Kompetenzboard - Vorstandsvertrag
Prof. (Asoc.) Dr. jur. Jutta Glock, Partnerin
Anwaltskanzlei Glock & Professionals
10707 Berlin
Welche formellen Richtlinien müssen bei der Gestaltung eines Vorstandvertrages beachtet werden?
"Gesellschaft und Vorstandsmitglied wollen ihre jeweiligen Interessen bestmöglich bei der Gestaltung des Vorstandsvertrags verwirklichen. Diejenige Partei mit der stärkeren Verhandlungsposition wird sich durchsetzen. Formal kann dies allerdings nur im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen (z.B. Aktienrecht) und gesellschaftsinternen Regelungen (z.B. Satzung) geschehen.
Zum Zwecke der Rechtssicherheit gilt es bei der Gestaltung des Vorstandsvertrags daher insbesondere darauf zu achten, dass der schriftliche Vorstandsvertrag unter anderem Regelungen zu den folgenden Bereichen enthält:
- Vorstandsaufgabe
- Vertragsdauer
- Vergütung
- Beendigung des Vertragsverhältnisses
- Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Todesfalle
- evtl. Regelung im Falle eines Change-in-Control
- Versicherungen
- Dienstwagen
- Wettbewerbsverbot
Sowohl die Bestellung als auch die Anstellung des Vorstandsmitglieds erfordern ausdrückliche Aufsichtsratsbeschlüsse. Das gilt ebenso für die Verlängerung von Vorstandsvertrag und Amt. Bei der Gestaltung des Vorstandsvertrags ist im Übrigen § 84 AktG zu beachten. Danach darf der Aufsichtsrat Vorstandsmitglieder höchstens für 5 Jahre bestellen. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für 5 Jahre, ist aufgrund eines Aufsichtsratsbeschlusses zulässig. Dieser Aufsichtsratsbeschluss darf frühestens ein Jahr vor Ablauf der Amtszeit gefasst werden.
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Wer haftet für die Rechtsfolgen eines fehlerhaften Vorstandsvertrages?
"Wurden Vorstandsmitglied und Gesellschaft bei der Gestaltung des Vorstandsvertrags beraten, haften die Berater gegenüber ihren Vertragspartnern für die eingetretenen Schäden im Rahmen der Gesetze und der vertraglichen Regelungen der Beraterverträge. Die Haftung kann in den Beratungsverträgen der Höhe nach beschränkt sein.
Bei der Abwicklung eines fehlerhaften Vorstandsvertrags sind Amt und Vertrag getrennt zu betrachten. Ein fehlerhafter Vorstandsvertrag berührt daher nicht das Vorstandsamt. Es kann also gleichzeitig ein unwirksamer schriftlicher Vorstandsvertrag und eine wirksame Bestellung vorliegen.
Ist der fehlerhafte Vorstandsvertrag noch nicht in Vollzug gesetzt worden, können sich Vorstandsmitglied und Gesellschaft auf die Fehlerhaftigkeit berufen. Eine Zusammenarbeit auf Basis dieses Vorstandsvertrags kommt dann nicht mehr in Frage.
Ist das Dienstverhältnis bereits vollzogen, wird das Vertragsverhältnis für die Vergangenheit als wirksam betrachtet. Für die Zukunft können sich die Parteien durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag voneinander trennen.
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Unter welchen Bedingungen sind Vorstandverträge vorzeitig lösbar?
"Vorstandsverträge werden in der Regel für die Dauer der Bestellung abgeschlossen. Nicht abdingbar und bei Vorliegen der Voraussetzungen daher immer möglich, ist die fristlose, außerordentliche Kündigung des Vorstandsvertrags nach § 626 BGB. Die außerordentliche Kündigung ist wirksam, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, die Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen (§ 626 Abs. 2 BGB) beachtet wurde und die Abwägung der Interessen zugunsten des Kündigenden ausfällt. Ein wichtiger Grund aus Sicht der Gesellschaft kann z.B. bei Geheimnisverrat, bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot oder bei Straftaten im Rahmen der Vorstandstätigkeit vorliegen. Für das Vorstandsmitglied kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des Vorstandvertrags gegeben sein, wenn seine Bestellung ohne wichtigen Grund widerrufen oder eine vertraglich vereinbarte D&O-Versicherung nicht abgeschlossen wurde.
Soweit vertraglich vereinbart, ist auch eine ordentliche, also fristgemäße Kündigung des Vorstandsvertrags möglich. In der Praxis werden individuelle Kündigungsfristen, die üblicherweise zwischen sechs und zwölf Monaten liegen.
Zur Rechtssicherheit und Beweiserleichterung der Vertragsparteien sollte der Vertrag vorsehen, dass die Kündigung des Vorstandsvertrags nur schriftlich gegenüber dem anderen Vertragspartner erfolgen kann.
