Private Vorsorge in Unternehmen
Private Vorsorge in Unternehmen

Private Vorsorge in Unternehmen

Beitrag, Deutsch, 3 Seiten

Autor: Prof. Dr. Arnold Weissman

Erscheinungsdatum: 2006

Quelle: TREND Österreichisches Wirtschaftsmagazin, Ausgabe 04/2006


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PRIVATE VORSORGE. Unternehmer stecken gerne alles Geld in den Betrieb. Das kann böse Folgen haben – spätestens bei Pensionsantritt.
"Rund 35 % der Privatkonkurse treffen ehemalige Unternehmer, mehr als die Hälfte der Konkursanträge wird mangels Vermögen überhaupt abgewiesen", weiß Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte des österreichischen Kreditschutzverbandes von 1870. In Deutschland sei die Situation ähnlich dramatisch, berichtet Tobias Augsten, geschäftsführender Gesellschafter der Weissman & Cie., einer auf strategische Unternehmensentwicklung von Familienbetrieben spezialisierte Nürnberger Consultingfirma: "Zirca 70 % der Unternehmensinsolvenzen ziehen eine private Insolvenz nach sich."
Wie es dazu kommt, ist rasch erklärt: Viele Unternehmen vergessen die private Vorsorge.
Falsche Prioritäten. Berufliches von Privatem zu trennen fällt Unternehmern offenbar schwerer als Unselbständigen – vielleicht auch deswegen, weil sie nicht in den Verdacht geraten wollen, ihren Betrieb durch persönliche Entnahmen finanziell zu schwächen. Allerdings sei es, so Augsten, "ein Mythos zu glauben, nur ein Unternehmer, der alles reinvestiert, ist ein guter Unternehmer". Im Gegenteil: ein guter Unternehmer hätte sogar die Pflicht, risikounabhängiges Vermögen aufzubauen. Denn wer jeden Euro in den Betrieb steckt, ignoriert, dass er damit ein beachtliches Risiko eingeht: Geht die Firma nämlich baden, steht er plötzlich völlig mittellos auf der Straße – und sein Familie mit ihn.
Aber selbst wenn es nicht gleich ganz so schlimm kommt: Früher oder später wird der Unternehmer sich zurückziehen – vielleicht sogar aus gesundheitlichen Gründen. Das Dumme ist nur, dass die wenigsten rechtzeitig Vorsorge treffen.
Schuld daran sei, so Heinrich Spängler, Sprecher des Vorstandes des Salzburger Bankhaus Carl Spängler & Co., "die Tatsache, dass sich der Firmeninhaber für das Wesentliche keine Zeit nimmt: für sich selbst und für seine Familie. Der Vorteil, im Betrieb individuell und flexibel agieren zu können, fällt ihm privat auf den Kopf". Und genau das ist der Grund, warum so viele in de Bredouille geraten: "Ist die Schnittstelle zwischen Familie unter Unternehmer nicht professionell geregelt, kommt es immer wieder zu Störfeldern", klagt Berater Augsten.
Alles Kapital gebunden. Wie etwa im Fall der Betriebsübergabe an einen Erben: Hat der Senior keine private Pension aufgebaut, dann fehlen ihm im Ruhestand die nötigen liquiden Mittel – und damit bürdet er seinen Nachfolger mitunter eine schwere Hypothek auf : entweder Unterhaltszahlungen auf Lebenszeit oder eine Barablöse, für die der Erbe womöglich einen Kredit aufnehmen muss.

