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Führung in der VUCA-Welt: Erfahrungen und Lösungen

Heute müssen Unternehmen mit VUCA - Volatility, Uncertainity, Complexity, Ambiguity - fertig werden. Es gibt Unternehmen in Deutschland, die damit schon vor über 30 Jahren konfrontiert waren. Dafür wurden seitdem Lösungen entwickelt die funktionieren.

Führung in der VUCA-Welt

Schon in den 80er Jahren arbeitete MBB, heute Teil der EADS, unter Rahmenbedingungen die schon in den 90er Jahren mit VUCA beschrieben wurden: Wer im Hightec-Bereich arbeitet muss Volatility, also schnelle, grundlegende Veränderungen mögen. Wer z.B. in den 80er Jahren die Raumsonde Rosetta konzipierte, die erst seit 2014 ihr Ziel, den Kometen Tschuri, erfolgreich umfliegt, der muss Unsicherheit aushalten können. Wer in mehrnationalen Kooperationen komplizierte Produkte wie den Airbus produziert und verkauft, der erlebt Komplexität täglich. Im militärischen Bereich braucht man Ambiguitätstoleranz, um mit Widersprüchen fertig zu werden. Es war kein Zufall, dass Dietrich Dörner für sein Buch von 1989 „Die Logik des Misslingens - Strategisches Denken in komplexen Situationen“ MBB-Führungskräfte als Versuchspersonen haben wollte und bekam. Denn schon damals stellten sich zwei Fragen zur Führung:

  • Wie gehen Führungskräfte und Mitarbeiter mit diesen Herausforderungen um?
  • Wie bleibt ein Unternehmen unter diesen Umständen handlungsfähig und erfolgreich?
     

Erfahrungen mit VUCA im Unternehmen

Der HR-Bereich hatte es deshalb mit drei Herausforderungen zu tun:

Am Entwicklungsstandort Ottobrunn waren 80 % der Mitarbeiter Akademiker, weil die Arbeitsinhalte hochqualifizierte Fachkräfte erforderten. Eine extreme Situation. Heute ist der durchschnittliche Bildungsstand der Mitarbeiter in Unternehmen signifikant angestiegen, weil IT-Systeme und Roboter einfache Arbeiten übernehmen und komplexe bzw. komplizierte Aufgaben gut ausgebildete Mitarbeiter erfordern. Diese Mitarbeiter sind anspruchsvoller, auch unbequemer und wesentlich schwieriger zu führen. Das wird heute zu wenig beachtet.

Schon damals wurde der Engpass deutlich, geeignete Mitarbeiter zu finden und zu halten. Deshalb wurde 1987 ein Frauenförderprogramm aufgesetzt und 1989 die dreijährige Elternzeit eingeführt. In Personalentwicklung wurde investiert. Es dauerte zwei Jahre, bis die vier Parallelhierarchien mit gleichen Rechten und Pflichten für Führungskräfte, Projektleiter, Spezialisten und Systemintegratoren akzeptiert waren, um nicht immer aus einer sehr guten Fachkraft eine mittelmäßige Führungskraft zu machen. Das Thema Wissensmanagement war von großer Bedeutung: Wie kann Wissen erfasst und weitergegeben werden, das Entwickler und andere Experten nicht preisgeben sondern am liebsten „verschatzen“?

Im Bereich der Führung stellte sich heraus, dass klassische Führungsinstrumente nicht nur keine Ergebnisse brachten, sondern sogar kontraproduktiv wirkten. Die klassischen Stellenbeschreibungen waren Verwaltungsdokumente, lieferten keine Unterstützungshilfen für Veränderungsprozesse. Zielvereinbarungen in 4-Augen-Gesprächen funktionierten nicht. Da Ziele aus den Unternehmenszielen abgeleitet werden müssen, wurden Führungskräfte so letztendlich zur Zielvorgabe gezwungen, denn Einzelgespräche finden eben nacheinander statt und den letzten beißen bekanntlich die Hunde. Das durchschauten gut ausgebildete und selbstbewusste Mitarbeiter natürlich, die außerdem ihre Ideen einbringen wollten. Auch andere Instrumente wie Leistungsbeurteilungen provozierten mehr Widerstand als dass sie halfen, die Zukunft zu gewinnen. Die heute so viel diskutierten Kompetenzmodelle zur Auswahl von entwicklungsfähigen Mitarbeitern erwiesen sich als hilfreich aber bei weitem nicht als ausreichend und ausschlaggebend für erfolgreiche Stellenbesetzungen.

