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6 Goldstandards im E-Commerce – und wie man sie erreicht

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„Do it right or don‘t do it at all” – sang nicht nur Ray Charles, sondern steht auch seit Jahren auf unzähligen Motivationspostern. Mach‘ es richtig oder lass’ es gleich bleiben, dieser Satz gilt auch in einer Zeit, in der der Online-Einkauf in vielen Produktgruppen längst zum vorherrschenden Status geworden ist; nicht mehr die Fahrt zu einem stationären Geschäft. 

Angesichts dieser Bedeutung, in Verbindung mit der ein knappes Vierteljahrhundert betragenden Geschichte des E-Commerce als ernstzunehmendes Business, gibt es bei den allermeisten Kunden eine Erwartungshaltung. Dinge, die ein Händler schlich in jeder Hinsicht „abliefern“ muss, will er sich nicht der Gefahr aussetzen, über kurz oder lang ins Hintertreffen zu geraten. Vieles davon mag nicht neu klingen, wird aber nach wie vor immer noch von einer hohen Anzahl Händlern nicht richtig gemacht.

1. Nach jeder Definition „anständige“ Verpackungen

Versandkartons, bei denen man sehen kann, dass sie zuvor selbst eine Produktverpackung waren; Polstermaterialien, die aus alten Zeitungen und Werbeblättchen bestehen – sofern überhaupt gepolstert wird; spärlicher Einsatz von Klebeband und Produkte, die so verpackt sind, dass sie in diesem Wirrwarr kaum aufzufinden sind: Viele Online-Händler versenden ihre Ware immer noch so, dass Käufer meinen könnten, sie hätten es mit einem Privatverkäufer bei eBay zu tun. 

Das ist aus zwei Gründen grundsätzlich gefährlich:

  1. Es wirkt einfach im höchsten Maß unprofessionell. Selbst wenn ein Händler anderweitig alles richtig macht, so ist die Versandverpackung der erste und oft einzige physische Kontakt zwischen Kunde und Händler. Dieser Eindruck kann durch eine so hemdsärmelige Verpackung völlig demoliert werden.
     
  2. Es besteht die große Gefahr, dass Waren beschädigt werden oder sogar verlorengehen. Selbst, wenn vielleicht nur deren Umverpackung lädiert wird, bewirkt dies ebenfalls ein riesiges Image-Problem. 

Es müssen nicht unbedingt Kartons sein, die mit dem Händlerlogo bedruckt werden. Es muss auch nicht zwingend teure Luftpolsterfolie sein, wenn auch neutrales Packpapier funktioniert. Jedoch gibt es eine ganze Reihe wichtiger Standards der Versandverpackung, die unbedingt eingehalten werden sollten. Und dazu gehört es, jede Ware so zu verpacken, dass sie im bestmöglichen Zustand beim Kunden eintrifft. Ganz so, als hätte er sie selbst aus dem Regal eines Geschäfts gegriffen. 

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2. Produktbilder, die keine Fragen offenlassen

Zumindest im B2C-Bereich sind viele Online-Händler nur zumindest Zwischenhändler zwischen Hersteller und Kunden. Bei manchen gibt es sogar noch mehr Stufen. Viele geben deshalb das Thema Produktbilder ganz aus der Hand und nehmen einfach das, was der Hersteller offeriert.

Selbst in dem Fall, dass der Hersteller diese Nutzung explizit freigegeben hat, es also nicht auch noch urheberrechtliche Probleme geben könnte, so ist dies aus Händler- und Kundensicht ein Unding:

  • Es fehlt jedes optische Alleinstellungsmerkmal. Diese Bilder wird der Kunde auch bei anderen Händlern finden. Warum sollte er also hier kaufen?
  • Herstellerfotos sind häufig sehr allgemein, zeigen keine Produktvarianten, sind oft nicht sonderlich reichhaltig.

