Zielvereinbarung mit flexiblen Zielen
Zielvereinbarung mit flexiblen Zielen

Zielvereinbarung mit flexiblen Zielen

Beitrag, Deutsch, 2 Seiten, Monster Worldwide Deutschland GmbH

Erscheinungsdatum: 16.09.2009

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Zielvereinbarung mit flexiblen Zielen


Wirtschaftlich turbulente Zeiten sind eine große Herausforderung für Führungskräfte. Indirekt wirkt dies auch auf die in den Unternehmen installierten Instrumente zur Mitarbeiterführung, Mitarbeiterbindung und Motivation. Besonders betroffen sind variable Vergütungssysteme und die zumeist damit verbundenen Prozesse zur Vereinbarung von Zielen: „Dafür haben wir jetzt keine Zeit“ oder „Wenn wir heute Ziele vereinbaren, sind diese doch morgen schon überholt“ tönt es aus den Führungsebenen. Das ist durchaus nachvollziehbar. Doch Zielsysteme und variable Vergütungssysteme inkludieren wichtige Instrumente des unternehmensweiten Performance Managements. Werden diese Steuerungstools gerade jetzt losgelassen, hat dies regelmäßig fatale Folgen. Der Strategieberater Gunther Wolf zeigt auf, wie man auch in schwierigen Situationen mit Zielvereinbarungen und variabler Vergütung motivierend führt.

Es sind selten die Krisenzeiten, in denen die Unternehmensleitungen oder das strategische Personalmanagement nützliche Führungsinstrumente und -systeme etabliert. Sie sollen Führungskräfte dabei unterstützen, die Kompetenzen, Leistungen und Arbeitserfolge ihrer Mitarbeiter zu optimieren. Wenn es aber nicht mehr um die Optimierung der Effizienz und der Performance geht, sondern ums blanke Überleben, verlieren die in ruhigen Zeiten mit Bedacht, Sinn und Sorgfalt implementierten Instrumente rapide an Aufmerksamkeit. In krisenhaften Zeiten muss häufig in kürzester Zeit entschieden und gehandelt werden, ständig erfordern neu auftauchende Herausforderungen die Feuerlöschdienste des Managements. Das Diktat der Dringlichkeit bestimmt den Tagesablauf der Top Manager.

„Wenn Du es eilig hast, gehe langsam“ (Lothar J. Seiwert)


In einer solchen Situation innezuhalten und sich mit Mitarbeitern hinzusetzen, um Ziele zu vereinbaren, fällt Führungskräften verständlicherweise schwer. Je kribbliger die Lage, desto autoritärer fällt der Führungsstil üblicherweise aus. „Jetzt müssen wir alle die Zähne zusammenbeißen und tun, was getan werden muss“, begründete ein ranghoher Manager die Streichung der variablen Vergütung vor seinen Mitarbeitern. Er ist der Ansicht, dass der Erhalt der Firma und des Arbeitsplatzes ausreichend Motivation bieten sollte. Aus anderen Unternehmen hören wir andere Denkansätze, die auf eine Aussetzung lediglich der Zielvereinbarungsgespräche hinausläuft: „Wenn wir dieses Jahr die variable Vergütung nicht fix auszahlen, gehen uns die guten Leute von Bord!“

„Angst essen Seele auf“ (Rainer W. Fassbinder)


Doch wie sieht die Perspektive der betroffenen Mitarbeiter wirklich aus? Da stehen vor allem Bedenken im Vordergrund, wie es künftig weitergehen soll. Droht etwa Kurzarbeit für alle, die eigene Kündigung oder gar die Insolvenz des Unternehmens? Nicht jedem Mitarbeiter ist es zudem möglich, auf seine variable Vergütung ganz zu verzichten. Gerade die erfolgreichen Mitarbeiter haben über lange Perioden hinweg zuverlässig Bonuszahlungen erhalten und sie bereits fest in ihre Haushaltsbudgets eingeplant.

Schweigen ist nicht immer Gold


Gerade diese Mitarbeiter benötigen in solchen Zeiten Sicherheit durch klare Aussagen und Steuerung durch starke Führungskräfte. Andererseits: Mit fixer, also leistungsunabhängiger Auszahlung der variablen Vergütung, geben Führungskräfte und Unternehmensleitung exakt das falsche Signal. Gerade das leistungsorientierte und in jeder Hinsicht flexible Verhalten der Belegschaft kann gegenwärtig viele Unternehmen vor Schäden bewahren. Dies gilt besonders für Mitarbeiter an erfolgskritischen und kundennahen Positionen. Auch jetzt kann man diese mit flexiblen Zielen und variablen Vergütungssystemen führen und steuern.

