch Betreiber von CMS-Systemen, wie etwa Salesforce, entsprechende Ergänzungsmodule an. Die gemessenen Daten sollten dann auf jeden Fall regelmäßig aufbereitet und zwischen Vertrieb und Geschäftsführung besprochen werden. Dies nicht nur, um anhand der KPI etwaige Veränderungen an Vertriebsprozessen vorzunehmen, sondern auch, um die KPI-Messungen selbst nachzujustieren. Schließlich können nur sinnvolle Kennzahlen Erfolg bringen und das Vertriebsteam motivieren.