Aufsatz, Deutsch, 7 Seiten, C.H. Beck oHG Verlag Seminare
Autor: Dr. Adem Koyuncu
Herausgeber / Co-Autor: Dr. Dr. Adem Koyuncu
Erscheinungsdatum: 31.05.2023
Quelle: Pharma Recht
Seitenangabe: 278-284
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Verlag
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Auszug aus dem Aufsatz:
I. Einleitung und Hintergrund
Spätestens seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (EU) 2016/679 („DSGVO“) ist der Datenschutz für Verbraucher und Unternehmen allgegenwärtig geworden. So finden die Erfassung und Verarbeitung personenbezogener Daten heutzutage in beinahe jeder alltäglichen Situation statt. Auch pharmazeutische Unternehmen und Gesundheitsdienstleister erfassen und verarbeiten täglich eine Vielzahl personenbezogener Daten. Daher berührt das Datenschutzrecht unweigerlich auch andere Rechtsgebiete hierzu zählen insbesondere auch das Pharma- und Lauterkeitsrecht.
Der in diesem Beitrag besprochene Beschluss des BGH mit dem offiziellen Entscheidungsnamen „Arzneimittelbestelldaten“ betrifft die besonders praxisrelevante, aber auch neuralgische Schnittstelle des Datenschutzrechts mit dem Lauterkeitsrecht. Der BGH versucht seit 2020 durch mehrere EuGH-Vorlagen, das Verhältnis zwischen der DSGVO und dem Lauterkeitsrecht zu klären. Mittlerweile kann schon von einer Serie gesprochen werden. In dem besprochenen, insoweit dritten EuGHVorlagebeschluss geht es nun (erneut) um die Frage, ob Wettbewerber nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt sind, um gegen Mitbewerber vorzugehen, wenn diese bei geschäftlichen Handlungen gegen die DSGVO verstoßen. ...
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V. Zusammenfassung und Ausblick
Das Datenschutzrecht hat viele Berührungspunkte mit dem Pharmarecht und wirft dabei komplexe Fragen auf, wie beispielsweise bei klinischen Prüfungen. Die Schnittstelle des Datenschutzrechts mit dem arzneimittelbezogenen Lauterkeitsrecht wirft auch komplexe Fragen auf. Der oben besprochene BGH-Beschluss behandelt zwei wichtige Fragen, zu denen die Entscheidung des EuGH mit Spannung erwartet wird. Die Antworten auf beide Vorlagefragen des BGH werden weitreichende Konsequenzen für die rechtliche Praxis haben, und zwar deutlich über den Onlinevertrieb von Arzneimitteln hinaus.
Sollte der EuGH die erste Vorlagefrage nach der Zulässigkeit der lauterkeitsrechtlichen Klagebefugnis von Mitbewerbern bestätigen, ist davon auszugehen, dass die zivilrechtliche Geltendmachung und Ahndung von Datenschutzverstößen durch Wettbewerber deutlich zunehmen wird.
Die Antwort des EuGH auf die zweite Vorlagefrage des BGH zur datenschutzrechtlichen Einstufung der Arzneimittelbestelldaten hat auch über diesen Fall hinaus Praxisrelevanz. Nach der hier vertretenen Auffassung erscheint es zwar zweifelhaft, die o. g. Bestelldaten als Gesundheitsdaten einzustufen. Andererseits hat der EuGH in anderen datenschutzrechtlichen Verfahren durchaus unerwartete Entscheidungen im Interesse eines hohen Datenschutzniveaus getroffen. Daher erscheint eine weite Auslegung des Begriffs der Gesundheitsdaten und die Einstufung der Bestelldaten als Gesundheitsdaten gut möglich.
Das Vorabentscheidungsersuchen ist auch für Pharmaunternehmen bedeutsam. Bejaht der EuGH beide Vorlagefragen, könnte das zu einer Zunahme von UWG-Verfahren zwischen diesen Unternehmen führen. Andererseits hätten Pharmaunternehmen dann eine eigene Klagebefugnis aus dem UWG und damit ein wirksames Instrument zurWahrnehmung ihrer wettbewerbsrechtlichen Interessen. Unternehmen, die selbst DSGVO-konform arbeiten, könnten gegen Wettbewerber vorgehen, die gegen die DSGVO verstoßen und sich dadurch Vorteile im Wettbewerb verschaffen. Es sind durchaus Szenarien für derartige UWG-Verfahren zwischen Pharmaunternehmen denkbar, wenn etwa, wie eingangs aufgezeigt, Unternehmen Patienten-Support- Programme, Anwendungsbeobachtungen oder Marketingmaßnahmen mit Ärzten durchführen und dabei gegen die DSGVO verstoßen.
Die Entscheidung des EuGH wird mit Spannung erwartet. Vom Ergebnis her betrachtet ist es auch möglich, dass der EuGH nur eine der beiden Fragen bejaht und die andere verneint. Er könnte auch eine der Fragen verneinen und die zweite Frage unbeantwortet lassen, weil sie infolge der Verneinung der ersten Frage nicht mehr entscheidungserheblich ist. In dieser Hinsicht hat der EuGH wiederholt gezeigt, dass er - salopp gesagt - nur so hoch springt, wie er muss.
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