Home

Themenspecial

Selbständigkeit und Management: 
Gleichgewicht zwischen Führung und Unternehmertum finden

adobe.stock | Jacob Lund | 336027640

 

Wer sich für die Selbständigkeit entscheidet, übernimmt gleichzeitig eine ganze Reihe an weiteren Aufgabenfeldern. Denn selbständig zu sein, bedeutet, fortan nicht mehr nur im eigenen Fachgebiet tätig zu sein. Stattdessen steht das Management im Vordergrund, während fachspezifische Aufgaben zunehmend an interne oder externe Experten übergeben werden. Spätestens, wenn eigene Mitarbeiter eingestellt werden, muss der Gründer außerdem als Führungsperson auftreten. Ein Spagat, der nicht immer einfach zu meistern ist. Damit er gelingt, helfen folgende Tipps.

 

Die wichtigsten Aufgaben in der Selbständigkeit

Wenn sie von der Selbständigkeit träumen, fokussieren sich viele Menschen vor allem auf die Vorteile wie mehr persönliche Freiheit oder höhere Verdienstchancen. Allerdings muss Gründern auch bewusst sein, dass es sich um eine völlig andere Art zu arbeiten handelt. Die Zeiten des sicheren Einkommens und der festen Arbeitszeiten sind vorbei. Ebenso müssen sie sich nicht mehr nur einer spezifischen Aufgabe widmen, sondern sie fungieren sozusagen als zentrales Steuerungselement in ihrem Unternehmen. Sogar in der Solo-Selbständigkeit muss nicht mehr nur die Kernarbeit erledigt werden, sondern nebenbei fallen die Buchhaltung, die Finanzplanung, die Kundenakquise und viele weitere Aufgaben an. Multitasking ist für Unternehmer daher an der Tagesordnung und das gilt umso mehr bei kleineren und mittelständischen Unternehmen. Denn bei großen Organisationen werden irgendwann Fachkräfte für jede einzelne Aufgabe eingestellt, auch für die Führung oder für wichtige Entscheidungen, beispielsweise in Form eines CEOs oder CFOs. Doch bis es so weit ist, müssen die Unternehmer selbst eine Vielzahl an Aufgaben jonglieren und dabei das Gleichgewicht zu finden sowie zu halten, ist eine echte Herausforderung.

Diese Fähigkeiten braucht ein Unternehmer

adobe.stock | aerogondo |  60092652

Fachwissen ist somit nur eine Fähigkeit, die ein Unternehmer mitbringen muss, um langfristig erfolgreich zu sein. Jeder sollte sich daher vor der Gründung fragen, ob er auch die weiteren Fähigkeiten sowie die passende Persönlichkeit mitbringt. Ein Unternehmen zu führen, erfordert nämlich vor allem persönliche Kompetenzen, um den alltäglichen Herausforderungen gewachsen zu sein, ohne irgendwann im Burnout zu landen oder durch gravierende Fehler den Unternehmenserfolg zu gefährden. Es wird daher gemeinhin auch von der Unternehmerpersönlichkeit gesprochen, die jeder mitbringen oder schnellstmöglich entwickeln muss, um sich erfolgreich selbständig zu machen. Sie umfasst folgende Merkmale:

  • Selbstdisziplin, denn in der Selbständigkeit gibt es keinen äußeren „Druck“, der einen dazu zwingt, am Morgen aufzustehen und zu arbeiten. Es gilt also, sich selbst zu motivieren und zu organisieren.
  • Organisationstalent, was nicht nur für den eigenen Arbeitstag gilt. Stattdessen muss das Unternehmen im Gesamten gut organisiert sein, damit alles reibungslos funktioniert und die Kunden, Investoren sowie weiteren Stakeholder langfristig zufriedengestellt werden können.
  • Risikobereitschaft, denn eine Entscheidung für die Selbständigkeit ist eine Entscheidung gegen die Sicherheit, vor allem in finanzieller Hinsicht. Eine Garantie auf Erfolg gibt es nicht, weshalb jeder Gründer ausreichend Mut braucht, um die eigenen Visionen zu verfolgen.
  • Emotionale Stabilität, um selbst bei Niederlagen oder Rückschlägen nicht aufzugeben. Weiterhin gilt es, souverän mit Ängsten, Krisen oder anderen Herausforderungen umzugehen, die sich in der Selbständigkeit niemals vermeiden lassen.
  • Lernfähigkeit, um sich stetig zu verbessern und aus Fehlern zu lernen. Denn die moderne Geschäftswelt ist schnelllebig und komplex. Es gilt, stets auf dem neuesten Stand zu bleiben und sich nicht von der Konkurrenz abhängen zu lassen. Zudem sind viele erfolgreiche Unternehmer zuerst gescheitert, bevor sie erfolgreich wurden. Sie haben aus ihren Fehlern gelernt und nicht aufgegeben.
  • Zielstrebigkeit, um selbst bei Herausforderungen niemals das übergeordnete Ziel aus den Augen zu verlieren und das Unternehmen in jeglicher Hinsicht darauf auszurichten. 
  • Anpassungsfähigkeit, um sich in dieser schnelllebigen Welt immer wieder an neue Rahmenbedingungen anzupassen und den Erfolg zu wahren beziehungsweise weiter auszubauen.

