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Spektakuläre Übernahme – Microsoft kauft Activision Blizzard

Eine Person hält einen Xbox-Controller in den Händen

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Durch die Übernahme von Activision Blizzard wird vermutet, dass die Spieletitel des Entwicklerstudios nur noch exklusiv auf der Xbox und auf Windows-PCs gezockt werden können. Bildquelle: Sam Pak / Unsplash

 

Es ist der mit Abstand größte Coup in der Historie der Gamingbranche und wird den Industriezweig in den nächsten Jahren nachhaltig verändern. Für knapp 70 Milliarden US-Dollar kauft Microsoft den Konkurrenten Activision Blizzard. Noch nie wurde solch eine Summe für eine Übernahme bezahlt. 

Der Software-Riese, der mit seiner Xbox-Spielekonsole prominent in der Gamingindustrie vertreten ist, sichert sich mit dem Deal viele populäre Spieletitel wie Call of DutyOverwatch und das Mobile-Game Candy Crush. Marktanalysten und Branchenexperten gehen davon aus, dass Microsoft mit der Übernahme von Activision Blizzard sein Wachstum im Gamingsektor beschleunigen will.

 

 

Sexismus-Skandal erschüttert Activision Blizzard

Activision Blizzard hat sich über die Jahre zum weltgrößten Spielehersteller hochgeschwungen und mit Marken wie Call of Duty die Gamingbranche für immer geprägt. In den vergangenen Jahren zog jedoch eine schwarze Wolke über den Konzern auf, die das gute Image nachhaltig zerstörte und auch den Unternehmenswert drastisch senkte. 

So schockte der Spielehersteller seine Aktionäre zum Jahreswechsel mit düsteren Aussichten für das vierte Quartal 2021. In der Folge sackten die Papiere des Spieleherstellers um satte 14 Prozent ab. Diese Unternehmenskrise nutze offenbar Microsoft, um sich die Mehrheit der Aktien zu sichern und eine Übernahme in die Wege zu leiten. Der Software-Riese bot 95 USD pro Aktie, was einem Aufschlag von 45 Prozent zum damaligen Schlusskurs von 65,39 USD entsprach. Activision Blizzard hatte damit einen Gesamtwert von 68,7 Milliarden USD. Eine bizarre Entwicklung, da die renommierte Spieleschmiede im zweiten Quartal 2021 einen doppelten Firmenwert aufweisen konnte. Das wirft natürlich die Frage in den Raum, wie es zu solch einem Absturz kommen konnte.

Auslöser für die Krise waren zahlreiche Missstände wie Diskriminierung, Belästigung von Frauen und Chancenungleichheit, die allesamt an die Öffentlichkeit gerieten. Eine externe Untersuchung, die sich die Arbeitsbedingungen bei Activision Blizzard genaustens angeschaut hat, deckte die gesamte Misere innerhalb des Konzerns auf. Daraufhin wurden interne Ermittlungen eingeleitet. Der Spielehersteller gab bekannt, dass rund 37 Mitarbeiter entlassen und 44 weitere schriftlich verwarnt worden seien. Zu diesem Zeitpunkt war das Kind jedoch bereits in den Brunnen gefallen und das Vertrauen in die Führung und das Personalmanagement verspielt.

 

Was für Absichten hegt Microsoft?

Der Sexismus-Skandal wird Activision Blizzard trotz Übernahme weiterhin begleiten. Das weiß auch Microsoft. Der Software-Riese scheint aber das Risiko gut abschätzen zu können. Denn Bobby Kotick, Chef von Activision Blizzard, soll weiterhin im Amt bleiben. Dabei wurde er von der breiten Masse als Sündenbock des Absturzes auserkoren. Er war nach dem Bekanntwerden der sexuellen Belästigung und Diskriminierung im Konzern stark in die Kritik geraten.

Microsoft wird zunächst die Wogen glätten müssen, ehe die Zukunftsplanungen in Angriff genommen werden können. Das dürfte der Xbox-Hersteller jedoch angesichts des gigantischen Mehrwerts des Deals billigend in Kauf nehmen. Der Konzern verfolgt aktuell sehr aggressiv eine ganz bestimmte Vision, die auf ein Geschäftsmodell abzielt, das es in anderen Branchen in diesem Form bereits gibt. 