 

VUCA verstehen

Es galt Vieles zu lernen. Der Druck war groß. Die Aussage eines Ingenieurs war verbreitete Haltung: „Wenn ihr im Personalwesen eure Arbeitsergebnisse nicht endlich auf den Qualitätsstand bringt, den unsere Produkte heute schon haben, dann sehe ich schwarz für die Zukunft, insbesondere für euch Personaler.“

Sehr schnell wurde deutlich, dass es einen erheblichen Unterschied gibt zwischen komplizierten und komplexen Herausforderungen:

Kompliziert ist etwas, das aus vielen Teilen / Elementen besteht, die alle bekannt sind und es gibt Bedingungen und Verknüpfungen zwischen ihnen, die klar definierbar sind und sich nicht verändern. Lösungen funktionieren, wenn keine Fehler gemacht werden. Deshalb bekommt man Kompliziertheit mit Wissen in den Griff. IT-Systeme, Maschinen oder Flugzeuge sind oft hochkompliziert. Komplizierte Problemen lösen, das ist eine deutsche Stärke und begründet den Ruf von Made in Germany.

Komplex ist etwas, das aus vielen Teilen / Elementen besteht, die möglicherweise nicht alle bekannt sind, die sich irgendwie beeinflussen, die ihre Eigenschaften verändern und Eigendynamik entwickeln können und dann Zusammenhänge und letztendlich Ergebnisse verändern. Immer wenn Menschen eine wesentliche Rolle spielen, wenn Interessen im Spiel sind oder wenn „Handlungsfreiheit“ von Akteuren besteht, dann wird es komplex. Mit der Lösung komplexer Probleme wie Kundenorientierung steigern, Innovationen akzeptieren oder Bahnhöfe, Flugplätze in bewohnten Landschaften errichten haben wir in Deutschland so unsere Schwierigkeiten.

Mit der Zeit wurden vier Fehler deutlich, die in VUCA-Situationen, also in komplexen Situationen, immer wieder gemacht werden. Expertenanalysen stützen das heute:

1. Neuartigkeit, Auswirkungen von Veränderungen werden unterschätzt

  • Spontanes Handeln ohne ausreichende Situationsanalyse
  • Alte Lösungen werden übernommen die nicht mehr passen; „kopieren“ statt „kapieren“  
  • selektive Informationssammlung durch Informationsüberflutung und Vorurteile
  • Fern- und Nebenwirkungen werden nicht berücksichtigt, kein Systemdenken!
      

2. Ziele fehlen, es wird nicht in Ergebnissen gedacht

  • unklare Ziele oder keine Ziele, es wird sofort in Aufgaben (Lösungswegen) gedacht
  • deshalb keine Alternativensuche, um bessere Wege zur Zielerreichung zu finden  
  • deshalb schwierige Ergebniskontrolle, kein Lernen aus Erfahrungen
  • Erhebliche Prognosefehler bezüglich Zeit, Kosten
      

3. Aktionismus

  • Flucht in Projekte, also erst mal isoliert und schnell etwas tun
  • Fehlende Veränderung von indirekt wirkenden Faktoren die aber lösungsrelevant sind
  • Tendenz zur Überdosierung von Maßnahmen insbesondere unter Zeitdruck
  • Tendenz zum Durchwuschteln oder sofortige Arbeit an einer endgültigen Lösung ohne „Prototypen“ zu testen und weiterzuentwickeln
      

4. „Einsame“ Entscheidungen

  • Betroffene werden nicht frühzeitig beteiligt => Veränderungswiderstände
  • Gefahr des „Groupthinking“: Tendenz einer Gruppe, sich selbst zu bestätigen, dass Alles      richtig gemacht wird; interne Kritik wird durch Konformitätsdruck unterbunden, Kritik     durch Außenstehende überrascht
  • Die Unternehmensleitung gibt den Auftrag, nimmt aber die Auftraggeberpflichten - Controlling = Steuern und kontrollieren (lassen) - nicht wahr, schafft keine Verbindlichkeit

 

Lösungen

Diese Fehler gilt es zu vermeiden, wenn in VUCA-Situationen erfolgreich geführt werden soll. Fasst man die Erfahrungen zusammen, die seit den 90er Jahren gesammelt wurden, dann ergeben sich drei Ansatzpunkte, um mit VUCA erfolgreich umzugehen:

  1. Es wird eine erweiterte und verbesserte Infrastruktur von Systemen für Führung im Unternehmen benötigt, denn indirekt wirkende Faktoren determinieren Führungserfolg.
  2. Die Führungsmethoden und Instrumente müssen verändert, neu entwickelt werden.
  3. Die für Führung im Unternehmen bestehenden Werte und „Vorurteile“ müssen überprüft und gegebenenfalls geändert werden.