Die Schicksale von Vorstandsvertrag und Amt können auch vertraglich aneinander gekoppelt werden (sog. Koppelungsklausel). In diesem Falle könnte das Vertragsverhältnis mit wirksamer Niederlegung des Amts durch das Vorstandsmitglied oder durch Abberufung durch den Aufsichtsrat nach Ablauf einer Auslauffrist enden, die der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist entspricht. Eine sofortige Beendigung des Vorstandsvertrags im Zeitpunkt der Abberufung oder Niederlegung kann hingegen nicht wirksam vereinbart werden.
Schließlich ist auch eine sog. Change-in-Control-Klausel denkbar. Eine solche Klausel sieht im Falle eines vertraglich näher bestimmten Wechsels in der Kontrolle der Gesellschaft für das Vorstandsmitglied die Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung des Vertrags – meist gegen Zahlung einer Abfindung – vor.
Täuscht ein Vertragspartner den anderen arglistig oder droht ihm widerrechtlich und führt dies zum Abschluss des Vorstandsvertrags (§§ 123f., 142 BGB), kann der Getäuschte oder Bedrohte den Vorstandsvertrag anfechten. Weitere Anfechtungsrechte sehen die §§ 119 und 120 BGB vor. Mit wirksamer, fristgemäßer Anfechtung ist der Vorstandsvertrag rückwirkend unwirksam.
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Peter Groll
Arbeitsrechtskanzlei Groll & Partner
60311 Frankfurt am Main
Welche formellen Richtlinien müssen bei der Gestaltung eines Vorstandvertrages beachtet werden?
"Auch bei Vorstandsverträgen gilt natürlich die Regel, dass der Vertrag schon aus Beweisgründen in schriftlicher Form vorliegen sollte. Zuständig für die Anstellung von Vorstandmitgliedern ist der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft, er kann diese Zuständigkeit aber auch auf einen Ausschuss übertragen. Auch hier sollte sich das Vorstandsmitglied die einschlägigen Beschlüsse nachweisen lassen. Dies gilt auch für alle nachfolgenden Änderungen des Vorstandsvertrages. Generell kann ein Vorstandsmitglied nur für maximal fünf Jahre bestellt werden. Bei einer Bestellung für weniger als fünf Jahre kann eine automatische Verlängerung des Vertrags ohne erneuten Aufsichtsratsbeschluss vorgesehen werden. Ansonsten ist eine weitere Bestellung wiederum für höchstens fünf Jahre frühestens ein Jahr vor Ablauf des bisherigen Vertrags möglich. "
Wer haftet für die Rechtsfolgen eines fehlerhaften Vorstandsvertrages?
"Hier muss man unterscheiden. Ein Vorstandsvertrag ist vor allem dann formell fehlerhaft, wenn es keine entsprechenden Beschlüsse des Aufsichtsrats zur Bestellung des Vorstandsmitglieds gibt. Für den Vorstand stellt sich dann die Frage, was mit seinem Vertragsverhältnis geschieht. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass das fehlerhafte Vertragsverhältnis für die Vergangenheit nicht rückabgewickelt wird. Der Vorstand darf seine Bezüge also behalten. Der Aufsichtsrat kann die entsprechenden Beschlüsse nachholen, er kann den Vertrag aber auch beenden. Auch nach außen bleiben die Handlungen des Vorstands gegenüber den Geschäftspartnern gültig, selbst wenn sein Vertag fehlerhaft war.
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Unter welchen Bedingungen sind Vorstandverträge vorzeitig lösbar?
"Vorstandsverträge sind nicht ohne weiteres vorzeitig lösbar. Befristete Verträge laufen grundsätzlich bis zum Ablauf der Befristung. Möchte die Gesellschaft den Vorstand vorzeitig abberufen, benötigt sie dafür einen wichtigen Grund, also ein schwere Pflichtverletzung. Es stellt sich dann die spannende Frage, ob der Widerruf der Bestellung auch zur ordentlichen Kündigung des Vorstandsvertrags führt. Als härteste Maßnahmen kommt eine fristlose Kündigung des Vorstandsvertrags in Betracht, auch hier bedarf es einer schwerwiegenden Pflichtverletzung, etwa strafbarer Handlungen oder verbotene Konkurrenz. Im Übrigen ist es natürlich jederzeit möglich, dass der Vorstandsvertrag einvernehmlich durch einen Aufhebungsvertrag aufgelöst wird. Hier bereitet der Deutsche Corporate Governance Kodex besondere Probleme. So ist die Kapitalisierung der Restlaufzeit an Höchstgrenzen gebunden. Diese zu Überwinden bedarf schon besonderer Künste. Die gesetzlichen Grundlagen der Corporate Governance liegen im Aktiengesetz (AktG). Bedeutende gesetzliche Initiativen mit Bezug zur Corporate Governance sind bspw. das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG, 1998), das Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zur Transparenz und Publizität (TransPuG, 2002), das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG, 2004) und das Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz (VorstOG, 2005)."