Auch hier lautet der Goldstandard: mehr, mehr, mehr. Jeder Händler sollte unbedingt eigene Fotos von den Produkten erstellen (lassen). Und es sollte auf den einzelnen Produktseiten auch keine Limits geben – wenn es von einem Produkt viel zu zeigen gibt, so sind zwei Dutzend und mehr Fotos absolut berechtigt. Immer sollte es zudem (wenn es sinnvoll ist) Fotos geben, die das Produkt im Einsatz zeigen (etwa Kleidung an einem Model). Und: 3D-Fotos sowie Videos sind definitiv nichts mehr, was nur bei sehr teuren Waren offeriert werden müsste. 

Ferner gilt, dass es keine zu hochauflösenden Medien gibt. Speicherplatz ist günstig, dementsprechend sollten die Fotos beim Kunden niemals kleinformatiger aufpoppen, als sie vom Fotografen geschossen wurden. 

3. Umfassende Produkttexte in verständlichem Deutsch

Auch bei denjenigen Sätzen, die ein Produkt umschreiben, gehen viele Händler heute den Weg des allergeringsten Widerstandes – und übernehmen einfach das, was der Hersteller dazu zu sagen hat. Warum das falsch ist? Schon deshalb, weil Hersteller dazu tendieren, die mit Abstand werblichste Sprache zu verwenden. Bitte nicht falsch verstehen, ein Produkttext darf durchaus ein werbliches Wording aufweisen; zuvorderst soll er jedoch den Kunden allumfassend über das Produkt informieren. Von der Tatsache, dass unterschiedliche Hersteller auch unterschiedlich schreiben und sich so auf einer Händlerseite ein regelrechtes Text-Wirrwarr von Informationen unterschiedlichster Güte aufsummieren kann, völlig zu schweigen.

Das bedeutet, dass sich kein Hersteller zu schade sein sollte, selbst die Tastatur zu bemühen oder wenigstens jemanden zu engagieren, der dies als Auftragsarbeit erledigt – das muss keine Agentur sein, es gibt in diesem Segment auch zahllose Freelancer, die deutlich günstiger sind. Ja, das gilt sogar in dem Fall, dass der Händler „nur“ ein professioneller Seller bei Amazon oder eBay ist. Denn selbst wenn man das Thema Suchmaschinenoptimierung völlig ausklammert (was eigentlich nicht seriös möglich ist), so bleibt die Tatsache, dass erst ein erschöpfender Produkttext im Zusammenspiel mit der medialen Anreicherung es dem Kunden ermöglicht, sich wirklich ein Bild von einem Produkt zu machen. 

Und: Ein Produkttext muss vielleicht nicht den hohen Standards der Duden-Gesellschaft entsprechen. Einfach jedoch nur fremdsprachige Sätze durch eine Online-Übersetzung zu schicken und ohne weitere Prüfung einzupflegen, ist ganz schlechter Stil, der zahlreiche Kunden abschreckt. 

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4. Zahlungsmethoden, die (auch) den Kunden bevorteilen

Eigentlich spricht es gegen jede unternehmerische Vernunft, dem Kunden eine Ware zu geben, bevor das Geld dafür erhalten wurde – im Dienstleistungssektor zeigt sich bald jeden Tag, wie lange Firmen deswegen ihrem Geld hinterherrennen müssen. Dennoch ist es zwingend nötig, in diesem Fall die speziellen Mechanismen des Online-Handels zu kennen, zu verstehen und anzuwenden. 

  • Kunden wollen vor allem eine schnelle Lieferung;
  • Viele Methoden, bei denen sie in Vorleistung gehen müssen, verzögern die Lieferung;
  • Zudem ist das Vertrauen online deutlich geringer als im Offline-Handel. Grund dafür sind immer wiederkehrende Meldungen von Fake-Shops und ähnlichen „Abzockern“.