 

Infrastruktur von Führungssystemen

Einen Überblick zur notwendigen Infrastruktur von Systemen, Maßnahmen und Prozessen gibt das Systemmodell Führung (Abb. 1).

Grafik Systemmodell Führung
Abb. 1 Systemmodell Führung
  

Damit die Inhalte der Unternehmensstrategie aber auch der Führungsgrundsätze überall im Unternehmen realisiert werden, wird eine Infrastruktur von Führungssystemen benötigt. Diese Systeme bestehen immer aus einem Gesamtkonzept mit Regeln, aus Maßnahmen und Prozessen sowie aus Instrumenten und Methoden. Sie müssen einfach und unkompliziert gestaltet werden und das ist das Schwierigste.

Von besonderer Bedeutung in VUCA-Welten ist das System Zielmanagement. Es soll Veränderungspläne aus der Unternehmensstrategie in alle Unternehmensbereiche transportieren. Daraus werden abteilungsspezifische Veränderungsziele abgeleitet. Im Mittelpunkt von Zielmanagement steht deshalb nicht die Zielvereinbarung, sondern das Finden der richtigen Ziele. Das erfordert neue Methoden im Zielmanagement. Ein Engpass wird dann gerade in VUCA-Welten deutlich: Veränderungen werden geplant, aber nicht umgesetzt. Hier werden Defizite der Führungskräfteausbildung deutlich: Klassisches Führungstraining befasst sich hauptsächlich mit direkter Führung, mit Führungsverhalten und Kommunikation. Auch Achtsamkeit, die aktuelle Forderung zur Verbesserung direkter Führung, liefert keine Handlungsvorschläge um Komplexität in den Griff zu bekommen, Veränderungsprozesse zu gestalten oder ergebnisorientiert und strategisch zu handeln.

Die Managementfähigkeiten werden nicht trainiert, um die in der Abbildung exemplarisch aufgelisteten Inhalte zur indirekten Führung zu meistern. Nicht-VUCA-Welten waren durch Stabilität gekennzeichnet und Mitarbeiter wurden in bewährte Strukturen und Prozesse „integriert“. Da neue Prozesse, Arbeitsinhalte oder Arbeitsmethode immer personalrelevant sind, müssen Führungskräfte heute kontinuierlich Veränderungsprozesse realisieren. Dabei erleben sie Widerstände, denn bekanntlich lieben Menschen den Fortschritt, hassen aber Veränderungen. Wenn Führungskräfte das nicht selbst lösen können oder nicht erkennen, dass sie hierzu Unterstützung benötigen, dann bleibt es bei Plänen oder der Berg kreißt und gebiert ein Mäuschen. Das hat drei weitere negative Konsequenzen:

  1. Alle Probleme, die durch Führungssysteme oder indirekte Führung entstehen, können durch direkte Führung nicht behoben werden. Indirekte Führung ist das Ende der Prozesskette Führung. Das bringt Führungskräfte in die Defensive, denn sie haben für diese Probleme keine Lösungen.
  2. Wenn Führungskräfte nicht indirekt führen, geraten sie immer unter Zeitdruck und fühlen sich überlastet. Sie reparieren permanent dringende Probleme statt für absehbar wichtige Herausforderungen vorbeugend zu handeln, damit sie nicht zu dringenden Problemen werden.
  3. Im Talentmanagement geht es im ersten Schritt immer darum Handlungsbedarf zu ermitteln für quantitative und qualitative Stellenbesetzungen, für Kompetenzentwicklung oder Team- und Organisationsentwicklung. Dieser Bedarf entsteht nicht nur durch veränderte Unternehmensstrategien, sondern auch durch Probleme oder Engpässe in den Verantwortungsbereichen von Führungskräften. Dafür liefern Führungskräfte aber keine validen, detaillierten Informationen. Sie können es nicht, weil ihnen dazu die Fähigkeiten und Instrumente fehlen. Auch deshalb reiben sich Führungskräfte in turbulenten Zeiten zwischen den Erwartungen der Unternehmensleitung und der Mitarbeiter auf. Die Fähigkeiten aller Führungskräfte zum Personal- und Bereichsmanagement sind wichtige Voraussetzung, um in VUCA-Welten erfolgreich zu führen.

