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Weiterbildung vom Arbeitsamt trotz Job – so geht es

Für viele Arbeitnehmer ist Weiterbildung eine Sache des Arbeitgebers. Doch was tun, wenn der Arbeitgeber seine Personalentwicklung nicht auf die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeitenden ausrichtet?

Zum Arbeitsamt, ohne arbeitslos zu sein?

Die Bundesagentur für Arbeit hat weitaus mehr Aufgaben, als die Arbeitsuchenden zu verwalten und deren Leistungen auszuzahlen. Unter anderem widmet sie sich auch der Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Die kann entstehen, wenn Arbeitnehmer aufgrund eines Stellenwechsels innerhalb des Unternehmens, neue Aufgaben zu bewältigen haben oder abzusehen ist, dass sie erkranken, wenn sie noch sehr lange in ihrem Beruf bleiben. 

Arbeitnehmer suchen den Weg zur Arbeitsagentur üblicherweise erst, wenn sie von einer Kündigung betroffen sind. Doch allein, die Bedrohung aufgrund von fachlichen Defiziten, wie sie nach Modernisierungen entstehen können, berechtigt Arbeitnehmer dazu, Leistungen der Arbeitsagentur in Anspruch zu nehmen. In Bezug auf Weiterbildung, ist der Antrag auf einen Vermittlungsgutschein eine Option. 

Der Begriff Vermittlungsgutschein ist vielleicht irreführend. Es geht hier nicht um Vermittlung in eine neue Stelle. Die ausführliche Bezeichnung hierfür ist Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS). Unter Aktivierung wird in dem Zusammenhang auch Weiterbildung verstanden, die dazu führt, dass ein Arbeitsplatz erhalten bleibt. 

Neben dem AVGS gibt es noch den Bildungsgutschein, der auch von Arbeitnehmern beantragt werden kann, wenn fachliche Defizite oder gesundheitliche Probleme zu einem Arbeitsplatzverlust führen könnten. 

Mögliche Begründungen für den Antrag

Verändern sich die Anforderungen im Beruf, verunsichert das viele. Mehr Verantwortung macht zwar stolz und die Freude über eine Beförderung ist groß. Gleichzeitig, können sich aber auch Versagensängste aufbauen und in der Praxis zeigen sich möglicherweise fachliche Defizite, die möglichst rasch ausgeräumt werden müssen. Zudem setzt die Arbeit, den Arbeitnehmer unter Stress, weil er mehr Zeit benötigt und aufgrund von Fehlern sehr viel genauer arbeiten oder Aufgaben mehrmals in Angriff nehmen muss.

Für den Antrag wäre die Begründung in dem Fall in etwa so zu formulieren: Seit kurzer Zeit haben sich die Aufgaben in meinem Arbeitsbereich verändert. Um meine Arbeit gut machen zu können und nicht aufgrund fehlender fachlicher Kompetenzen gekündigt zu werden, beantrage ich einen AVGS/ Bildungsgutschein. 

Ideal ist es, wenn gleich ein Bildungsziel mitgeliefert wird. Wer beispielsweise als Abteilungsleiter ins mittlere Management aufgerückt ist, steht neben den fachlichen Anforderungen auch vor einer neuen Position in der Unternehmenskommunikation. Als Ansprechpartner von der unteren und oberen Ebene, ist es nicht immer leicht, allen gerecht zu werden. Daher könnten Seminare oder Coachings zu Themen wie Kommunikation, Führungsqualitäten oder Stressmanagement hier gleich als Bildungsziel benannt werden. 

Sind gesundheitliche Probleme Grund für die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, so müssen die in der Regel auch benannt werden. Um die Bearbeitung der Anträge zu beschleunigen, empfiehlt es sich, dem Antrag direkt eine Schweigepflichtentbindung der behandelnden Ärzte beizulegen. Sowohl Antrag, wie auch Schweigepflichtentbindung können formlos geschrieben sein. Wichtig: Es müssen alle Ärzte namentlich benannt sein, die von der Schweigepflicht entbunden werden sollen. 

Tipp: Die Anträge sollten schriftlich gestellt werden, dann müssen sie schriftlich beantwortet werden und es ist möglich, Rechtsmittel einzulegen, also bei Ablehnung zu widersprechen. Auch wenn die Gutscheine nicht mit einem Rechtsanspruch belegt sind, können Widersprüche eingelegt werden, die auch durchaus zum Erfolg führen können.

