Karrieresprung
Karrieresprung

Karrieresprung

Burnout - Krankheit nicht nur der Führungskräfte

Interview, Deutsch, 4 Seiten, FAZnet

Autor: Dr. Dagmar Ruhwandl, Lehrbeauftragte der TU München

Herausgeber / Co-Autor: Birgit Obermeier

Erscheinungsdatum: 2004


Aufrufe gesamt: 2610, letzte 30 Tage: 3

Kontakt

Verlag

FAZnet

Preis: kostenlos

Bezugsquelle:

Karrieresprung

Burnout - Krankheit nicht nur der Führungskräfte

20. August 2004 Werden Arbeitnehmer krank geschrieben, so geschieht das zunehmend aufgrund psychischer Störungen. Mit einem Anteil von 11,1 Prozent rangieren sie bereits an dritter Stelle der häufigsten Krankheitsarten, mit 26,3 Ausfalltagen pro Erkrankung verursachen sie die längsten Fehlzeiten. Das zeigt der kürzlich veröffentlichte Gesundheitsbericht 2004 der Barmer Ersatzkasse.

Insbesondere bei Führungskräften weit verbreitet ist das Burnout-Syndrom. Dagmar Ruhwandl, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, behandelt in ihrer Münchner Praxis Menschen mit beruflichen Streßerkrankungen und berät Firmen und Institutionen zum Thema Burnout-Prävention. Im Gespräch mit FAZ.NET erläutert sie Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.

 

Frau Dr. Ruhwandl, wann kann man von einem Burnout-Syndrom sprechen?

Anders als bei anderen psychischen Krankheiten gibt es bei Burnout keine völlig eindeutigen Kriterien. Es handelt sich meist um eine Zusatzdiagnose zu anderen Störungen wie Angst oder Depression. Mögliche körperliche Symptome sind Konzentrations- und Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und gestörte Eßgewohnheiten. Als Zeichen für ein beginnendes Burnout gilt zum Beispiel, wenn man es nicht mehr schafft, sich im Urlaub zu erholen. Oder aber klare Rückzugstendenzen erkennen läßt, also etwa bei Besprechungen nur mehr Pflichtbeiträge liefert und seine Kontakte auf ein Minimum reduziert. Ein deutliches Symptom für Burnout sind auch starke Zweifel an der eigenen Kompetenz - obwohl man seit Jahren einen guten Job macht.

Werden diese Symptome von den Betroffenen rechzeitig erkannt?

Zur Behandlung kommen selten Menschen, die am Anfang des Burnout stehen. Meist reagieren Betroffene erst, wenn schon ein hoher Grad an Erschöpfung erreicht ist, Gereiztheit und Gleichgültigkeit gegenüber Aufgaben, Mitarbeitern und Kunden vorherrschen und schon deutliche Leistungseinbußen bestehen. Arbeitgeber reagieren in der Regel erst, wenn es zu Arbeitsausfällen kommt. Einige Unternehmen haben allerdings bereits ein Bewußtsein entwickelt. Der schwedische Autohersteller Volvo hat beispielsweise eine breite Aufklärungskampagne zum Thema Burnout gestartet. Und macht es damit Betroffenen leichter, über ihr Ausgebranntsein zu reden.

Wieviel Arbeitnehmer sind hierzulande von Burnout betroffen?

Experten gehen mittlerweile von 15 bis 25 Prozent aller Erwerbstätigen aus, mit einem deutlichen Anstieg innerhalb der vergangenen Jahre. Besonders häufig betroffen sind Arbeitnehmer, die in ihrem Job Verantwortung für Menschen tragen. Erkannt wurde das Phänomen in den 70er Jahren zunächst bei besonders engagierten Sozialarbeitern, die plötzlich eine negative und zynische Einstellung zu ihrer Arbeit entwickelten. Heute leiden insbesondere Führungskräfte und High-Potentials sowie Lehrer unter beruflicher Erschöpfung.

Durch welche Faktoren wird das begünstigt?

Zu den mehr unternehmensbedingten Ursachen zählen ein komplexes Aufgabengebiet, Zeitdruck sowie geringe Handlungsspielräume. Eine meiner Patientinnen etwa benötigte, obwohl in gehobener Position als Anwältin tätig, für jede ihrer Entscheidungen die Unterschrift zweier Vorgesetzter. Das frustriert. Begünstigt wird Burnout auch durch ein schlechtes Arbeitsklima und unklare Erfolgskriterien.

Setzt Burnout Streß voraus?

Nicht unbedingt. Routine und Langeweile können ebenso zum Ausbrennen führen. Bei hochqualifizierten Beamten ist dies häufig der Fall. Eine wichtige Rolle spielen zudem individuelle Faktoren, etwa die Erwartungen, die jemand an sich und seinen Beruf stellt.

Ist Burnout also auch Typ-Sache?

In der Managementforschung haben sich tatsächlich zwei Persönlichkeitstypen herauskristallisiert, die besonders häufig betroffen sind. Da ist einmal der „Typ A-Manager“, der sich durch starken Leistungswillen, Rivalitätsgedanken, Ungeduld und das ständige Gefühl von Zeitdruck charakterisiert. Er ist besonders gefährdet, wenn er sich unterfordert fühlt oder das selbstgesteckte Karriereziel nicht erreichen kann. Zum anderen ist da der eher passive, weniger optimistische, sogenannte „unhardy“ Manager. Er gerät bei Veränderungen der Organisationsstruktur in Gefahr.

Was passiert in Ihrer Therapie?

Mein Ansatz ist ein tiefenpsychologischer, ergänzt um Elemente aus der Verhaltenstherapie. Die Behandlung beginnt mit einer umfassenden Diagnose, bei der andere psychische Krankheiten ausgeschlossen werden. Schon die Analyse der Ursachen des Burnout führt bei den Patienten häufig zu einer spürbaren Entlastung. Die tiefenpsychologische Behandlung sucht die Gründe für stetige Überforderung unter anderem in ungelösten Konflikten der Vergangenheit. Insgesamt dauert die Therapie zwischen fünf und 35 Stunden.

Kann man sich vor Burnout schützen?

Ja, entscheidend ist das rechtzeitige Erkennen der ersten Symptome. Ihnen kann man durch Entspannungsübungen, effektivere Arbeitstechniken oder einen angemessenen Umgang mit Streß entgegen wirken. Um behindernde Faktoren in der Arbeitsumgebung zu verändern, bedarf es oft der Unterstützung von Kollegen. Enge Handlungsspielräume lassen sich mitunter durch ein offenes Gespräch mit dem Vorgesetzten erweitern. Und gegen unrealistische Erwartungen an den Beruf hilft oft der Austausch mit früheren Kollegen oder Studienfreunden.

Das Gespräch führte Birgit Obermeier

Dr. Dagmar Ruhwandl, Lehrbeauftragte der TU München

DE, München

Ärztin, Lehrbeauftragte der TU München

Erfolgreich ohne auszubrennen

Publikationen: 7

Veranstaltungen: 36

Aufrufe seit 06/2007: 12890
Aufrufe letzte 30 Tage: 2