Vom Völkerrecht zum Weltrecht
Vom Völkerrecht zum Weltrecht

Vom Völkerrecht zum Weltrecht

Buch, Deutsch, 1204 Seiten, Duncker & Humblot Verlag

Autor: Prof. Angelika Emmerich-Fritsche

Erscheinungsdatum: 2007

ISBN: 3428124170

Auflage: 1. Auflage


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Mit der Schrift „Vom Völkerrecht zum Weltrecht“ wird eine Weltrechtslehre in Unterscheidung und Ergänzung zum völkerrechtlichen Paradigma vorgestellt. Die Notwendigkeit, ein Weltrecht zu konzipieren, erwächst aus der zunehmenden Globalität der Lebensverhältnisse, der Staats- und Völkerrecht allein nicht mehr gerecht werden. Als philosophisches Fundament der Weltrechtsbegründung wird ein kantianisch-diskursethischer Ansatz gewählt, weil dieser erstens universalisierbar und mit den international anerkannten Idealen kompatibel ist und zweitens weil er die Gefahren einer (hegemonialen) Weltherrschaft zugunsten des Selbstbestimmungsrechts der Völker und Menschen umgeht. Weltrecht wird zunächst als Menschheitsrecht (bezogen auf Menschenrechte und Weltbürgerrecht) konzipiert, das mit der Freiheit (Selbstbestimmung) des Menschen geboren ist und insoweit bereits existent ist. Zu seiner Verwirklichung bedarf es der Weltrechtsetzung in einer (mehrgliedrigen) Weltverfassung, aber nicht notwendig einer Weltlegislative. Die Materie des Weltrechts kann auch in Weltverträgen oder im universellen Völkerrecht positiviert und näher bestimmt werden. Unabhängig von gesetztem Weltrecht gelten Menschenrechte in ihrem Wesenskern universell. Dies bestätigt der Blick auf die großen Rechtskulturen und die dialogische Auseinandersetzung mit den Thesen der relativistischen Kritik an universellen Menschenrechten.

Aus einem realistischen Blickwinkel entwickelt sich Weltrecht als Bezeichnung eines Paradigmenwechsels aus dem Wandel der Prinzipien und Rechtsinstrumente der Völkerrechtsordnung. Der Paradigmenwechsel besteht zunächst in der Ausrichtung von der Souveränität der Staaten zur Rechtsubjektivität des Menschen sowie im Vorrang der rule of law vor den Grundsätzen der Souveränität, der Reziprozität und der Effizienz. Am Selbstbestimmungs- und Rechtsprinzip sowie am Subsidiaritätsprinzip, welche allenfalls eine beschränkte Weltcivitas zulassen, müssen sich die diskutierten Weltordnungskonzeptionen messen lassen. Weltrecht ist durchsetzbar ohne das gefürchtete Gewaltmonopol eines Weltstaats. Bereits die unmittelbare Anwendbarkeit und Einklagbarkeit von völkerrechtlichen / weltrechtlichen Vorschriften und die Schaffung obligatorischer Gerichtsbarkeit sind ein wirksamer Hebel zur Rechtdurchsetzung, wie das Beispiel des Rechts der Europäischen Union zeigt. Hegemoniale, nicht-autorisierte, einseitige humanitäre Interventionen verstoßen anders als Friedenseinsätze der Vereinten Nationen gegen das (auch weltrechtliche) Gewaltverbot. Betrachtet an Zielen, Aufgabenstellungen, Prinzipien, Instrumenten, Implementierungs- und Institutionalisierungsprozessen, können in der Praxis ein Paradigmenwechsel und die Öffnung des Völkerrechts für das Weltrecht festgestellt werden. Dies zeigt sich vor allem in der Materialisierung von Prinzipien erga omnes (besonders im Bereich des globalen Umweltrechts, der Menschenrechte und der staatsfreien Räume), in der Etablierung des Legalitätsprinzips in verschiedenen Bereichen (insbesondere im Weltstrafrecht, Welthandelsrecht, Europarecht), in der Lösung von der Staatenzentriertheit durch Stärkung der Verantwortung und Einbeziehung nicht-staatlicher, globaler Rechtssubjekte (transnationale Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen) in den Rechtsetzungsprozeß der global governance.

Außerdem sind aus dem konstituionalisierten Völkerrecht folgende unvollkommene Teilverfassungen einer Weltordnung entstanden:

1. die Verfassung der Europäischen Union, die sich einer Bundesstaatsverfassung nähert, aber auf den pouvoir constituant verzichtet;
2. das System der Vereinten Nationen, das besonders mit seinem Friedensdurchsetzungssystem (dessen Effektivität unter dem Vetorecht leidet) individualwirksame, supranationale Legislativfunktionen ohne entsprechenden Rechtsschutz vorsieht;
3. die WTO-Ordnung mit einer quasi-obligatorischen Gerichtsbarkeit, welche kaum Menschenrechte einbezieht;
4. die Verfassung der internationalen Arbeitsorganisation, welche mit beschränkter Durchsetzungskraft menschenunwürdige Arbeit ächtet, allerdings unverbunden neben der Welthandelsordnung steht sowie
5. das Römische Statut, welches einen Weltstrafgerichtshof institutionalisiert, der - das Prinzip der Staatenimmunität zurückdrängend - mit der individuellen Ahndung von Menschheitsverbrechen Weltrecht verwirklicht, aber dem wichtige Staaten nicht zugestimmt haben.

Es gibt Möglichkeiten, die fragmentarische Weltverfassung zu vervollständigen, namentlich zu demokratisieren, die Rechtsstaatlichkeit (insbesondere den Rechtsschutz) zu verbessern, Weltarbeits- und Welthandelsverfassung materiell oder institutionell zu koppeln. Die teilweise unausgewogenen Konstitutionalisierungsprozesse können im Rahmen der Vereinten Nationen zu einer kohärenten Weltverfassung verbunden werden, welche das Weltrecht verwirklicht.

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