Urheberrechtliche Aspekte der digitalen Zweitverwertung
Urheberrechtliche Aspekte der digitalen Zweitverwertung

Urheberrechtliche Aspekte der digitalen Zweitverwertung

Beitrag, Deutsch, ANWALTS- NOTAR- STEUERBERATER - SOZIETÄT http://www.zumAnwalt.de

Autor: Dr. Ralf Petring

Erscheinungsdatum: 29.03.2006


Aufrufe gesamt: 4514, letzte 30 Tage: 1

Kontakt

Verlag

ANWALTS- NOTAR- STEUERBERATER - SOZIETÄT http://www.zumAnwalt.de

Preis: Kostenlos

PDF herunterladen

Moderne Medien verlangen immer wieder neue Prüfungen und Bewertungen hinsichtlich der rechtlichen Position von Urhebern und Verwertern.

Für viele Medienunternehmen stellt sich wiederholt die Frage, ob eine Verwertung von Bild- oder Filmmaterialien auf CD oder DVD im Verhältnis zur herkömmlichen (analogen) Verwertung - etwa auf VHS- oder SVHS-Filmen - eine neue und eigenständige Nutzungsart darstellt und wie dies von der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung bewertet wird.

Hierzu einige vielleicht hilfreiche Bemerkungen:
Es drängt sich mir des öfteren der Eindruck auf, dass für Medienunternehmen "günstige" Entscheidungen in vergleichbaren urheberrechtlichen oder medienrechtlichen Fällen eher bei den süddeutschen Gerichten zu erwarten sind, als dies nördlich des Mains erhofft werden dürfte.

Tatsächlich gibt es Entscheidungen des Landgerichts München I (ZUM 2003, 2003, 147) und auch des Oberlandesgerichts München (dortiges Urteil vom 10. Oktober 2002, ZUM 2002, 922) dahingehend, dass es sich bei einer Vervielfältigung und Verbreitung von Filmen auf DVD nicht um eine neue und eigenständige Nutzungsart handelt, was dem gegenüber beispielsweise das Landgericht Köln in einem Urteil vom 25.05.2002 (28 O 31/2002) rechtlich konträr beurteilt hat. Das OLG Köln hat im darauf folgenden Berufungsverfahren diese Frage dann offengelassen und den dortigen Rechtsstreit unter Abstellung auf andere rechtliche Gesichtspunkte entschieden (vgl. OLG Köln, ZUM 2003, 317).

In der rechtswissenschaftlichen Literatur ist die urheberrechtliche Bewertung einer Neuauflage auf DVD äußerst umstritten, ohne dass sich eine herrschende Literaturmeinung feststellen lässt. Es gibt praktisch zwei etwa gleichstarke Lager.

Am 19.05.2005 hat der Bundesgerichtshof (I ZR 285/02) die oben erwähnte Entscheidung des OLG München vom 10.10.2002 zwar (aus anderen) Gründen aufgehoben, ist in den Entscheidungsgründen allerdings den Münchener Instanzengerichten dahingehend gefolgt, dass "die DVD-Zweitauswertung von Spielfilmen im Verhältnis zur herkömmlichen Vermarktung auf Videokassette keine wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform darstellt", da "die DVD auf längere Sicht die herkömmliche Videokassette ersetzen wird und daher keinen neuen Markt erschließt, sondern eine herkömmliche Verwendungsform substituiert".

Dabei stellt der BGH "auf das Nachfrageverhalten der Verbraucher" ab.

In dem Zusammenhang hat der 1. Zivilsenat nicht verkannt, dass "die DVD gegenüber der herkömmlichen Videokassette ganz erhebliche technische Vorteile aufweist", allerdings gleichzeitig "nicht festzustellen vermocht, dass aufgrund der technischen Neuerungen neben dem herkömmlichen Videokassetten-Markt ein neuer Absatzmarkt entstünde". Nach Auffassung des BGH "fehlt es an einer wirtschaftlich eigenständigen Verwendungsform, handelt es sich lediglich um eine technische Variante der bereits 1980 bekannten Nutzung von Spielfilmen zur Heimvorführung mit Hilfe des Fernsehgerätes".

Die Tatsache, dass die DVD nicht verschleißanfällig ist und eine höhere Bild- und Tonqualität aufweist sowie auch die direkte Ansteuerung bestimmter Szenen durch Menüsteuerung unmittelbar am Gerät oder über eine Fernbedienung ermöglicht, hat den Bundesgerichtshof nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung veranlasst.

Da der 1. Senat die in Rede stehende Entscheidung im Rahmen der gesetzlichen Vorschrift des § 31 IV UrhG gefällt hat, nach dessen Inhalt die Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten sowie Verpflichtungen hierzu rechtlich unwirksam sind, bleiben hinsichtlich der Anwendung dieser BGH-Rechtsprechung allerdings immer noch rechtliche Unwägbarkeiten. In dem Fall, der vom Bundesgerichtshof zu entscheiden war, hatte der Urheber durch Vertrag und Tarifvertrag umfassende Nutzungsrechte eingeräumt, und nicht lediglich spezifiziert formulierte Nutzungsrechte für bestimmte Verwendungsarten und -fälle. Im dort zu entscheidenden Fall stellte sich die Frage, ob die eingeräumten umfassenden Nutzungsrechte auch die zum Zeitpunkt der Rechteeinräumung noch nicht bekannte Verwertungsmöglichkeit auf DVD umfasst.

Unter Berücksichtigung dieses der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhaltsaspekts und dieses Betrachtungswinkels gibt es in anders gelagerten Fällen also durchaus auch rechtlich differenziertere Argumentationsmöglichkeiten für die "Urheber".

Häufig enthalten Lizenzabsprachen Regelungen fragmentarischer "Qualität", bei denen im Streitfall im Rahmen einer etwaigen gerichtlichen Auseinandersetzung durchaus auch die sogenannte "Zweckübertragungslehre" eine Rolle spielen kann, nach der im Zweifel die Spezifizierungslast hinsichtlich des Umfangs eingeräumter Nutzungsrechte beim Lizenznehmer und nicht beim Urheber liegt.

Schließlich darf auch nicht die gesetzliche Vorschrift des § 32a UrhG übersehen werden, die dem Urheber ein Recht auf Vertragsanpassung einräumt, wenn im Verlauf einer Werknutzung durch einen Verwerter unerwartete Gewinne anfallen. Ob dies im jeweiligen Fall zu bejahen bzw. zu erwarten ist, ist nicht immer leicht abschätzbar; aus dem vorerwähnten "Fairnessparagraph" lässt sich hier allerdings - darauf sei abschließend hingewiesen - kein Unterlassungsanspruch bzw. ein DVD-Verbot ableiten.

Dr. Ralf Petring
Rechtsanwalt

Bielefeld

Dr. Ralf Petring

DE, Bielefeld

DR. WEND & PARTNER GbR Rechtsanwälte und Steuerberater

Publikationen: 5

Aufrufe seit 10/2004: 3964
Aufrufe letzte 30 Tage: 1