Patentwesen - quo vadis
Patentwesen - quo vadis

Patentwesen - quo vadis

Beitrag, Deutsch, 2 Seiten, Innovations-Forum im Deutschen Erfinder-Verband e.V.

Autor: Eberhard Kübel

Erscheinungsdatum: 2007

Seitenangabe: 3-4


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Innovations-Forum im Deutschen Erfinder-Verband e.V.

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Patentwesen - quo vadis?

Wir hören viele Klagen über die aktuellen Entwicklungen im Patentwesen. Dabei gibt es leider auch eine Vielzahl von Kritikpunkten. Die Probleme beginnen direkt nach der Patentanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt, zu der sinnvoller Weise gleich eine Recherche zum Stand der Technik beantragt wird. Das Rechercheergebnis braucht der Anmelder möglichst früh, spätestens aber nach 10 Monaten. Denn es ist Basis für die Entscheidung darüber , ob das Geld für eine europäische oder internationale Nachanmeldung gut investiert wird. Lieferzeiten für die Recherchen von mehr als 10 Monaten sind aber leider keine Seltenheit. Ich kenne einen Fall, in dem das Patentamt 26 Monate bis zur Lieferung des Rechercheergebnisses benötigte. Die Probleme gehen weiter mit den Durchlaufzeiten beim Europäischen Patentamt. Die neue Präsidentin des Amtes, Alison Brimelow, nannte es vor kurzem Bearbeitungszeiten bis zur Patenterteilung von bis zu 8 Jahren. Und wenn der Erfinder mit seinem Patent in die (im Patentwesen oft als mittelstandsfreundlich gelobten) USA geht, landet seine Anmeldung in einem Stapel von fast einer Million anhängiger Patentanmeldungen. Das heißt, dass dort die Anmeldungen von ca. 3 Jahren auf Bearbeitung warten.


Die Wartezeiten bis zur Erteilung eines Patentes werden also, insbesondere für den mittelständischen Unternehmer und den freien Erfinder, unerträglich lang. Denn solange die Anmeldung in der Schwebe ist, bleibt für die Patentanmelder die Unsicherheit, ob sie wirklich ein durchsetzbares Recht besitzen, mit dem sie Wettbewerber abweisen oder auch mit Hinweis auf eine Patentverletzung angreifen dürfen.

Auf der anderen Seite gibt es auch Patentanmelder, die von dieser Unsicherheit profitieren und damit arbeiten. In dem bereits erwähnten Interview der Präsidentin des EPA gab sie zu Protokoll. “Manche Anmelder sind an den Rückständen (gemeint ist im Erteilungsverfahren) nicht unbeteiligt, weil sie davon profitieren... Manche Unternehmen schaffen sich mit ihrer Verzögerungstaktik sehr attraktive Geschäftsmöglichkeiten. Mit einem Portfolio von anhängigen Patentanmeldungen kann man interessante Verhandlungen mit Wettbewerbern führen. Dabei geht es um richtig viel Geld..”

Unter diesen Verzögerungsspielen leiden vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. Denn, wer aus diesem Kreis kann es sich erlauben, gegen eine anhängige Patentanmeldung eines Großunternehmens zu produzieren? Es könnte ja passieren, dass das Patent ach Jahren, evt. nach einem ersten ablehnenden Prüfungsbescheid des Amtes, vielleicht auch nur in eingeschränkter Fassung, erteilt wird! Selbst bei scheinbar trivialen Anmeldungen besteht angesichts des zum Teil sehr geringen Niveaus der geforderten Erfindungshöhe (auch wenn es nicht mehr der gesetzliche Begriff ist, drückt er das Gemeinte doch viel besser aus als der Begriff “erfinderische Tätigkeit”) das Risiko der Erteilung von Torsopatenten, die nur noch irgendeinen minimalen Bestandteil der ursprünglichen Anmeldung schützen. Die Gefahr, dann in einen Verletzungsprozess hineingezogen zu werden, ist viel zu groß! Dieses Risiko kann sich kein Mittelständler leisten.

Und was die Wirkung solcher “Spielchen” bei denen, die dieses Taktieren selbst betreiben! Alison Brimelow beschrieb es so: “ Mittelfristig führt das zu einem großen Problem. Wenn Unternehmen Geld machen können auf der Basis von Patenten, die noch nicht erteilt worden sind, wird  ihre Wertschätzung für Patente drastisch sinken. Das könnte unangenehme Konsequenzen für das globale System haben.”

Dass die Zeichen der Zeit nicht nur beim EPA erkannt werden, macht ein Urteil aus den USA deutlich. Im Fall “KSR International Co. ./. Teleflex Inc.” ging es um ein Patent, das die Kombination einer Körpergrößenadaption für Gaspedale mit der elektronischen Steuerung der Treibstoffversorgung eines Motors kombiniert. Beides sind Verfahren, die bei Anmeldung des neuen Patentes zum Stand der Technik zählten. Der Supreme Court der USA stellt in seiner Entscheidung zu diesem Streit darauf ab, dass es keine Erfindung ist, wenn der Durchschnittsfachmann mit gesundem Menschenverstand zwei Entgegenhaltungen kombiniert. Diese Entscheidung hebt das Niveau der erwarteten Kenntnisse eines anzunehmenden Fachmanns erheblich an und unterwirft selbst bereits gewährte Patente diesem neuen Gültigkeitsstandard. Es ist diesmal wirklich zu hoffen, dass auch an dieser Stelle in Europa das gemacht wird, was schon so oft geschah: eine “Mode” aus den USA zu übernehmen.

Eberhard Kübel

DE, Kaarst

Geschäftsführer

TEPAC Technologie & Patent-Consulting

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