 

Methoden und Instrumente

Jeder, der sich handwerklich beschäftigt, weiß, das schlechtes oder ungeeignetes Werkzeug nicht nur zu schlechteren Ergebnissen führt, sondern auch mehr Kraftaufwand und erhöhten Zeiteinsatz benötigt. Wer im Zielmanagement die richtigen Ziele aus Strategien ableiten, auf Zielverantwortliche verteilen, daraus alternative Wege und letztendlich Aktions- oder Projektpläne erarbeitet will, der hat es mit Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität zu tun. Mit diesen Herausforderungen werden Teams aus Führungskräften oder aus Führungskraft mit Mitarbeitern besser fertig als Führungskräfte in Einzelarbeit. Weil so auch Betroffene zu Beteiligte werden ist ohne Zielklausuren erfolgreiches Zielmanagement nicht machbar. Fern- und Nebenwirkungen, auch in anderen Verantwortungsbereichen werden berücksichtigt. Es kann sichergestellt werden, dass in Ergebnissen gedacht wird, dass die Alternativensuche kreativ vollzogen wird, um bessere Wege zur Zielerreichung zu finden und „Groupthinking“ nicht auftritt. Hierfür sind Teams eindeutig Einzelpersonen überlegen.

Ebenso sind Talentmanagementsysteme ohne eine Personalentwicklungsklausur der oberen Führungskräfte nicht erfolgreich, weil Potenzialeinschätzungen das Mehr-Augen-Prinzip benötigen und Entscheidungen zur quantitativen und qualitativen Personalentwicklung auf unsicheren und komplexen Annahmen über die Zukunft aufbauen. Das können obere Führungskräfte mit einem gesteuerten Diskurs im Führungsteam besser einschätzen, auch weil sie diese Entscheidungen gemeinsam verantworten müssen.

Personal- und Bereichsmanagement ist ohne geeignete Führungsinstrumente durch Führungskräfte nicht in den Griff zu bekommen. Abb. 2 zeigt die Führungsthemen, die eine Führungskraft im Vertrieb vernetzt bearbeiten muss:

Grafik Führungskraft im Vertrieb
Abb. 2 Führungsthemen einer Führungskraft im Vertrieb
  

Führungskräfte im mittleren Management müssen mit Zielen umgehen können, daraus die Aufgaben ableiten, um diese Ziele zu erreichen und alles zusammen mit Mitarbeitern realisieren. Neben dem Soll – Ist – Vergleich bei Veränderungsprozessen müssen sie die Schnittstellen zu vor- und nachgelagerten Bereichen, also zu internen Lieferanten und Kunden als auch zu externen Lieferanten und Kunden berücksichtigen. Bezüglich der Mitarbeiter spielen zunehmend Mitarbeiterpräferenzen eine Rolle. Individuelle berufliche Entwicklungsvorstellungen aber auch die Vereinbarkeit von „Familie und Beruf“ oder „Work-Life-Balance“ sind Erwartungen, die Führungskräfte berücksichtigen sollten, wenn sie  Mitarbeiter motivieren und möglichst lange behalten wollen. Diese Führungsaufgaben im Kopf qualifiziert zu bearbeiten ist unmöglich. Es werden geeignete Instrumente gebraucht, um mit der Informationsmenge fertig zu werden.

So kann mit Einzelstellenbeschreibungen ein Verantwortungsbereich eben nicht organisiert werden. Dazu werden Aufgabenverteilungsmatrizen benötigt, aus denen auch notwendige Kompetenzen abgeleitet werden. Prozessanalysen, Kapazitätsplanungen über KPIs (Key Performance Indicators), Bildungsbedarfsanalysen, individuelle Entwicklungsplanungen über neue Aufgaben / Projekte und die Bearbeitung von Schnittstellenproblemen stehen im Mittelpunkt. Da sich alle Themen gegenseitig beeinflussen und Zusammenhänge komplex sind, müssen die Instrumente möglichst einfach sein und in digitalisierten Werkzeugen wie der Manager Performance Map verknüpft werden, um die notwendigen Methoden und Denkprozesse direkt am Beispiel des eigenen Verantwortungsbereichs zu erlernen (Learning by doing). Außerdem ist damit die die Visualisierung der Inhalte möglich, um Mitarbeiter in die Erarbeitungsprozesse einzubeziehen. Geschieht das nicht, trifft die Führungskraft „Einsame Entscheidungen“ und verstößt damit gegen ein Grundprinzip in VUCA-Welten: Betroffene zu Beteiligte machen.

Das Argument, dass dieses Vorgehen zu viel Zeit kostet, widerlegt die Praxis: Wer sich am Anfang von Prozessen mehr Zeit nimmt, ist am Ende schneller und erfolgreicher, weil weniger Veränderungswiderstände entstehen und nicht zielführende Arbeiten minimiert werden, die erheblich Zeit kosten und richtig frustrierend sind.

