Zum anwaltlichen Unbehagen bei erlassener einstweiliger Unterhaltsanordnung
Zum anwaltlichen Unbehagen bei erlassener einstweiliger Unterhaltsanordnung

Zum anwaltlichen Unbehagen bei erlassener einstweiliger Unterhaltsanordnung

Teil 1

Beitrag, Deutsch, 5 Seiten, Familie und Recht FuR

Autor: Dr. Eberhard Jüdt

Erscheinungsjahr: 2012

Quelle: FuR 2012, Heft 11

Seitenangabe: 570-574


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Die einstweilige Unterhaltsanordnung, und nur mit dieser soll sich dieser Beitrag beschäftigen, war, wie jeder Praktiker bisweilen leidvoll erfahren musste, schon immer, ist aber auch nach neuem Recht insb. dann ein »scharfes Schwert«, wenn über sie nicht ohne, sondern aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden wird.
Diese Feststellung mag zunächst verwundern, ist aber deshalb gerechtfertigt, weil bei einer ohne mündliche Verhandlung ergangenen Anordnung der »Rechtsweg« noch nicht ausgeschöpft ist. Denn mit dem Antrag nach § 54 Abs. 2 FamFG wird das FamG nochmals, nunmehr aber aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden. Damit besteht die Möglichkeit, bei Gericht einen Sinneswandel herbeizuführen, was mit gut vorgetragenen und überzeugenden Argumenten zur Sach- und Rechtslage selten auf taube Ohren stoßen dürfte.
Anders ist dies bei einer erst aufgrund mündlicher Verhandlung ergangenen Unterhaltsanordnung, die das FamG antragsgemäß »durchgewunken« hat: Dies möglicherweise deshalb, weil der Anordnungsantrag vom Verfahrensbevollmächtigten des Unterhaltsschuldners nicht ernst genug genommen, vielleicht auch schriftsätzlich unzulänglich bearbeitet wurde oder etwa deshalb, weil der Terminsvertreter, der ja nicht notwendigerweise der Sachbearbeiter sein muss, hinsichtlich anstehender Rechtsfragen den Termin nicht so gründlich vorbereitet hatte, dass er dem Familienrichter oder der Familienrichterin ernsthaft Paroli bieten konnte. Und dann liegt es am argumentativen Geschick des Sachbearbeiters, dem Mandanten zu erklären, dass bei einstweiligen Unterhaltsanordnungen über dem FamG der allseits bekannte blaue Himmel schwebt.
Besonders einschneidend erlebt dies der »verurteilte« Unterhaltsschuldner dann, wenn er mit einer kaum tragfähigen rechtlichen Begründung verpflichtet wurde, an seinen Ehegatten Trennungsunterhalt zu zahlen, und zwar mit einer Begründung, bei der das FamG meinte, den im Recht der einstweiligen Anordnung ansonsten geltenden Grundsatz der bloß summarischen Prüfung auch auf die Rechtsanwendung erstrecken zu können. Nun sollte man annehmen, dass das nicht passieren dürfe. Es geschieht aber in Verfahren, in denen im Wege der einstweiligen Anordnung (Trennungs-) Unterhalt geltend gemacht wird, immer wieder, weil dort, wo es schnell gehen, also eine »zeitnahe Regelung« getroffen werden muss, eine eingehende Auseinandersetzung mit anstehenden Rechtsfragen unterbleibt: Eingeräumtermaßen nicht bloß auf Seiten des Gerichts, aber auch dort, häufig aber durch den anwaltlichen Vertreter, der unter dem Druck zu bearbeitender Aktenberge auf seinem Schreibtisch meint, was einstweilig sei, sei vorläufig und vorläufig fehle die Zeit für eine sorgfältige Bearbeitung.
Was in diesem Zusammenhang – sollte sich jemand tatsächlich angesprochen fühlen? – ausgeblendet wird, sind die meist beachtlichen Konsequenzen, die aus einer gegen den Mandanten ergangenen Unterhaltsanordnung nach vorangegangener mündlicher Verhandlung folgen, und dies vor allem dann, wenn sie jedenfalls so nicht hätte ergehen dürfen; einen den Mandanten begünstigende, im Übrigen richtige Entscheidung nimmt man demgegenüber klaglos – richtiger Weise nach neuem Recht, das keine Klage mehr kennt (vgl. § 113 Abs. 5 Nr. 2 FamFG) – »antragslos« hin.
Worin soll aber das anwaltliche Unbehagen bei einer aufgrund mündlicher Verhandlung erlassenen Unterhaltsanordnung, auf das die Überschrift dieses Beitrags abstellt, eigentlich liegen?
Zunächst einmal ist der im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene Unterhaltsbeschluss nicht anfechtbar, blendet man einmal den Fall der sog. »greifbaren Gesetzeswidrigkeit« aus, wollte man diese Rüge nicht ohnehin mit der Einführung des FamFG als abgeschafft ansehen und der Anhörungsrüge nach § 44 FamFG ggü. der Rüge der greifbaren Gesetzeswidrigkeit den Vorrang einräumen.
Die Unanfechtbarkeit einstweiliger Unterhaltsanordnungen entsprach schon der alten Rechtslage. Denn nach dieser waren mit Ausnahme einstweiliger Anordnungen, mit denen die elterliche Sorge oder die Herausgabe des Kindes angeordnet oder über einen Gewaltschutz- oder Ehewohnungszuweisungsantrag entschieden wurde, alle sonstigen einstweiligen Anordnungen nach den §§ 620, 620b ZPO nicht anfechtbar (§ 620c ZPO).
Auch das neue Recht hat an der grds. Unanfechtbarkeit einstweiliger Anordnungen festgehalten und den bislang schon bestehenden Ausnahmekatalog lediglich um die Anordnung auf Verbleiben eines Kindes bei einer Pflege- oder Bezugsperson (§ 57 Satz 2 Nr. 3 FamFG) erweitert. Die Gesetzesbegründung stellt hierzu zunächst fest, dass zwar ein »wesentlicher Systemwechsel« in den Regelungen über einstweilige Anordnungen vollzogen worden sei, weil sie anders als nach dem bisherigen Recht nicht mehr von der Anhängigkeit einer Hauptsache abhängig sind.

Dr. Eberhard Jüdt

DE, Neuwied

Breit & Jüdt

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