Laut Microsofts Zukunftsversion werden Spiele nicht mehr online oder im klassischen Handel gekauft. Vielmehr werden Spielende ein Game-Abonnement gegen eine monatliche Gebühr buchen. Dadurch haben sie Zugriff auf eine gigantische Anzahl an Spielen. Zudem brauch es nicht einmal eine Konsole, sondern es kann dank Streaming-Technologie auf jedem erdenklichen Gerät gezockt werden. Mit dem unternehmenseigenen Xbox Game Pass zeigt Microsoft bereits, in welche Richtung es gehen soll.

Damit das Netflix der Gamingbranche auch tatsächlich funktioniert, brauch es natürlich große und beliebte Spieltitel, die den Anreiz für solch ein Abonnement schaffen. Durch die Übernahme von Activision Blizzard hat der Software-Riese nun ganz heiße Eisen im Feuer, die in das zukünftige Geschäftsmodell implementiert werden.

 

 

Ist die Playstation der große Verlierer?

Als die Nachricht vom Mega-Deal publik wurde und sich wie ein Lauffeuer verbreitete, kam die Befürchtung auf, dass die Playstation und ihre Spielergemeinde als großer Verlierer aus dem Branchenbeben hervorgehen werden. So wurde vermutet, dass aktuelle und kommende Spiele von Activision Blizzard exklusiv für die Xbox und für Windows-PCs sein werden. 

Die Frage um die Exklusivität ebbte zu Beginn auch nicht ab, da man von offizieller Seite eher vage kommunizierte. Xbox-Chef Phil Spencer sprach zunächst nur davon, bestehende Kooperationen einzuhalten. Da man weitere Entwicklungen noch nicht beurteilen könne, wolle man keine voreiligen Schlüsse ziehen. Kurze Zeit später folgte die Nachricht, dass die Playstation noch mindestens drei weitere Call of Duty-Titel erhalten werde. Informationen über andere Marken wurden jedoch nicht preisgegeben. Die anfängliche Kommunikation befeuerte die Befürchtung, dass die Exklusivität der Spieletitel künftig eine große Rolle spielen wird.

Vor kurzem folgte dann allerdings die große Entwarnung. In einem neuen Blogpost äußerte sich Brad Smith, Präsident von Microsoft, höchstpersönlich zu der Übernahme von Activision Blizzard und handelte relativ zügig die Exklusivitäts-Frage ab. Er gab zu verstehen, dass sowohl Call of Duty als auch andere populäre Titel von Activision Blizzard für die Playstation veröffentlicht werden. Die Grundvoraussetzung seien jedoch vertragliche Vereinbarungen. Dessen ungeachtet habe man sich Sony gegenüber verpflichtet, die jeweiligen Titel auch in der Zukunft auf der Playstation zu veröffentlichen, damit auch die dortige Spielergemeinde in den Genuss ihrer Lieblingsspiele kommen.

 

Exklusivität bleibt großes Thema

Gleichwohl Brad Smith die brodelnde Gerüchteküche per Blogpost beruhigte, bleibt Exklusivität ein großes Thema. Der Microsoft-Präsident wählte seine Worte weise und sprach nicht ausdrücklich von allen Activision Blizzard-Spielen. Zudem betonte er, dass es stets auf die vertraglichen Konditionen ankommen wird. Sobald Sony und Microsoft keinen gemeinsamen Nenner mehr finden, dürfte das halbgare Versprechen von Smith schnell ins sich zusammenbrechen.

Letztlich wird jedoch der potenzielle Profit das entscheidende Kriterium sein. Die Playstation ist deutlich beliebter und damit weitverbreiteter als die Xbox. Das zeigen die offiziellen Verkaufs- und Absatzzahlen. Für Microsoft dürfte es daher rein rechnerisch deutlich lohnenswerter sein, die gewaltige Anzahl an Activision Blizzard-Fans auf der Playstation zu bedienen, als künstliche Restriktionen per Exklusivität zu schaffen. Allerdings ist der aktuelle Status quo nicht in Stein gemeißelt, da sich die Verkaufszahlen der jeweiligen Konsolen durch den Mega-Deal prinzipiell verschieben könnten.