Das heißt, ein Händler, der beispielsweise darauf besteht, nur Überweisungen oder ähnliche Vorkasse-Zahlungen zu erhalten, handelt für dieses Metier falsch. Insbesondere, weil es vor allem mit Sofortüberweisung und PayPal zwei anerkannte Zahlungssysteme gibt, die keine Partei benachteiligen, ist es für wirklich jeden Händler leicht möglich, mindestens eine derartige Methode anzubieten. Und sicher ist mittlerweile sowieso ein Großteil der üblichen Spielarten.  

5. Maximale Datensicherheit

Wir leben in einer Zeit, in der Daten bares Geld sind – und selbst die größten Akteure der digitalen Branche schon Opfer wurden, weil es immer jemanden geben wird, der weder Kosten noch Mühen scheut, an diese „digitale Währung“ zu gelangen; zuletzt beispielsweise beim bekannten T-Shirt-Versender Spreadshirt. An diesem Punkt müssen sich Online-Händler jeder Art immer wieder vor Augen halten, auf welch brisantem Datensatz jeder von ihnen sitzt:

  • Generelle Kundendaten,
  • eine teils extrem aufschlussreiche Bestellhistorie,
  • mitunter konkrete Zugangsdaten zu Zahlungssystemen (etwa Kreditkartendaten).

Hier ist es ein großes Problem, dass viele Kunden gar nicht wissen, welches Risiko sie eigentlich eingehen – vielleicht nicht so sehr beim Händler selbst, sondern eher auf den Wegen, auf denen diese Daten übertragen werden; das Internet ist schließlich sehr verschlungen und weitverzweigt. 

Schon aus diesem Grund sollten Händler alles daransetzen, dass ihre Kundendaten bei ihnen so sicher sind, wie es technisch nur möglich ist. Und diese Handlung beginnt damit, sich einzugestehen, dass keine Firma zu klein ist, um auf dem „Radarschirm“ von Kriminellen aufzutauchen. Im Gegenteil, diese attackieren gerade solche Unternehmen, weil sie wissen, dass sie dort keine hohen Sicherheitsmaßnahmen überwinden müssen. 

Dementsprechend sind es meist nicht die fähigsten Hacker, die Online-Händler angreifen. Ähnlich wie bei analogen Einbrüchen geben viele davon rasch auf, sobald sie feststellen, dass es zumindest grundlegende Hürden gibt. Wie es geht, erklärt Microsoft selbst auf seinen Seiten; es braucht dazu definitiv keine teure Sicherheitsarchitektur, sondern oft nur datensicheres Verhalten. 

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6. Jederzeit ein kompetenter Ansprechpartner

Selbst ausführlichste Produkttexte samt selbsterklärenden Fotos und vielleicht sogar einer FAQ-Seite können nicht verhindern, dass es dennoch Kunden gibt, bei denen Fragen bleiben. Hier glauben neuerdings viele Unternehmen und auch Händler im Netz, dass sie diese nonchalant bearbeiten und gleichzeitig ignorieren könnten, wenn sie auf Chat-Bots setzen oder diesen Teil des Kundendienstes an externe Anbieter outsourcen.

Beides ist falsch. Denn nach einigen Jahren des Hypes zeigt sich gerade, dass sich Chat-Bots nach wie vor nicht wirklich durchsetzen können – auch bei Teilen einer jüngeren Zielgruppe. Und outgesourcte Hotlines haben meist den eklatanten Nachteil, dass Kunden dort keine tiefgreifenden Informationen erwarten können – das jedoch ist genau der Fall, wenn jemand trotz umfassenden Produkttexten und Fotos zur Tastatur oder zum Telefonhörer greift. 

Zumindest innerhalb der typischen Ladenöffnungszeiten sollte deshalb bei jedem Onlinehändler jemand vor einem Telefon und einem Mail-Programm sitzen, der die Zeit und das Wissen hat, jede Form von Kundenfrage schnell und vor allem mit dem nötigen Sachverstand zu beantworten. Diese Aufgabe ist für die Außenwirkung schlicht zu wichtig, um sie nebenher erledigen zu lassen.