Besonders schlimm ist es, wenn weder Erbe noch Privatvermögen vorhanden ist und der Firmeninhaber kurz vor dem geplanten Ruhestand feststellt, dass seine einzige Altersvorsorge der Betrieb ist und er diesen unter Druck veräußern muss – womöglich in einer schwierigen Markphase, was empfindliche Einbußen bei den erzielbaren Erlösen bedeutet.
Eng kann es für den Unternehmer aber auch lange vor der Pension werden, warnt Augsten: "Störfälle wie eine Scheidung oder die Auszahlung eines Mitgesellschafters kommen immer zum falschen Zeitpunkt und können nur selten aus dem Laufenden bezahlt werden."
Um solch unangenehme Überraschungen zu vermeiden, sollte man daher raschest mit dem Aufbau eines privaten Vermögens beginnen.
Frühzeitig diversifizieren. Während Privatbankier Spängler empfiehlt, das Geld zur Seite zu legen, "sobald Gewinne erwirtschaftet werden", rät Berater Augsten sogar stark wachsenden Betrieben, "die sich in der Regel noch in der Gründungsphase befinden und ihr gesamte Geld in die Expansion stecken", rechtzeitig einen angemessenen Entnahmeplan zu fixieren: "Wer mit 40 beginnt, auch nur kleine Beträge anzusammeln, steht am Ende besser da als der, der mit 60 plötzlich alles nachholen muss."
Der Firmeninhaber ist übrigens gut beraten, das Geld klug anzulegen: Mit seiner Firma ist er bereits markabhängig investiert, weshalb Augsten darauf drängt, in risikoferne Anlageformen wie z.B. Immobilien, Renten oder konservative Investmentfonds zu investieren.
Auch die Liquidierbarkeit der Veranlagung sollte für den Fall der Fälle gewährleistet sein. Deshalb sollte man nur einen geringen Teil der privaten Vorsorge in Rentenversicherungen stecken.
Um möglichst viel Kapital anwachsen zu lassen, verweist Spängler auf eine spezielle Strategie, die auch zu einer gewissen Disziplinierung zwingt: "Der Unternehmer soll überlegen, langfristige Betriebsinvestitionen nicht ausschließlich mit Eigenmitteln zu finanzieren, sondern vielleicht für die Hälfte des Investitionsbedarfs eine langfristige Fremdfinanzierung aufzunehmen – was obendrein den Vorteil hätte, die Investition anhand einer detaillierten Planrechnung nochmals genau zu überprüfen".
All das bleibt freilich schöne Theorie, da viele Unternehmen privates und betriebliches Vermögen rechtlich nur schwer trennen können – was besonders bei Klein- und Mittelbetreiben zum Problem wird.
Böse Banken. Die meisten Familienunternehmer sind Einzelunternehmer oder Miteigentümer von Personengesellschaften, also OHGs oder Kommanditgesellschaften (KGs). Damit haften sie mit ihren gesamten Vermögen für die Betriebsschulden – also auch mit ihrem Privatvermögen. Diese Haftung entfällt bei Umgründung in eine Kapitalgesellschaft – also GmbH oder AG. In diesem Falle beschränkt sich die Haftung auf den aliquoten Firmenanteil. Dummerweise löst aber auch eine solche Umgründung die Probleme oft nicht wirklich: Viele Banken erzwingen nämlich bei der Aufnahme von Betriebskrediten trotzdem eine Besicherung durch private Vermögenswerte.

Augsten rät hier zu Beharrlichkeit: "Lieber eine Woche länger verhandeln und dafür im Bereich der Haftungsübernahme eine gewissen Verzicht erwirken." Denkbar wäre eine betragsmäßige oder eine zeitliche Beschränkung ebenso wie die Verknüpfung mit einer bestimmten Bedingung, so der Berater: etwa die Begrenzung auf eine Million Euro oder die Löschung von Bürgschaften, sobald eine Eigenkapitalquote von 30 % erzielt wurde.
Karl Bruckner, geschäftsführender Gesellschafter der Wiener BDO Auxilia Treuhand GmbH, empfiehlt, das Privatkapital möglichst nicht anzutasten und in erster Linie sämtliche betrieblichen Sicherheiten einzusetzen – etwa in Form von Forderungszessionen oder der Verpfändung von betriebseigenen Liegenschaften, dem Warenlager, dem Anlagevermögen. Auch Leasing hält er für eine interessante Alternative – schließlich werde dem Gläubiger mit dem Leasingobjekt ja gleichzeitig Sicherheit in die Hand gegeben. Ein bewährtes Mittel ist für Bruckner auch der Abschluss möglichst vieler Versicherungen – etwa einer Haftpflichtversicherung, mit der sich etwa der Bauunternehmer gegen Schäden beim Kunden absichern kann, einer Kredit- oder einer Betriebsunterbrechungsversicherung.
Schließlich gibt es noch einen sinnvollen Kompromiss zwischen Personengesellschaften und beschränkter Haftung: die GmbH & Co. KG, die Bruckner für alle Unternehmen ab einer Größenordnung von 10 – 20 Mitarbeitern empfiehlt. Während die Kommanditisten nur mit ihrer Einlage haften, tritt die GmbH als Vollhafter ein – doch deren Gesellschafter haften ebenfalls nur beschränkt. Kapitalgesellschaften entpuppen sich im Übrigen zunehmend als interessante Alternative: zum einen, weil "diese Rechtsform eine gewisse Disziplinierung erfordert und sicherstellt, dass der Betrieb auch dann bestehen bleibt, wenn dem Inhaber etwas passiert" (Spängler), zum anderen aufgrund der geringen Haftung und der Gewinnbesteuerung: Nach Senkung der Körperschaftssteuer von ehemals 50 auf zuletzt 25 % sind GmbHs und AGs heute attraktiver als Personengesellschaften. Kein Wunder also, dass die Zahl der GmbHs in den letzen beiden Jahren um acht Prozent auf 102.000 stieg.
Aber das Problem der Privatvorsorge löst sich damit nicht automatisch. Auch GmbHGesellschafter sollen private Reserven anlegen, wenn sie für Krisen oder einen reibungslosen Pensionsantritt gewappnet sein wollen.

Prof. Dr. Arnold Weissman

DE, Nürnberg

Geschäftsführender Gesellschafter

Weissman & Cie. Strategische Exzellenz für Familienunternehmen Strategieberatung

Publikationen: 8

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