Auch die verwendeten Methoden und Instrumente in der Weiterbildung sind zu überprüfen. Albert Einstein stellte treffend fest: „„Lernen ist Erfahrung. Alles andere ist einfach nur Information.“ Wenn Weiterbildungsmaßnahmen nicht zu mindestens 40 % aus der Anwendung des zu lernenden Wissens auf die konkrete Arbeit bestehen, dann handelt es sich um Informationsveranstaltungen. Sie produzieren möglicherweise neue Erkenntnisse aber kaum Umsetzung am Arbeitsplatz. Teilnehmerzentriert und nicht Trainerzentriert ist die Devise. Weiterbildung als Prozess verstehen, der am Arbeitsplatz beginnt, vielleicht mit einem Blended Learning Seminar oder interaktiven Lernmethodik bestückt wird und am Arbeitsplatz unter Einbeziehung der Führungskraft endet – daraus entstehen wirksame Veränderungsprozesse. Zielklausuren, Personalentwicklungsklausuren aber auch Bereichsentwicklungsaktionen von Führungskraft und Mitarbeitern sind „Learning by doing“.

 

Werte und „Vorurteile“ zum Thema Führung

Komplexe Entscheidungen unter Sicherheit gibt es nicht. Entscheidungen werden entweder unter Risiko oder unter Unsicherheit getroffen und können deshalb auch schiefgehen. Eine „0-Fehler-Kultur“ ist bei komplizierten Herausforderungen ein Ziel, bei komplexen Herausforderungen jedoch eine Überforderung, die Angst macht.

Komplexität kann auch nicht reduziert werden, denn sie haftet Situationen an. Niklas Luhmann stellte fest, dass Vertrauen hilft, mit Unsicherheit und Komplexität besser und gelassener umzugehen. Gerade in VUCA-Situationen, in denen sich alles bewegt und es scheinbar keine Konstanten gibt, ist Vertrauen wichtig. Vertrauen in die Unternehmensleitung kann nicht durch einen schriftlich verfassten Wertekanon erreicht werden. Vertrauen wird nur erreicht, wenn Führungskräfte Werte vorleben. Es ist wie bei der Kindererziehung: Erziehen heißt vorleben, alles andere ist höchstens Dressur.

Führungskräfte sollten sich auch nicht auf überholte Bilder vom Mitarbeiter verlassen, sondern akzeptieren, dass heute gut ausgebildete Mitarbeiter selbstbewusst eigene Interessen verfolgen, aber nicht immer artikulieren. Sie gehen mit Unternehmen eine Koalition auf Zeit ein. Kommt es nicht zu einem Interessenausgleich verlassen sie das Unternehmen oder ziehen sich in eine freizeitorientierte Schonhaltung zurück, was noch mehr Kosten verursacht. Deshalb müssen Führungskräfte lernen strategisch zu handeln und indirekte oder längerfristige Einflussgrößen und Wirkungen zu berücksichtigen. Gerade im Talentmanagement ist das von Bedeutung. Wer erfolgreich delegieren will, auch um selbst mehr Zeit für strategische Aufgaben zu haben, muss erst in Kompetenzen und Fähigkeiten bei Mitarbeitern investieren. Das nennt man einen produktiven Umweg. Führung ist ein produktiver Umweg. Dafür braucht man Mut und Gelassenheit. Wenn Führungskräfte strategiefrei führen, entsteht meistens operative Hektik. Hohe Kommunikationskompetenz kann Strategiefreiheit nur kurzfristig vernebeln.

Mitarbeiter sollten akzeptieren, dass Liquidität, Ertrag und Ertragspotenziale (Erträge von morgen) in jedem Unternehmen erreicht werden müssen. Sie müssen lernen, dass Veränderungen heute das Arbeitsleben bestimmen, sie nicht mehr passive Arbeit-Nehmer sind, sondern Veränderungen aktiv mitgestalten und Verantwortung für ihr Arbeitsleben übernehmen müssen. In Nicht-VUCA-Welten gab es einen Satz, der oft zu hören war: „Sie sind zum Arbeiten hier, nicht zum Denken.“ Das bringt den Kulturwandel auf den Punkt. Kann ein Informationsseminar dafür die Akzeptanz schaffen? Wohl kaum. Unternehmerisches Denken und Handeln wird durch VUCA-orientiertes Führen erlebt.

Autor: Dr. Wolfgang Schröder

Experte für V.U.C.A.

Dr. Wolfgang Schröder, Diplom-Kaufmann

Berater, Trainer, Coach, Dr. Wolfgang Schröder Personal-Systeme

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