Diese Liste könnte noch ergänzt werden und wie wichtig eine Eigenschaft im Einzelfall ist, hängt von den Rahmenbedingungen wie der Branche oder der Rechtsform des Unternehmens ab. Pauschale Aussagen zu treffen, ist daher an dieser Stelle schwierig. Wer sich nun aber unsicher ist, ob er sich als Gründer eignet oder nicht, kann einen Test machen, beispielsweise im Internet. So wird nicht nur geprüft, ob die Selbständigkeit im Allgemeinen für die betreffende Person der richtige Weg ist, sondern auch, welches Geschäftsmodell passen könnte. Es ist somit wichtig, bereits das gewünschte Geschäftsmodell zu kennen, zum Beispiel die Solo-Selbständigkeit oder eine Franchise-Lösung, um daraufhin zu prüfen, ob es zu einem passt. Trotzdem sollte man sich natürlich nicht blind auf einen solchen Test verlassen, sondern es gilt auch, in die Selbstreflexion zu gehen und zu hinterfragen, welche Arbeitsweise einem liegt – und welche eher nicht. Wer sich für diesen Prozess ausreichend Zeit nimmt, findet gewiss ein Geschäftsmodell, das mit der eigenen Persönlichkeit harmoniert. Schließlich kann die Selbständigkeit in vielfältigen Formen bestehen.

Mitarbeiterführung in der Selbständigkeit – ein Muss?

adobe.stock | Insta_Photos | 450927364

Es ist also zwar förderlich, die genannten Persönlichkeitsmerkmale mitzubringen. Doch gerade, weil eine Selbständigkeit so vielfältige Formen annehmen kann, passen auch verschiedene Geschäftsmodelle zu unterschiedlichen Persönlichkeiten. Niemand sollte sich daher entmutigen lassen, wenn er oder sie (noch) nicht über alle genannten Eigenschaften verfügen. Je nach Einzelfall sind diese schließlich mehr oder weniger wichtig; und es ist auch stets möglich, fehlende Kompetenzen im Zuge der Persönlichkeitsentwicklung zu erwerben und zu trainieren. Das gilt auch für die Mitarbeiterführung: Selbst, wer noch keine Erfahrung mit der Führung hat oder keine optimalen Voraussetzungen mitbringt, kann diese erwerben oder aber die Führungsaufgaben auslagern. Das bedeutet also noch lange nicht, auf die Selbständigkeit verzichten zu müssen. Stattdessen muss jeder eine individuelle Lösung finden, wie sich das Unternehmertum im Einzelfall mit der Führung vereinbaren lässt. Hier einige Tipps:

  • Die Ressourcen gleichmäßig verteilen, sprich ein Zeitplan hilft dabei, die verschiedenen Aufgaben gewissenhaft zu erfüllen, ohne sich überfordert zu fühlen. Dafür wird die Arbeitszeit in verschiedene Zeitabschnitte eingeteilt, beispielsweise für die Buchhaltung, für die fachspezifischen Aufgaben oder eben für die Personalführung. Dabei darf auch die Freizeit nicht vergessen werden. Stichwort: Work-Life-Balance. Ansonsten droht gegebenenfalls irgendwann eine stressbedingte Erkrankung wie ein Burnout-Syndrom.
  • Stressabbau ist daher ein wichtiges Stichwort für jeden Unternehmer. Es gilt, das eigene Stressmanagement zu optimieren und dadurch gelassener durch den Arbeitsalltag zu gehen. Dadurch gewinnt auch der eigene Führungsstil an Qualität, denn Gelassenheit schenkt eine natürliche Autorität und verhindert unnötige Konflikte.
  • Es gilt, ein „Wir-Gefühl“ zu kreieren, sprich alle sollten dieselbe Vision verfolgen. Genau an dieser Stelle kann der Gründer selbst als bester Motivator dienen. Er kennt das übergeordnete Ziel des Unternehmens und sollte sich fragen, wie er auch die Angestellten hierfür begeistern kann, um ihre intrinsische Motivation zu wecken.
  • Die Aufgaben müssen klar verteilt werden und es ist sinnvoll, den Mitarbeitern eigene Verantwortung übertragen, beispielsweise für ihren Fachbereich. Das motiviert die Angestellten und entlastet zugleich den Unternehmer. 
  • Sobald das Unternehmen groß genug ist und die Teams wachsen, können Führungskräfte eingestellt werden – oder bestehende Mitarbeiter werden in eine Führungsposition befördert. Sogar die Einstellung eines Geschäftsführers ist möglich, falls selbst keinerlei Führungsaufgaben mehr übernommen werden sollen. Somit kann jeder Unternehmer auf lange Sicht selbst bestimmen, ob und in welchem Ausmaß er sich mit der Personalführung auseinandersetzen möchte.

Eine gute Führung beginnt also bei einem selbst. Dabei die Balance zu halten, kann vor allem in der Selbständigkeit eine Herausforderung sein. Deshalb ist es wichtig, den eigenen Arbeitstag richtig zu strukturieren, sich als Führungspersönlichkeit weiterzuentwickeln und sich Hilfe durch andere Führungskräfte zu holen, sobald dies möglich und sinnvoll ist. Zudem darf niemals das eigene Wohlbefinden außer Acht gelassen werden, denn wenn die eigene Gesundheit oder Motivation unter dem Multitasking zu leiden beginnt, ist das gesamte Unternehmen in Gefahr. Deshalb ist es ebenfalls hilfreich, flache Hierarchien zu implementieren und dadurch ein Stück weit die Kontrolle abzugeben. Schließlich ist das Ziel eine Arbeitsteilung, sprich jeder Mitarbeiter ist für sein Fachgebiet selbst verantwortlich. Anstatt sich in Mikromanagement zu verlieren, müssen die Unternehmer also nur noch den groben Rahmen abstecken und können sich somit auf ihre wirklich wichtigen Kernaufgaben konzentrieren. Mit der Zeit gelingt das in der Regel sehr gut. Dennoch ist es wichtig, regelmäßig eine Bestandsaufnahme zu machen, um den Überblick zu behalten und den eigenen Führungsstil stetig zu optimieren – auch, aber nicht nur, wenn es um die Personalverantwortung geht.