Relative Ziele im Vertrieb


Bei der deutschen Tochter eines amerikanischen Unternehmens aus der Kunststoffbranche ist die Festlegung zweistelliger Umsatz-Zuwächse („double digit growth“) ein ungeschriebenes Gesetz und Prüfstein für das zufrieden stellende Ergebnis der Zielvereinbarung. Auch für das Jahr 2009 waren solche Zielvereinbarungsformulare ausgefüllt worden, deren Inhalte indes das Papier nicht wert waren, auf das sie geschrieben wurden. Jeder wusste: Man hat zwar ein Signal gesendet, dass man hoch motiviert und ambitioniert sei, aber diese Ziele sind niemals erreichbar. Sie spiegelten den Kollegen aus Übersee nicht nur falsche Tatsachen vor, sie waren zugleich eine Bonusverzichtserklärung. Die Mitarbeiter richteten nun all ihre Energie darauf aus, zu höheren Festgehältern zu kommen. Das Personalmanagement reagierte prompt: Mit externer Unterstützung wurden die Ziele neu definiert, sodass sie zwar höchst ambitioniert, aber dennoch realisierbar waren. Dazu bediente man sich relativen Zielen, wie z. B. „x Prozent mehr Umsatz als der Wettbewerb“, „... als der Wettbewerber X“ oder „Steigerung des Marktanteils im Vertriebsgebiet um ... Prozentpunkte“.

Umsatz um jeden (Ertrags-)Preis?


Denkbar wäre auch gewesen, den Sprung auf eine Ertragsverbesserung zu wagen: „Verbesserung des Roherlöses (in Prozent vom Umsatz) um ... Prozentpunkte“. Der Vertrieb besitzt doch hervorragende Chancen, um auf den Roherlös Einfluss zu nehmen! Wenn den Kunden die Einzigartigkeiten der Produkte und die Vorteile des Unternehmens in puncto Service beim Verkaufsgespräch vor Augen geführt werden, können Rabatte und Nachlässe gesenkt werden. Dabei ist die Reduzierung versteckter Rabatte zu berücksichtigen, wie z. B. Preise für Inzahlungnahmen. Weitere Möglichkeiten für den Vertrieb bestehen in der Produktsteuerung, indem z. B. der Absatz von Produkten mit hohem Deckungsbeitrag forciert wird. Wichtige Voraussetzung für das Funktionieren und die motivierende Wirkung solcher Ziele ist, dass die Unternehmensleitung Ertrags- und Kostenstrukturen produktbezogen offen legt.

Kosten los?


Neben dem Umsatz spielen auch Kosten eine wichtige Rolle für den Unternehmenserfolg. Nicht nur der Vertrieb verursacht Kosten: Wenn Mitarbeiter durch Disziplin, kreative Ideen und geschickte Realisierung von Einsparpotenzialen zu deren nachhaltiger Reduzierung beitragen - warum sollen sie nicht an den eingesparten Beträgen beteiligt werden?

Flexible Ziele und Perioden


Ein weiteres Beispiel, diesmal aus dem von qualitativen Zielen geprägten Unternehmensbereich „Forschung und Entwicklung“. In turbulenten Zeiten leiden gerade diese Abteilungen darunter, dass heute wichtige Entwicklungen morgen nur noch geringe Relevanz für den Erfolg am Markt besitzen können. In Stein gemeißelte Jahresziele sind in den meisten Fällen für das Unternehmen extrem schädlich. Hier macht es Sinn, die üblichen Einjahresperioden für die Zielvereinbarung an der Projektdauer ausgerichtet zu verkürzen bzw. zu flexibilisieren. Jedes Projekt kann mithilfe des Projektplans nach Umsetzung auf Zielerreichungsgrad, Termintreue und Budgeteinhaltung bewertet werden. Erst dann wird ein neues Projekt vereinbart. Sollte der Fall eintreten, dass das Projekt aus strategischen Gründen abgesetzt wird, kann eine anteilige Bemessung der variablen Vergütung an Zielerreichungsgrad, Termintreue und Budgeteinhaltung des bis zu diesem Zeitpunkt umgesetzten Projektes erfolgen.

Zusätzlich können Punktesysteme („scoring systems“) für die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erforderliche Flexibilität sorgen. Punktesysteme sind für alle eher qualitativ zu bemessenden Abteilungen empfehlenswert. Dabei wird in den Zielvereinbarungsgesprächen lediglich die anvisierte Punktezahl fixiert und auch der damit verbundene Bonus. Die Projekte hingegen, mit denen diese Punkte erreicht werden können, werden erst im Verlauf der Periode aktuell und bedarfsorientiert festgelegt.

7 Tipps für Ziele in turbulenten Zeiten:

- Ziele relativ formulieren
- Ziele auf Marktentwicklungen und Erfolge am Markt beziehen
- Flexibilisieren der Ziele
- Einbeziehen von Kostengesichtspunkten
- Verkürzen der Bemessungszeiträume („Bonusperioden“)
- Orientieren an der Projektdauer
- Nutzen von Punkte-Systemen

... und ein Bonus-Tipp


Ein weiterer hilfreicher Ansatz in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist die Einführung von Zieloptimierung. Bei diesem Verfahren werden die üblicherweise langwierigen Zielfindungs- bzw. -aushandelungsprozesse der konventionellen Zielvereinbarung auf ein Minimum verkürzt. Bei Zieloptimierung tragen nicht beide Vereinbarungspartner zusammen die Verantwortung für Zielrichtung bzw. Zielhöhe, sie müssen diese daher nicht diskutieren und aushandeln. Stattdessen sind die Verantwortlichkeiten für jedes einzelne Element der Zielfestlegung klar geregelt. Wenn nicht zwei Köche im gleichen Topf rühren, wird das Essen nicht nur besser, sondern auch schneller fertig...

Gunther Wolf, www.io-business.de / www.gunther-wolf.de

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