Arbeitnehmerbegriff: Kann der Alleingesellschafter einer GmbH ein Arbeitnehmer seiner GmbH sei?
Arbeitnehmerbegriff: Kann der Alleingesellschafter einer GmbH ein Arbeitnehmer seiner GmbH sei?

Arbeitnehmerbegriff: Kann der Alleingesellschafter einer GmbH ein Arbeitnehmer seiner GmbH sei?

Besprechung LAG Köln, Urt. v. 03.11.2008, Az: 5 Sa 624/08

Beitrag, Deutsch, Eine Seite, Info A / Baustein Verlag GmbH

Autor: Florian Damm

Erscheinungsdatum: 31.03.2009

Quelle: INFO A One-page-Fachinformationen für Arbeitsrecht

Seitenangabe: 96


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Arbeitnehmerbegriff: Kann der Alleingesellschafter einer GmbH ein Arbeitnehmer seiner GmbH sein?

Der Alleingesellschafter einer GmbH kann nicht gleichzeitig deren Arbeitnehmer sein.

LAG Köln, U. v. 3.11.2008 – 5 Sa 624/08 – www.juris.de

Der Fall: Die Alleingesellschafterin einer GmbH bestellt ihren Ehemann zum Geschäftsführer. 2004 schließt die GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, mit der Alleingesellschafterin einen „Arbeitsvertrag“: Die Alleingesellschafterin ist danach als „kaufmännische Angestellte“ tätig und erhält ein monatliches Gehalt. Am 1.9.2007 wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die Gesellschafterin bietet dem Insolvenzverwalter ihre Dienste nicht an. Der Verwalter zahlt ihr kein Gehalt und kündigt das vermeintliche Arbeitsverhältnis Ende September 2007 vorsorglich. Die Gesellschafterin klagt auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst ist und auf Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Zeit nach Insolvenzeröffnung. Sie habe ihre Organstellung nicht ausgeübt, sondern die Leitung stets ihrem Ehemann überlassen und somit weisungsabhängig gearbeitet. Seit Juni 2007 halte Sie ihre Arbeitsleistung wegen ausstehender Zahlungen zurück. Ihr Zurückbehaltungsrecht habe Sie dem Geschäftsführer – ihrem Mann – gegenüber ausgeübt, der hierüber auch den Insolvenzverwalter informiert habe.

§ 37 GmbHG Beschränkungen der Vertretungsbefugnis
(1) Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind.

§ 46 GmbHG Aufgabenkreis der Gesellschafter
Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:
1. die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses[...]
5. die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;
6. die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung; [...]

Hintergrund: Ein GmbH-Gesellschafter kann rein gesellschaftsrechtlich zur Mitarbeit verpflichtet sein. GmbH und Gesellschafter können jedoch auch – neben dem Gesellschaftsvertrag – einen gesonderten Arbeits- oder Dienstvertrag schließen. Die rechtliche Einordnung richtet sich dann nach der tatsächlichen Ausgestaltung. Ein - nicht geschäftsführender - Gesellschafter kann deshalb auch gleichzeitig Arbeitnehmer der GmbH sein kann; Voraussetzung ist jedoch, dass er persönlich abhängig ist, BAG 28.11.1990 – 4 AZR 198/90 – NZA 1991, 392: im Ergebnis keine AN-Eigenschaft bei Sperrminorität mitarbeitender Gesellschafter einer Familien-GmbH.

Die Entscheidung: Das LAG weist die Feststellungsklage und die Zahlungsklage ab, da kein Arbeitsverhältnis bestehe. Entscheidendes Abgrenzungskriterium sei, ob der Gesellschafter über eine ausreichende Rechtsmacht verfüge, jede ihm ungünstige Entscheidung zu verhindern (Verweis auf BAG a.a.O.). Dies sei bei einem Alleingesellschafter der Fall, da dieser „die Geschicke in der GmbH allein bestimmen“ könne (Bestellung, Abberufung und Entlastung der Geschäftsführung, Feststellung des Jahresanschlusses, Beschluss über die Ergebnisverwendung). Eine Arbeitnehmereigenschaft sei schon dann ausgeschlossen, wenn diese Befugnisse objektiv bestehen. Unerheblich sei hingegen, in welchem Umfang sich die Alleingesellschafterin intern auf die Beratung ihres Ehemannes gestützt habe. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei die Rechtsmacht der Alleingesellschafterin zwar eingeschränkt worden; ein „etwaiges Vertragsverhältnis“ sei aber anfänglich jedenfalls kein Arbeitsverhältnis gewesen, „sodass es zu einem solchen durch die spätere Insolvenzeröffnung auch nicht werden konnte.“
Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn (Zahlungsklage) scheitere auch mangels Angebot und Leistungsbereitschaft der Gesellschafterin: Für die Zeit nach Insolvenzeröffnung sei allein der Insolvenzverwalter zuständiger Ansprechpartner für das Anbieten der Arbeitskraft und/oder die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts gewesen. An diesen habe sich die Gesellschafterin aber unstreitig weder persönlich gewandt noch ihrem Ehemann Vollmacht für die Ausübung ihrer – vermeintlichen – Arbeitnehmerrechte erteilt.

Kommentar Alleingesellschafter: Der Entscheidung ist nur im Ergebnis zuzustimmen. Entscheidend sind jedoch nicht die vom Gericht aufgezählten Befugnisse, sondern die Möglichkeit des Alleingesellschafters, dem Geschäftsführer per Gesellschafterbeschluss nach § 37 GmbHG bindende Weisungen zu erteilen. Aus diesem Grund ist kein Raum für fremdbestimmte Arbeit des Alleingesellschafters. Allerdings fällt auf, dass sich das Gericht nicht mit der Frage auseinandersetzt, ob – wofür hier viel spricht - ein freier Dienstvertrag vorlag. Auch aus diesem Vertrag können Annahmeverzugsansprüche resultieren.

Kommentar Insolvenzeröffnung: Auch die Frage, ob sich das freie Dienstverhältnis eines Gesellschafters durch Insolvenzeröffnung in ein Arbeitsverhältnis umwandeln kann, hätte eine eigehendere Erörterung verdient. Dem Insolvenzverwalter kann der Gesellschafter keine bindenden Weisungen erteilen, sodass das zentrale Argument gegen eine abhängige Beschäftigung entfällt. Auch insofern dürfte das Ergebnis jedoch richtig sein: Für eine „Umwandlung“ wird man jedenfalls eine tatsächliche Tätigkeit nach Insolvenzeröffnung und – darüber hinaus – wohl auch ein auf entsprechende Vertragsänderung gerichtetes Verhalten des Insolvenzverwalters verlangen müssen, vgl. für den Geschäftsführer: LAG Mainz, 25.9.2008 – 10 Sa 162/08 – Info A 2009, 60.

Kommentar Ergebnis: Bezüglich der Zahlungsklage ist die Hilfsargumentation des Gerichts – kein ausreichender Annahmeverzug - also die eigentlich tragende Begründung.

Florian Damm

DE, Mannheim

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