Unterschied AVGS und Bildungsgutschein

Beides sind Instrumente, die zur beruflichen Bildung eingesetzt werden können. Während Bildungsgutscheine meist für umfangreichere Bildungsangebote vergeben werden, können Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine sehr viel individueller ausgestellt werden. Es ist sogar möglich, konkrete Angebote auf wenige Stunden zu begrenzen, wenn es nur einen geringen Unterstützungsbedarf gibt. Zudem wird die weitere Zuteilung von AVGS aufgrund der erarbeiteten Potentialanalyse im Nachgang oft angepasst und kann sogar in der Ausstellung eines  Bildungsgutscheins münden. 

Der AVGS ist ganz detailliert geregelt, die Zahl der Konsultationen vor Ort und der Inhalt der Termine. Dienstleister, die via AVGS Kunden betreuen, müssen einen ausführlichen Bericht an die ausstellende Institution schicken, in dem sie weitere Bildungsempfehlungen aussprechen können. Da erfahrene Coaches in der Betreuung der AVGS Kunden eingesetzt sind, wird auf deren Urteil vertraut. 

Es gibt AVGS Angebote, die in Kleingruppen stattfinden dürfen, dies betrifft beispielsweise Seminare. Coachings sind hingegen immer Einzeltermine. Im Idealfall geht den Seminaren, ein Coaching voran, weil dann ein individueller Weiterbildungsfahrplan erstellt werden kann.

Der Bildungsgutschein kann Bildungsangebote umfassen, die in einen beruflichen Abschluss oder sogar einen Studienabschluss münden. Zahlreiche Fernakademien sind inzwischen zertifiziert und bieten berufsbegleitende Weiterbildungen oder Studiengänge an, die sich auch speziell an Arbeitnehmer richten. 

Weitere Leistungen zur Förderung von Weiterbildungen

Befürwortet die Arbeitsagentur einen Antrag auf AVGS oder Bildungsgutschein, so werden weitere Leistungenerbracht, die im Zusammenhang mit dem Bildungsangebot entstehen. Dazu zählen Fahrt- und Unterbringungskosten oder auch Zuschüsse zur Kinderbetreuung, sofern hier zusätzliche Kosten entstehen, weil die Seminare beispielsweise außerhalb der üblichen Betreuungszeiten anfallen oder Paare in konträren Schichten arbeiten und das Kind zuhause betreut wird. 

Ganz besonders gefördert werden Bildungsangebote, die dazu führen, dass Schul- oder Berufsabschlüsse nachgeholt werden. Damit richtet sich das Angebot der Arbeitsagentur wirklich an Arbeitnehmer aller Bildungsschichten und versucht, Defizite in der Chancengleichheit auszugleichen, die in jüngeren Jahren entstanden sind. 

Mit dem Wunsch nach Weiterbildung geht natürlich immer auch der Gedanke einher, das Bildungsziel nicht zu erreichen. Von Seiten der Arbeitsagentur wird einiges angeboten, damit das Ziel erreicht werden kann. Seminare zum Thema „Lernen lernen“ im Vorfeld sind sinnvoll, um wieder eine Routine im Erarbeiten von Inhalten zu bekommen und Techniken kennenzulernen, die helfen, sich Wissen anzueignen und merken zu können. Bei AVGS Angeboten, können die Gutscheine verlängert oder ergänzt werden, bis der Weiterbildungsinteressent sich sicherer fühlt und das Ziel als erreicht ansieht oder mit einer bestandenen Prüfung aufwarten kann. Bei großen Weiterbildungsangeboten wie Umschulungen, gibt es eine Art Nachhilfe (Umschulungsbegleitende Hilfen), die hilft, schwierigen Stoff verständlicher darzulegen und die Erfolgsaussichten zu verbessern. 

Fazit: Die Arbeitsagentur hat für Arbeitnehmer sehr viel zu bieten. Bei Fragen oder Unklarheiten werden auch Nichtkunden Termine zu Gesprächen angeboten. Auf dem Portal der Agentur gibt es zahlreiche Downloads zu allen Themen rund um die Karriere. Letztendlich ist die Agentur ebenso daran interessiert, einen Arbeitnehmer vor einem Leistungsbezug zu bewahren, wie sie daran interessiert ist, den Leistungsbezug von Arbeitsuchenden zu beenden. Entsprechend lohnt es sich, seine Weiterbildungspläne mit den zuständigen Ansprechpartnern zu erläutern und die Anträge zu stellen.